Start / Ausgaben / BioPress 71 - Mai 2012 / Indien - ein Land der Kontraste

Indien - ein Land der Kontraste

Mit acht Klimazonen gedeihen in Indien zahlreiche Nahrungs-, Heil- und Nutzpflanzen hervorragend. Kein Wunder, dass die meisten Menschen ihren Lebensunterhalt mit der Landwirtschaft bestreiten. Die vorherrschenden traditionellen Methoden stellen dabei eine gute Basis für den Umstieg auf Öko-Landbau dar. Ob Kleinbauernfamilien mit ein bis zwei Hektar Land oder Lohnarbeiter einer Plantage, können die Menschen dadurch auf ein höheres Einkommen und feste Arbeitsplätze hoffen. Schon jetzt sind das mehr als 700.000 Bauern.

Laut APEDA, der staatlichen indischen Exportgesellschaft, liegt Indien mit rund 780.000 Hektar bio-zertifizierter Fläche (2010/11) weltweit gesehen auf Platz 11. Wird Wildsammlung berücksichtigt, die auf einem Großteil der Waldfläche betrieben wird, sind es 4,43 Millionen Hektar und Platz 7. Um den ökologischen Landbau weiter zu fördern, wurde im Jahr 2001 das National Programme for Organic Production (NPOP) ins Leben gerufen.

Es gibt eine Norm für Bio-Produkte und Kontrollstellen, ein eigenes Bio-Siegel sowie neuerdings ein modernes Rückverfolgbarkeitssystem. Und zur Weiterentwicklung der Vermarktung haben das indische Handelsministerium, einige Bio-Unternehmen und eine Delegation der US-amerikanischen Organic Trade Association zusammen die Organic Trade Association of India gegründet. Die ICCOA (International Competence Centre for Organic Agriculture) bezifferte den Exportumsatz für 2010 mit rund 120 Millionen US-Dollar bei weiterhin deutlichen Wachstumsraten.

Marktrelevanz haben vor allem Basmatireis, Hülsenfrüchte, Honig, Tee, Kaffee und Gewürze. Mit 80 Prozent Marktanteil ist Indien außerdem der weltgrößte Lieferant von Bio-Baumwolle, und auch die Entwicklung im Kosmetiksektor schreitet rasch voran. Insgesamt sind es 86 Produktgruppen, die vor allem nach Europa, USA, Australien und Kanada exportiert werden. Den Handel mit Europa erleichtert die Tatsache, dass die Öko-Richtlinien Indiens als gleichwertig zur EU-Öko-Gesetzgebung anerkannt sind.

Zugleich wächst auch die Binnennachfrage, vor allem in den großen Städten. Die ICCOA spricht von rund 2.000 Verkaufsstellen in Supermärkten und Bio- oder Gesundheitsgeschäften. Dazu gehören  Navdanya, Morarka oder die Einzelhandelskette 24 Letter Mantra mit einer breiten Palette von Mehl und Reis über Milchprodukte, Obst und Gemüse bis zu Fertiggerichten. Online-Shops und Wochenmärkte ergänzen das Angebot.

Trotzdem ist Indien immer noch auch ein Land der Gegensätze. Unter den 1,2 Milliarden Einwohnern herrscht verbreitet große Armut, vor allem im Norden mit dem dort weiter herrschenden Kasten-Denken. Es gilt, ein mangelhaftes Wassermanagement, Umweltzerstörung und die Lebensmittelvernichtung durch fehlende Infrastruktur zu beenden. Auch muss die oft rudimentäre Schulbildung der Menschen, die meist nur ihren Dialekt sprechen, verbessert werden. Sonst werden sie womöglich doch mehr den Versprechen der Pestizid-Konzerne vertrauen oder staatliche subventionierte GVO-Baumwollsaat kaufen.

Bettina Pabel

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