Start / Ausgaben / BioPress 46 - Februar 2006 / Neue Visitenkarte

Neue Visitenkarte

Aus „Bio-Metzger vom Herzberg“ wird „Alsfelder Biofleisch“

Auf der Biofach 2006 wird sich Hephata BioGut unter dem neuen Logo „Alsfelder Biofleisch“ präsentieren. Die Betriebsstätte im nordhessischen Alsfeld dient ob ihrer Bekanntheit künftig als Marke. Gleichzeitig werden im neuen Jahr die  Produkte modernisiert. Geschnittene Wurst wird handelsgerecht und kundenfreundlich unter Schutzatmosphäre verpackt. Hephata – Hessisches Diakonie hat ihren Sitz in Schwalmstadt-Treysa und betreibt seit 100 Jahren christliche Sozialarbeit Wohnheimen und Werkstätten für Behinderte und Suchtkranke. Vier biologisch bewirtschaftete Höfe und eine Bio-Metzgerei werden unter anderem betrieben.

1999 wurde bei Hephata ein neues Kapitel aufgeschlagen. Eine Bio-Erzeugergemeinschaft war in Alsfeld mit einer Markthalle gescheitert. Die Stadt bot die Räume dem diakonischen Träger an. Hephata nahm an, verlegte seine Metzgerei vom Herzberghaus in Breitenbach an den neuen Standort. Der „Bio-Metzger vom Herzberg“ war geboren.
Alsfelder Biofleisch bietet Handel und Großverbrauchern handwerklich hergestellte Produkte aus regionaler Erzeugung.

Der wohlklingende Name stammt aus der Region, erwies sich aber nicht als sonderlich originell, wie Dr. Dirk Richhardt, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit befand. Seine Recherchen ergaben 48 Mal Herzberg in deutschen Landen. Alsfeld am Vogelsberg ist dagegen markant und durchaus bekannt. Im Vertriebsgebiet im Umkreis von 200 Kilometer kennt den Namen jeder.

Fleisch aus eigener Landwirtschaft

„Wir haben schon sehr früh mit ökologischer Landwirtschaft begonnen“, so Dr. Richhardt. Das gehört zum pädagogischen Konzept des seit mehr als 100 Jahren tätigen Diakoniezentrums. Eine Beziehung zum Tier soll eine erzieherische und heilende Wirkung entfalten. Gesundes aus der Region wird in der Region verarbeitet und verkauft. „Unsere Kunden wissen, wo die Tiere herkommen.
Das schafft Vertrauen“, erzählt Betriebsleiterin Lieselotte Haremza vom Trumpf der Regionalität.

Das Hofgut Richerode, ein Mischbetrieb mit Rinder- und Schweinemast, liefert der Metzgerei Rinder und Schweine. Zusätzlich finden zehn Bioland-Bauern aus der Region Absatz in Alsfeld. Die Metzgerei ist somit ein bedeutender Verarbeiter für die Bio-Landwirte Nordhessens. Der Betrieb wächst und gedeiht. Die Steigerungsraten liegen im zweistelligen Bereich. Hephata profitiert vom Wachstum der Bio-Branche und muss bei Absatzspitzen Fleisch dazu kaufen. Lieselotte Haremza schränkt aber ein: „Produktionssteigerung ist nicht primäres Ziel.“ Die Chefin steht einem florierenden Geschäft mit 30 fleißigen Handwerkern vor.

Auch Kartoffel, Zwiebel und Eier werden geliefert

Neben der Komponente Fleisch erzeugen die Betriebe weitere drei Grundnahrungsmittel, nämlich Kartoffel, Zwiebel und Eier. Das ist in Zeiten der Rationalisierung, in der Küchenleiter die Zahl ihrer Lieferanten reduzieren, ein Plus im harten Wettbewerb um die Kochtöpfe. Der Geflügelhöf Leuderode und Richerode liefern die Bio-Eier. Der Absatz ist größer als die eigene Erzeugung. Deshalb werden auch Eier von anderen Landwirten der Region vermarktet.  Das Hofgut Halbersdorf  ebenso wie Hofgut Richerode baut Kartoffeln an, die im eigenen Schälbetrieb verarbeitet und nach den Wünschen der Kunden geviertelt, gewürfelt oder in Scheiben geschnitten werden.

Alsfelder Biofleisch ist auch Partner des Handels. Buch aus Hofheim im Taunus, der sich seit Jahren in seinem qualitätsorientierten Supermarkt mit Bio profiliert, ist einer der Partner. Hauptkunde sind Naturkostgeschäfte im Radius von 200 Kilometer. Hier liegt die Kernkompetenz des Unternehmens. Rund 100 Naturkostläden werden regelmäßig angefahren. Seit kurzem zählt der regionale Naturkostgroßhändler Phönix in Rossbach zu den Kunden. So wird die Distribution in den Fachgeschäften verbessert.

