Bio im Hotel

Bioland sorgt für ökologisches Essen in der Außer-Haus-Verpflegung

Der Anbauverband Bioland bietet den Großküchen eine komplette Beratung für die Umstellung auf biologisches Essen. Konzept, Zertifizierung, Schulung und Beschaffung gibt es aus einer Hand. Die Nachfrage der Gäste in der  Außer-Haus-Verpflegung (AHV) ist da, die Küchenleiter sind durchaus umstellungswillig. Doch der Weg ist steinig, mit Schwierigkeiten gepflastert und ohne externe Beratung kaum zu meistern. Auf dem Bioland-Stand auf der BioFach gibt es ein eigenes Gastroforum, auf dem die Beratungsleistungen des Verbandes dargestellt werden. 


Paul Hofmann, zuständig für die Herstellerbetreuung, hat sich in der Vergangenheit neben anderen Aufgaben dem Thema Umstellung von Großküchen gewidmet. "Da ist ein Zukunftsmarkt mit großen Chancen für die Bio-Branche", erklärt Bäckermeister Hofmann, Autor des Handbuchs über die Bio-Bäckerei. Bedarf ist gegeben, denn die Entwicklung ist erst am Anfang. Der größte Bio-Verband in Deutschland nimmt sich der Aufgabe an und mit Sonja Grundnig wurde im Januar 2008 eigens eine Großverbraucher-Beraterin engagiert. Auf der BioFach wird sie sich der Branche vorstellen. Auf dem Gemeinschaftsstand des Verbandes in Halle acht gibt es ein Gastroforum.

Hofmann sieht eine besondere Kompetenz des Verbandes: "Beratung können sie vielfach bekommen, aber nach Zertifizierung und Schulung stehen die Küchenleiter oft allein da." Bei Bioland nicht. Da gibt es weitere Hilfestellung.

Am Anfang steht das Bio-Konzept

Am Anfang steht die Frage des Konzepts. Voll- oder Teilumstellung sind möglich. Regel ist die Teilumstellung mit einem Bio-Anteil am Wareneinsatz von zehn bis zwanzig Prozent. Hier bieten sich Volumenprodukte wie Kartoffeln, Karotten, Zwiebeln und Blattsalat an. Die Vollumstellung ist die Ausnahme. Die Kosten sind der entscheidende Faktor. "Das muss nicht teurer werden", widerlegt Hofmann ein Vorurteil. Der  Fleischanteil kann von 180 auf 140 Gramm bei einer Portion reduziert und dafür der Gemüse-Anteil erhöht werden, so dass niemand hungrig den Tisch verlässt. Die Ernährungswissenschaft empfiehlt 90 Gramm Fleisch pro Mahlzeit.

Der Küchenleiter eines Krankenhauses hat sogar die Kosten reduziert durch die Umstellung. Er verzichtet auf vorverarbeitete Ware wie geschälte Kartoffeln und verwertet die Rohware komplett. Abfälle gibt es nicht, daraus werden Fonds gekocht. Das Allergie-Problem wird gleich mitgelöst, da nicht darauf geachtet werden muss, was in den Halbfertig-Produkten wie Soßenpulver an allergenen Zutaten eingesetzt wurde. 

Die Zertifizierung und jährliche Kontrolle müssen vorgenommen werden. Bioland arbeitet  mit ABCert mit Sitz in Esslingen zusammen. Die Schulungen organisiert oder übernimmt Bioland ebenfalls. "Der Küchenleiter ist überzeugt von Bio. Bei der Umsetzung ist er aber abhängig von seiner Mannschaft und die wenigsten davon kaufen selbst Bio", weiß Hofmann, weil er immer danach fragt. Der Berater bringt dann Produkte mit: Joghurts von Andechser oder Säfte von Perger können die besondere Bio-Qualität deutlich machen. Dann vermittelt er Grundkenntnisse des Ökolandbaus und der Verarbeitung. "Ich betone, was wir anders machen in der Erzeugung und Verarbeitung und behaupte gar nicht, dass es besser ist", schildert Hofmann seine Methode. Die Küchenprofis merken dann selbst den kleinen Unterschied.

