Stadt-Gärten ernähren und bilden
Urban Gardening ist ein neues Phänomen in Deutschland
Tomaten, Kürbisse und Zucchini zwischen Hochhausschluchten mitten in der Großstadt. Immer häufiger begegnet uns das Phänomen Urban Gardening in deutschen Städten. Die Lebensmittelwirtschaft, Informationsplattform der Lebensmittelbranche, hat sich in Berlin, gemeinsam mit einer Runde von Journalisten, einen Tag lang mit dem Thema auseinandergesetzt.
„Urbane Gärten sind Orte der Begegnung, des Lernens und des Genusses. Hier finden unterschiedlichste Menschen Zugang zu Nahrungsmitteln – und häufig auch zueinander. So ermöglichen Obst- und Gemüseanbau das Miteinander vor Ort und einen kundigen, bewussten Umgang mit Lebensmitteln “, sagt Stephan Becker-Sonnenschein, Geschäftsführer von Die Lebensmittelwirtschaft.
In einem halbtägigen Programm wurde das urbane Gärtnern aus verschiedensten Perspektiven beleuchtet. Am Beispiel des Projektes Helle Oase in Berlin-Hellersdorf wurde das integrative Potenzial urbaner Gärten sichtbar. Insbesondere in Bezirken, in denen Armut und Bildungsferne keine Ausnahme sind, entfalten die offenen Gärten soziale Bindungskraft und wirken als Bildungsstätten.
Die Initiatoren der Hellen Oase machten deutlich, dass gerade Kinder und Jugendliche vom unmittelbaren Umgang mit Nahrungsmitteln profitieren. Saat, Zucht und Ernte von Obst und Gemüse tragen zur Mündigkeit als Verbraucher und dem verantwortungsbewussten Umgang mit Essen bei.
In der Tempelhofer Malzfabrik entwarfen Vertreter der Firma Efficient City Farming (ECF) die Perspektive profitabler urbaner Landwirtschaft. Ein vom Leibniz-Institut entwickeltes, nachhaltiges Aquaponik-System, ermöglicht einen geschlossenen Kreislauf zur Fisch- und Gemüsezucht in Stadträumen. Diese Anbaumethoden verkürzen perspektivisch die Liefer- und Kühlketten für den städtischen Lebensmittelbedarf.
Experteninputs durch den Deutschen Bauernverband, das Leibniz Institut für Agrarlandschaftsforschung und das Berliner Architektenbüro bbzl betonten das hohe Nachhaltigkeits- und Innovationspotential, aber auch die Grenzen des urbanen Landwirtschaftens. Dabei wurde deutlich: Urban Gardening ist meist ein Übergangsphänomen, dessen Dauerhaftigkeit nur mithilfe von Politik und Verwaltung sichergestellt werden kann. Es funktioniert dann am besten, wenn Anwohner, Politik und Verwaltung sowie Bildungsstätten an einem Strang ziehen. Dies ist in deutschen Städten zunehmend der Fall. Dennoch besteht anhaltender Druck auf begrünte, urbane Freiflächen, die mittelfristig in der Regel Investitionsprojekten weichen müssen.
Wichtig ist das urbane Landwirtschaften insbesondere in Schwellenländern. In den dortigen Mega-Cities trägt urbanes Gärtnern in vielen Fällen einen signifikanten Teil zur Nahrungsmittelversorgung bei. Dennoch ist die klassische, professionelle Landwirtschaft für eine verlässliche Versorgung der Städte langfristig weiter notwendig.