Start / Ausgaben / BioPress 77 - Oktober 2013 / Regionales Bio bei Edeka Minden

Regionales Bio bei Edeka Minden

NRW rief Projekt in Ostwestfalen-Lippe ins Leben

Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat 2012 in Ostwestfalen-Lippe ein Projekt zur Regionalvermarktung von Bio-Lebensmitteln gestartet. Abnehmer ist die Edeka Minden-Hannover. Projektleiter Markus Rippin vom Beratungsunternehmen Agro milagro Research koordiniert die mehr als 100 Partner.
 

Die Landesregierung hat in der rot-grünen Koalitionsvereinbarung den Ausbau des Öko-Landbaus festgehalten, wie Christine Schenkel vom Referat Öko-Landbau des Agrarministeriums in Düsseldorf ausführte.

Nach einer Studie des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe ist die Nachfrage nach regionalen Bio-Produkten größer als das Angebot. Um dem Bedarf gerecht zu werden, müssten 36.000 Hektar umgestellt werden.

„Die Verbraucher möchten Bio-Lebensmittel aus der Region kaufen. Aktuell haben wir einen hohen Importanteil. Der Bedarf soll stärker aus heimischer Erzeugung gedeckt werden“, sagte Christine Schenkel vom NRW-Agrarministerium.

Agro milagro hat das Bio-Angebot in OWL erfasst. „Es gibt vieles: Obst, Gemüse, Milch, Fleisch, Trockenprodukte, Con­venience und Getränke“, zählt Geschäftsführer Markus Rippin auf. Mehr als 75 Bauern haben sich dem Projekt angeschlossen.

Einer der großen ist Klaus Engemann vom gleichnamigen Biolandhof mit 75 Mitarbeitern. Engemann will die Bio-Lebensmittel aus OWL in den Naturkostfachhandel tragen. Seine Argumente lauten: „Der Fachhandel hat die Kernkompetenz Bio, bietet kompetente Beratung und hat die Möglichkeit regionale Spezialitäten zu vermarkten.“

Projektleiter Rippin hat beim Handel das Interesse an den regionalen Bio-Produkten abgefragt. Der Naturkosthandel schien der ideale Partner zu sein. Der wollte aber mehrheitlich nicht ins OWL-Boot.

Regionale Logistik aufgebaut

Bei Andreas Berg, Einkaufsleiter für O+G bei der Edeka Minden-Hannover, fand Rippin offene Türen und Ohren. Berg ist selbst ein Sohn Ostwestfalens. Der gebürtige Bielefelder hat bei Preuß in Minden jahrelang auch regionales Bio beschafft.

Die Sache schien einfach. Aber es gab keinen Weg für regionale Bio-Produkte in den regionalen Handel. Für die Bio-Banane aus Peru gibt es eine Logistik bis zum Zentrallager nach Minden; nicht aber für Staudensellerie aus Lippe.

 „Wir brauchen einen zentralen Ansprechpartner für Bio aus OWL und können nicht ständig mit 30 Erzeugern in Kontakt stehen“, formulierte Berg von der Edeka Minden die Anforderungen. Doch der Ansprechpartner musste erst gesucht und gefunden werden.

Marktgenossenschaft bündelt Ware

Agro milagro Geschäftsführer Rippin hat die Lieferkette organisiert. Einige der Erzeuger können lagern und aufbereiten. Bei der Marktgenossenschaft der Naturlandbauern in Lippborg wird die Ware gebündelt. Die Marktgenossenschaft ist der Partner für den Einkauf der Edeka.

Die Genossenschaft nimmt die Bestellungen entgegen, kommissioniert und transportiert. Das Unternehmen mit Geschäftsführer Franz Westhues an der Spitze beliefert seit Jahren den LEH hauptsächlich mit Kartoffeln und Karotten und ist der kompetente Partner für das grüne Bio-Sortiment von der Beratung bei der Saatgutauswahl bis zum Transport.

Die Erzeuger liefern in Lippborg an. Dort gibt es Wasch-, Sortier- und Verpackungsanlagen. Die Ware geht von Lippborg zum Edeka-Lager nach Minden. Hier wird Bio aus OWL auf die 107 Märkte in der Region verteilt.

