Start / Ausgaben / BioPress 65 - November 2010 / Feinkost durch Bio geadelt

Feinkost durch Bio geadelt

Dank der wachsenden Sortiments­tiefe und Breite kann der Kaufmann mit Bio-Feinkost überzeugte Öko-Käufer ebenso wie Qualität- und Gelegenheitskäufer für sich gewinnen. Vor allem die so genannten LOHAS dürften sich erreichen lassen. Also Menschen mit hohem Bildungsniveau, die großen Wert auf Ehrlichkeit, Nachhaltigkeit, Genuss und Transparenz legen.

Die Meinungen darüber, was alles zu Feinkost zählt, driften auseinander. Früher konnte sich der Kaufmann bei der Sortimentsgestaltung auf den Verband der Hersteller kulinarischer Lebensmittel (ehemals Feinkostverband) berufen und danach vor allem Senf, Mayonnaise oder Essig in diese Warengruppe einordnen. Außerdem natürlich die Feinkostsalate, die schon im Namen auf die besondere Qualität und das nötige sensible Handling hinweisen. Vor allem aus Verbrauchersicht wird der Begriff heute jedoch eher allgemein mit Delikatessen gleichgesetzt. Solche „kulinarischen“ Feinkostprodukte erstrecken sich insofern durch alle Sortimentsbereiche, von den Speisewürzen, Ölen und mediterranen Antipasti bis zu regionalen, geschützten Spezialitäten, Edelkonfitüren und Getränken. Nichts, was es dabei nicht auch mit dem Mehrwert Bio gibt.
Foto: Byodo

Für die Bio-Produkte spricht unter anderem das Know-how der Hersteller, die ohne Zusatzstoffe und dafür mit ausgesuchten Rohstoffen reine, hochwertige Produkte herstellen. Nach dem Motto „Manufaktur statt Masse“, nehmen sie sich seit jeher Zeit dafür. Verändert hat sich aber das Äußere. Entsprechend der modernen Verbrauchererwartung präsentieren sich die Produkte in der Regel deutlich edler als früher, oder aber die Verpackungen zeichnen sich durch liebevolle Originalität aus. Der Bezug von Bio-Feinkostartikeln stellt kein Problem mehr dar. Eine breite Auswahl findet der Kaufmann zum Beispiel im Sortiment des LEHGroßhändlers bioVLog und beim Fach-Großhandel. Alternativ können gerade entdeckungsfreudige selbstständige Händler natürlich auch selber auf die zahlreichen kleinen Bio-Manufakturen zugehen.

Vom gesunden Apéritif bis zur Salatkrönung

Essig ist ein gutes Beispiel für die Kreativität der Hersteller, die sich auch nicht scheuen müssen, ihre Produktionsweise auf dem Etikett zu beschreiben. Die Basis bildet dabei ein hoher Anteil an Traubenmost aus unversehrten Früchten, den sie einer zeitaufwändigen traditionellen Gärung unterziehen. Anders als in der konventionellen Branche, ist der Konservierungsstoff Sulfit im Bio-Bereich tabu.

Die Auswahl wächst von Saison zu Saison und reicht von Apfelessig mit oder ohne Aromatisierung bis zu edlem jahrelang gereiftem Aceto Balsamico di Modena und anderen milden, duftenden Balsamessigen. Wer es ausgefallen mag, wird auch bei Le Sauzet, einem kleinen Betrieb aus Frankreich, fündig: Rotweinessig mit Himbeer-Geschmack, Weißweinessig mit Basilikum oder mit Walnuss…
Foto: Pölzer

Pölzer aus Österreich bietet zum Beispiel eine breite Palette an Apfelessigen aus alten heimischen Apfelsorten an. Zu den noch weiter verfeinerten Sorten gehören unter anderem Granatapfel- und der im Alpenland beliebte Estragon-Essig sowie im Holzfass gereifte, dickflüssige Balsamessige.

Auch bei vielen anderen Anbietern wie La Selva, Bio Gourmet, der Bio-Zentrale oder Byodo gehören Balsamico-Varianten zum Standard-Lieferangebot. Letztere haben ihre große Produktpalette kürzlich mit einem Sherry Balsamico mit Sherry aus andalusischen Trauben erweitert und damit eine der letzten Marktlücke geschlossen.

Gourmetsenf gehört ins Glas

Zu Essig passt Senf, ist er doch ein wichtiger Bestandteil der beliebten Würzpaste aus Senfsamen. Auch hier zeigt sich die Bio-Branche erfinderisch. So gibt es neben Senf verschiedener Schärfegrade von feurigem Dijon- bis zu süßem Senf diverse Senfzubereitungen.