Der Lebensmittelhandel bekommt neben den Hauptprodukten Fleisch und Wurst Kartoffeln in der Tüte, Zwiebeln im Netz und Eier im Sechser Karton. „Der Handel wächst augenblicklich stärker als der Großverbraucher-Bereich“, beschreibt Haremza die Entwicklung. Metzger sind vereinzelt ebenfalls Partner, bleiben aber insgesamt zurückhaltend.

Rohwurst ist die Stärke der Hessen


Schwein, Rind und Lamm und werden verarbeitet. Beim Schwein setzen die Metzger auf die Deutsche Landrasse mit Pietrain gekreuzt. „Wir als Metzger sind damit zufrieden. Der Magerfleischanteil ist gut“, erklärt Produktionsleiter Bernd Vollmann. Nach rund fünf  Monaten Mast mit etwa 90 Kilo Gewicht sind die Schweine schlachtreif. Beim Rind setzt der Betrieb auf Angus und Fleckvieh. Die Tiere werden etwa 20 Monate gemästet. Durch genaue Dokumentation bietet der Betrieb ein lückenloses Rückverfolgungssystem vom Teilstück bis zum einzelnen Tier. Die Metzgerei übernimmt auch die Feinzerlegung. Convenience wie gefüllte Rouladen oder panierte Schnitzel gibt es allerdings nicht. Die Tendenz im Verkauf geht zu Edelteilen. „Innereien sind gar nicht gefragt und Suppenfleisch wenig“, zeigt Haremza den Trend auf. Dagegen holt Lamm auf in der Beliebtheit. Inzwischen sind es immerhin 300 Tiere, die jährlich verkauft werden, auch wenn es in der Menge hinter Schwein mit rund 1.000 Tieren und Großvieh mit 100 Tieren pro Jahr nur auf Platz drei steht. „Der jüngere Kunde geht auf Lamm“, weiß Vollmann.


Die Wurst wird nach eigenen Rezepturen hergestellt. Roh-, Brüh-, Kochwurst und Schinken verlassen die Wurstküche. „Wir liefern ein Vollsortiment“, betont Metzgermeister Vollmann. Dabei dominieren landesübliche Sorten. Besonders nordhessische Ahle Wurst wird geschätzt. Pfefferbeißer, die Mini-Salami, gehören ebenso zu den Hauptprodukten: „Wir sind Rohwurst-Spezialist. Das ist unsere Stärke. Stracke sind die Renner und liegen in Führung“. Es wird traditionell mit Kaltrauch aromatisiert. Wurst hat in Deutschland einen starken regionalen Charakter.

Als Bioland-Verarbeiter müssen die Handwerker auf  Nitritpökelsalz verzichten. Nur mit Kochsalz gibt es keine Umrötung. Die in der herkömmlichen Produktion eingesetzten Zusatzstoffe vermissen sie nicht. Der Verzicht ist nach Auffassung des Bio-Metzgers ein Gewinn für das Produkt.

SB ist einwichtiges Thema

Auch bei Bio-Fleisch und -Wurst wird Selbstbedienung immer wichtiger. Bei Wurst wird vermehrt die geschnittene Variante verlangt. Das erfordert modernes Verpacken unter Schutzatmosphäre, damit die Scheiben nicht zusammenkleben wie beim vakuumieren. „2006 wollen wir die SB-Ware voranbringen“, nennt Haremza den nächsten Schritt. Sie soll neben der Bedienung das zweite Standbein im Handel werden.

2005 war das Jahr der Kundenpflege bei der Bio-Metzgerei. Ein Außendienst wurde geschaffen, der den Handel über Präsentation und Verkauf von Bio-Fleisch berät, denn nach wie vor kommt es bei diesem Produkt auf den Verkäufer an. Es gab Hofbesichtigungen für Verkäufer und Endverbraucher, um den Informationsbedarf zu decken. Bei Grillveranstaltungen wurde der Beweis der Güte von Bio-Fleisch erbracht.

Zur besseren Vermarktung können die Händler Werbeträger bestellen. Rezepte, Faltblätter, Handzettel und Plakate liefern Basis-Information über Bio-Produkte und weiterführende Infos über das Sortiment aus Alsfeld. Mit dem Infobrief „bio-Brise“ wurde ein Newsletter für die Kunden geschaffen. Die Herkunft des Rindfleisches, Rezepte und Informationen über Bio sind Themen. Der Bio-Verbraucher ist ein aufgeklärter Verbraucher.

Anton Großkinsky

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