Start / Ausgaben / BioPress 64 - August 2010 / Regional reicht nicht

Regional reicht nicht

Kommentar von Anton Großkinsky

Nachhaltig will sie sein die Edeka Rhein-Ruhr auf allen Ebenen, ökonomisch und sozial. Deshalb eine neue Marke für Obst und Gemüse aus der Region: Mein Land. Damit kann sich jeder Kunde identifizieren. Und das haben fast alle Lebensmittelhändler als wichtige Kundenansprache entwickelt.

Die Ökologie wird bei diesem Nachhaltigkeits-Versprechen aber vergessen. Sind Boden, Wasser und Luft erst mal ruiniert, sind es auch die familiengeführten Gärtnerbetriebe von Mein Land. Nachhaltig ist nur Bio-Gemüse, weil es Wasser, Boden und Luft schont und ohne chemische Rückstände – auch die „erlaubten“ – auskommt .

Regionalität wird verkündet und massiv vermarktet. Wohlwissend, dass bei zehn bis 15 Prozent des Anteils am Sortiment die Obergrenze erreicht ist. Regionalität suggeriert dem Verbraucher Vertrauen, denn Produkte aus der Region „sind intensiver und haben den vollen Geschmack der Heimat“. Ein Bild aus der Gefühlswelt der Werbung, die Sensorik kennt den Begriff nicht. Massentierhaltung ist nicht auf dem Mond. Die ist daheim in Niedersachsen, in Schleswig Holstein, in Sachsen...

Zum Geschmack der Heimat gibt es bei Mein Land zusätzlich eine „gute Portion innere Werte“. Wenn diese Portion ein höherer Gehalt an Mineralien, Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen ist, braucht es alte, langsamwachsende Sorten ohne Doping durch Kunstdünger. Regional ist gut, aber Bio ist besser. Bio plus regional ist am besten.

Die Eigenschaft „Regional“ war ursprünglich den Bio-Anbieter wichtig. Sie haben Regionalität wieder hoffähig und begehrt gemacht. Nun schlägt die Tatsache zurück, dass die Biobranche nicht auch offensiv den Verzicht auf Chemie propagiert hat wegen der friedlichen Koexistenz.

Die gleiche Sorte Tomaten, auf dem gleichen Substrat, mit dem gleichen synthetischen Dünger und dem gleichen Pflanzenschutzmittel im Gewächshaus zum Schnellwachstum gebracht, kann aus Deutschland, den Niederlanden, Belgien oder Frankreich kommen. Es ist eine Regionalität ohne inneren Wert.

Dabei ist Nachhaltigkeit so einfach für den Handel. Eine fünfstellige Zahl an Bio-Produkten kann er beschaffen. Bio ist als Ganzes nachhaltig, nicht nur in Teilen. Bio schützt Boden, Wasser, Luft, Pflanze, Tier und die Gesundheit der Menschen. Mehr Nachhaltigkeit geht nicht.

Die Bio-Branche kommt nun aber in Not, weil sie selbst in der jüngsten Vergangenheit eine Tellerrand-Kommunikation gefahren hat. Mein Bio ist echter als dein Bio war eine Sackgassen-Strategie. Die vielpropagierte Gemeinsamkeit der ethisch aufrechten Biobranche wurde von zu vielen egoistischen Interessen bestimmt. Die Branche ist dabei, über den Bio-Massenkonsum zu stolpern? Man muss sich jedoch fragen, wollen wir Bio für ALLE?

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