Nach Gewürzsenf entdecken derzeit immer mehr Menschen die Liebe zu Sorten, die mit Obst fruchtig verfeinert sind. Mit Bio-Varianten wie Sanddorn-, Limonen- oder Feigensenf kann der Kaufmann diesem Trend entgegen kommen. Süß-scharfen Gaumenkitzel versprechen wiederum die originellen Sorten vom Lukashof in der Steiermark, etwa Quitten-Ingwer, Chutney, oder Wildzwetschgen-Chili Senf. Die Edelsorten bieten sich nicht nur zu Gegrilltem an, sondern auch als raffinierter Dipp zu Fondue, als Clou im Salat.

Für die harmonisch abgestimmten Bio-Produkte spricht zum einen der Verzicht auf Zusatzstoffe wie Aromen oder die ansonsten gängigen Süßstoffe und künstlichen Säuerungsmittel. Zum anderen kommt der Nachhaltigkeitsgedanke zum Tragen. Die meisten Senf-Manufakturen setzen zum Beispiel deutsche Senfsaat ein. Dadurch bleibt die Wertschöpfung im Lande, lange Transporte werden vermieden und die Gefahr gentechnisch veränderter Saat geht gegen Null.
Fotos: Belt´s

Zu den Marktführern im Bio-Markt zählen die beiden Bio-Pioniere Byodo und Zwergenwiese. Regelmäßig ergänzen sie ihre schon jetzt große Range um neue Sorten. Byodo etwa, hat passend zur Sommersaison einen Grill & Fondue-Senf mit Gemüsepaprika herausgebracht.

Nicht minder interessant sind die neun Sorten der Remstaler Senfmanufaktur, die prinzipiell aus frisch vermahlenen Senfkörnern hergestellt werden. Abgefüllt werden sie in auffällige Sechseck-Gläser. Der Hersteller wählt alle Zutaten mit Bedacht aus, sei es Hohenloher Gelbsenfsaat, Braunsenf aus einem Selbsthilfeprojekt in der Vojvodina, handgeschöpftes bretonisches Meersalz, Kräuter aus Mainfranken oder Fairtrade-Rohrzucker aus Paraguay. Der Grüne Urwaldpfeffersenf gehört dabei zweifellos zu den Highlights im Programm. Hier stammt der Bio-Pfeffer aus dem Südindischen Lake Periyar Nationalpark, wo er eine wichtige Einnahmequelle für die Ureinwohner herstellt. Sein Pendant findet sich übrigens im Gourmetangebot der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, die den Handel insgesamt mit acht Sorten Echt Hällischer Senf versorgen.

Mayonnaise und Remoulade enthalten ebenfalls Essig und/oder Senf. Beide sind fester Bestandteil der klassischen deutschen Küche und eignen sich in guter Qualität hervorragend, um neben Salat etwa Räucherlachs, Tafelspitz oder Roastbeef zu verfeinern. Wieder offenbaren sich die Bio-Vorteile im Zutatenverzeichnis. Billiges Trockeneipulver von Hennen aus Massentierhaltung, modifizierte Stärke, Aromastoffe und Co. sind hier nicht zu finden.

Bio-Gourmet, Bionor, Bitamo, Bio-Gourmet, Byodo, Bio-Fit bzw. Marschland Naturkost… die Liste an Anbietern ist lang. Trotz der teureren Zutaten versuchen die meisten von ihnen, sich preislich nicht zu sehr von konventionellen Mar­kenprodukten abzuheben.

Einen Aufschlag von maximal 20 Prozent peilt etwa Vitam bei ihrer Marke Bitamo an. Allerdings zeichnen sich ihre im Schraubdeckelglas abgefüllten Produkte dadurch aus, dass sie frei von Ei und Gluten sind. Für die steigende Anzahl von Allergikern, Vegetariern und cholesterinbewussten Menschen stellt das einen wichtigen Kaufgrund dar.

Fündig werden im Bio-Bereich auch jene, die nach fettreduzierten Varianten suchen. Hörrlein oder Byodo gehören zu den Anbietern, wobei erstere mit drei Sorten Meerrettich außerdem Freunde des Scharfen auf ihre Kosten kommen lassen.

Die meisten der genannten Anbieter haben auch fertige Dressings, Salatcremes und Saucen im Angebot. Die Auswahlmöglichkeit unterscheidet sich kaum von den konventionellen Produkten. Jede Menge Abwechslung bieten neben dem klassischen Joghurt-Dressing und der Cocktail-Sauce unter anderem Senfdressing von Bionor oder Baltic Dressing, Curry Sauce, sowie ab der nächsten Saison ein American Dressing von Vitam.