„Die Ware fährt mit der konventionellen Logistik. Die Bündelung bringt Auslastung“, führte Einkäufer Berg aus. Bestehende Strukturen ersetzt das neue System nicht. Erzeuger, die aktuell Märkte von selbstständigen Kaufleuten direkt beliefern, können das weiter tun.

Das Vertriebsgebiet der Edeka Minden erstreckt sich von der holländischen bis zur polnischen Grenze quer durch den Westen, Norden und Osten Deutschlands. Im grünen Sortiment verzeichnet die Edeka in OWL einen Bio-Anteil von acht Prozent, im Durchschnitt sind es sogar zehn Prozent. Die Bundeshauptstadt Berlin kommt auf den Spitzenwert von 14 Prozent.

Mit Bauers Beste hat die Edeka Minden bereits eine Regionalmarke für die Bundesländer. Bio aus OWL wird die Submarke. „Der erste Artikel ist diese Woche Bio-Rhabarber“, gab Andreas Berg bei der Vorstellung des Projekts in Bielefeld-Eckardtsheim bekannt. Aktuell sind 20 Artikel im Sortiment.

Die Edeka nennt ihren Bedarf für die einzelnen Kulturen und die Bioregio-OWL die erwarteten Erntemengen. „Wo es möglich ist, machen wir Austauschartikel während er regionalen Saison und schaffen so Akzeptanz für Bio-Artikel.“, erläutert Berg, der seit 26 Jahren bei der Edeka mit O + G handelt. Dann gibt es zum Beispiel nur Bio-Rhabarber solange die OWL-Saison läuft.

Bei großen Artikeln wie Porree oder Tomaten ist das nicht möglich, weil regional die benötigten Mengen nicht erzeugt werden. Bei Staudensellerie, Zucchini, Fenchel und Rucola funktioniert das durchaus. Die Produkte ersetzen dann Bio-Importe, stärken die heimische Landwirtschaft und sparen Transport-Kilometer.

Faire Preise für regionales Bio

Die Wege vom Feld in den Supermarkt sind kürzer als bei Importen. Für die Verbraucher wird es aber nicht preiswerter. Die Wertschätzung für Regionalität muss ihnen Geld wert sein. „Die Produkte werden definitiv teurer sein als Importe.

In Spanien werden ganz andere Mengen erzeugt,“ gibt Edeka-Gemüse-Einkäufer Christian Badtke zu bedenken. Die heimischen Bio-Erzeuger sollen auch profitieren durch einen fairen Preis.

Der Einstandspreis wird für die Edeka also auch höher sein. Bei regionalem Bio-Gemüse gelten bei der Edeka die üblichen Qualitätsrichtlinien. Kleinkalibrige Äpfel, übergroße Karotten akzeptiert Berg nicht: „Wir wissen, was die Kunden im Regal liegen lassen.“

Eine 100prozentige Vermarktung der Ernte als Tafelobst oder -Gemüse wird es nicht geben. Damit fällt Verarbeitungsware an. „Convenience und Fertigprodukte sind ein Zukunftstrend“, betonte Rippin.

Die Hochschule Ostwestfalen-Lippe entwickelte einen Brotaufstrich aus Zutaten wie Karotten, Sellerie, Zwiebeln, Grünkern und Rapsöl. Das Produkt bietet mehrere Verwendungsmöglichkeiten, wie Professor Claudia Jonas ausführte. Der Aufstrich kann auch als Füllung für Teigtaschen oder als Grundlage für Nudelsoßen oder Gemüsesuppen dienen.

Zunächst wird nur Obst und Gemüse geliefert. „Die anderen Produkte benötigen eine längere Planung“, erläuterte Irene Lippert vom Bioland-Landesverband Nordrhein-Westfalen. Milch und Fleisch brauchen eine eigene Logistik. Diese muss erst aufgebaut werden in der Zukunft. So können in den nächsten Jahren weitere Kapitel über Bio-Lebensmittel aus der Region geschrieben werden.    

Anton Großkinsky

 

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