Mit gleich drei Neuheiten in der 300 Milliliter-Glasflasche versorgt Hörrlein seine Kunden:
„Alexanders“ mit Gewürzen aus Griechenland und bayerischem Jogurt sowie zwei farbintensiven Himbeer-Dressings mit Himbeerdicksaft und Himbeer-Balsamico.

Aufstriche, Pasteten, Cremes, lassen sich bei entsprechender inhaltlicher Qualität gleichfalls zu Feinkost rechnen. Dabei sind viele Bioprodukte rein pflanzlich und wie die Dressings und Co. frei von Geschmacksverstärkern. Neugierig machen hier beispielsweise Auberginen- und Bärlauchcreme aus der Bionor Culinessa-Linie, die regionale Paprika-Spezialität Ajvar von Belt’s, ungarisches Zakuszka von Tarpa und vieles mehr. Hinzu kommen die zahlreichen pikanten Chutneys und Confits, wie sie etwa La Selva, Cosmoveda oder Sanchon führen.

Im Frischebereich ist die Auswahl deutlich geringer. Ne­ben den Artikeln von Weißenhorner fallen hier zum Beispiel die neuen Kreationen von Chrüterhäx auf: Löwenzahnblütenchutney, Olivenpaste Chilimix, fruchtige Feuerbälle und anderes zeugen von der Kreativität der Schweizer Firmenchefin.

Schimmernde Speiseöle als Blickfang

Mit der beeindruckenden Vielfalt an guten Bio-Speiseölen in passenden eleganten Flaschen lässt sich ein ganzes Regal aufwerten. Besonders sensible oder teure Qualitäten werden dabei vorwiegend in 100 oder 250 Milliliter-Flaschen angeboten. Die Auswahl reicht von Olivenöl D.O.P. extra virgin, wie es beispielsweise Eco United, Bläuel (Sieger beim Olivenölpreis der BioFach), die Olive, Ölmühle Moog oder Lukullus im Angebot haben, bis hin zu Raritäten. Hierzu zählen zum Beispiel Argan-, Hanf-, Kürbiskern- oder Kokosöl.

Eine große Auswahl von Qualitätssamenölen findet man bei den Ölmühlen wie der Ölmühle Zöllner oder Moog, aber auch über die Bio-Zentrale und andere. Mit der Herstellung von Antipasti hat sich ein weiterer wichtiger Absatzmarkt für Bio-Öle aufgetan.

Länderküchen im Trend

Antipasti erfreuen sich nicht nur in der italienischen Küche, sondern auch für spanische Tapas und weitere Mittelmeer-Erlebnisse großer Beliebtheit. Unabhängig davon, ob es sich um Produkte direkt von den Produzenten oder von Weiterverkäufern wie Rinatura, Bio-Gourmet, Bio-Verde, Bio-Zentrale, BAK Kardesler und Mediteraneo Feinkost handelt, lässt sich Herkunft der eingelegten Gemüse bis zum Ursprung zurückverfolgen. Vollreif und unversehrt müssen diese sein, um den ho­hen Ansprüchen der erfahrenden Verarbeiter zu genügen.

Die Betriebe, die meist in den Mittelmeerländern zu finden sind, verwenden vorwiegend Olivenöl. Zur Geschmacksabrundung geben sie dann aromatische Kräuter, Gewürze und unraffiniertes Salz hinzu, je nach Produkt und regionalen Gegebenheiten ergänzt durch Feta, Frischkäse und Mandeln.

Oliven - mit und ohne Füllung, entsteint oder nicht - sind in Deutschland nach wie vor am meisten gefragt. Aber auch getrocknete oder eingelegte Tomaten, Peperoni, Zwiebeln oder Artischockenherzen kaufen die vielen jüngeren Fans gern.

Gerade experimentier­freudige Kunden dürften sich außerdem von Bio-Kapern angesprochen fühlen.

Quasi alles in einem finden diese zum Beispiel mit dem spannenden Cocktail aus grünen und Kalamata Oliven, Knoblauch und eben Kapern von Bläuel. Wer kühlpflichtige Bio-Antipasti sucht, wird vor allem bei der Deutsche See mit ihrer Feinkostmarke Beek fündig.

Zusammen mit Popp und Söbbeke gehört der Marktführer auch zu den wenigen Anbietern von frischen Feinkostsalaten. Gerade bei Sorten wie Geflügel-, Fleisch-, Eier- und Fischsalat kann die Bio-Branche mit unbelasteten Rohstoffen Punkte sammeln. Genauso lassen sich der Tier- und der Umweltschutzaspekt hervorheben, was zum Beispiel bei den Salaten mit Fisch und Meeresfrüchten von der Deutschen See eine entscheidende Rolle spielt.

Garnelensalat mit Fenchel, Pangasiussalat Hellas sowie Geflügelsalat Curry-Kokos sind nur drei Beispiele für die regelmäßigen Neuheiten des Unternehmens.

Fischkonserven endlich auch Bio

Viele Fischliebhaber greifen bevorzugt zu Konserven, so dass sich der Bio-Markt zunehmend auch dafür öffnet. Viele Fische sind noch nicht in biozertifizierter Qualität erhältlich, daher tragen teilweise nur die pflanzlichen Zutaten das Öko-Sternchen.

Den Regalplatz können sich unter anderem Chancerelle aus Frankreich, Fontaine, Bio-Fischmanufaktur oder AS Premium teilen – Auswahl zieht an. AS Premium bietet beispielsweise unter der Marke Fisch-Zauber Heringsfilets in Tomatencreme, Kieler Sprotten in Sonnenblumenöl, Makrelenfilets in Senf-Dill-Creme und anderes an. Unter der Marke Fisch-Vital laufen die Single-Produkte in kleinen Portionseinheiten.

Aktuell nimmt das Unternehmen die lang erhoffte Umgestaltung der Verpackungen in Angriff, da viele Fische jetzt das MSC-Zeichen tragen. Aus nachhaltigem Fang in Spanien stammt auch der Fisch, der in den von demeter Felderzeugnisse vertriebenen Pan do Mar-Produkten verarbeitet wird. Neu herausgekommen sind drei feine Fischpasteten mit Thunfisch, Sardine und Makrele im Glas.

Bettina Pabel

 


 

Feinkost zum Frühstück?

Auch Süßes kann Feinkostcharakter haben. Die Bio-Hersteller haben mit den samtigen fruchtintensiven Aufstrichen schon vor Jahren einen neuen Trend geschaffen. Immer wieder bringen sie dabei neue verlockende Sorten heraus. Zwölf Sorten bietet etwa Vita Bio an, von Rhabarber, Banane über Orange bis zu Feige. Hagebutte gehört zum großen Angebot von Maintal; Pink-Grapefruit, Bitter-Orange, Granatapfel und weitere zum Angebot von Rigoni di Asiago. Die Italiener süßen nur mit eigener Apfelsüße. Dagegen kommen beim Lukashof alte regionale Apfelsorten und für das Rosen-Prosecco-Gelee Rosenblätter aus dem eigenen Garten zum Einsatz. Ebenso wie Tarpa aus Ungarn gehört der Familienbetrieb zu den Herstellern, die ihre Marmeladen traditionell in offenen Kesseln eindicken. Bei Tarpa entstehen auf diese Weise dicht-aromatische Fruchtmuse, wie Zwetschge, Zwetschgenpowidl, Sauerkirsche, Apri­kose und Quitte. Jetzt locken die Ungarn mit einer zusätzlichen Linie mit Walnusssplittern als „limited edition“.


Hersteller beobachten den Markt

„Wir sehen noch erhebliches Potential im Markt, zumal die Verbraucher immer kritischer und anspruchsvoller werden. Im Handel wird das Profilierungselement an Bedeutung gewinnen, mit dem schon einige SEH arbeiten, weil sie von der Entwicklung der Warengruppe überzeugt sind.“ (Masseria San Vicario, Mediterraneo Feinkost).

„Das Angebot an Bio-Feinkost kann durchaus noch ausgebaut werden. Die Verbraucher freuen sich über neue Produkte, probieren sie gerne aus und lieben zunehmend edle Genusserlebnisse. Das Qualitätsbewusstsein in Deutschland steigt in den letzten Jahren wieder leicht an. Bestimmte Zielgruppen zahlen für Qualitätsprodukte auch einen realistischen (höheren) Preis.“ (Cornelie Scherrle, eco united).

„Der Schlüssel zum Erfolg ist die Geschichte hinter den Bio-Produkten. Denn nur die kompetente Beratung des Endverbrauchers mit allen relevanten Informationen gibt ihm das Gefühl das absolut richtige Produkt zum richtigen Preis eingekauft zu haben. Viele Verbraucher gehen zunächst davon aus, dass Fisch aus Wildfang Bio ist, aber eine kontrollierte Aquakultur nach ökologischen Richtlinien, das ist das, was Bio-Fisch und
-Meeresfrüchte auszeichnet.“ (Andreas Lippmann, Deutsche See).

 

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