Schwierige  Bio-Beschaffung

Der schwierigste Teil ist die Beschaffung der Bio-Ware. "Da liegt unsere besondere Stärke".  Die Wege sind nicht die gleichen wie in der herkömmlichen Küche. Erste Anlaufstelle sind immer die aktuellen Lieferanten. Teilweise führen sie Bio-Artikel, so dass darauf zurückgegriffen werden kann. Außerdem werden sie einige Monate vorher schriftlich informiert, dass auf biologische Lebensmittel umgestellt wird. Wenn es lukrativ ist, können sie sich darauf einstellen und Bio-Produkte liefern. Doch meist kann auf den traditionellen Wegen nicht alles besorgt werden. Hofmann sucht dann nach lokalen Lieferanten. Bio-Erzeuger, die Gemüse anbauen, eine Hofkäserei betreiben oder Legehennen halten. Der ortsansässige Bio-Bäcker,  der örtliche Bio-Metzger, die heimische Bio-Kelterei und der Bio-Winzer können die Bio-Gastronomie versorgen.

"Wir beschränken uns dabei nicht auf Bioland-Betriebe", erläutert der Berater. Die Ware wird dann gebündelt und möglichst aus einer Hand  geliefert. Es ist weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll, wenn drei Bauern in einer Kantine jeden Tag eine Kiste Ware anliefern.

In der nächsten Stufe geht es in die überregionale Beschaffung. Bio-Metzger sind in der Regel dünn gesät und haben ein großes Liefergebiet. Bei der kurzen Haltbarkeit von Fleisch braucht man einen schnellen Umschlag, der in der eigenen Filiale allein nicht zu machen ist. Bäcker haben es da etwas einfacher. "Mehl können sie lange aufbewahren, und die Backzutaten sind längst nicht so teuer wie Fleisch", so Hofmann. Die Metzgerei Bühler aus Steinhausen in Süd-Württemberg hat Abnehmer im Rheinland. Alsfelder Biofleisch in Nordhessen beliefert das gesamte Bundesland. 

Bei stärker verarbeiteten und regional nicht verfügbaren Produkten ist die Beschaffung beim Hersteller angesagt. Das kann durch den Wegfall einer Handelsstufe Preisvorteile bringen. Bei Volumenprodukten wie Müsli und Marmelade ist das oft sinnvoll.

Bio-Großhändler mit Vorteil

Bei einer Komplett-Umstellung ist ein Naturkost-Großhändler mit Vollsortiment der Lieferant nach Maß. In Süddeutschland haben sich sechs Bio-Großhändler unter der Regie von Epos zu einem Netzwerk zusammengeschlossen, um die Groß­küchen zu versorgen. Einige regionale Naturkost-Großhändler haben in der Vergangenheit ein Großverbraucher-Sortiment aufgebaut. Der Ökoring aus Mammendorf in Bayern hat sich zum Beispiel dieses Geschäftsfeld einschließlich der Beratungsleistungen erschlossen.

Auch über den Getränkefachhandel sind Bio-Produkte zu beziehen. Die Biere des Riedenburger Brauhauses werden von einigen Getränkehändlern vertrieben. Der Bio-Safthersteller Perger hat ein eigene Distribution aufgebaut und beliefert die Gastronomie mit Portionsflaschen. Nordmann ist im Norden der Republik ein Lieferant für die Bio-Gastronomie. Zur Gruppe gehört die Stralsunder Brauerei mit dem alkoholfreien, ungezuckerten Malzgetränk Bios und Bio-Bier. Getränke aus der Flasche sind für die Gastronomie im Vergleich zu Speisen einfach zu handhaben und dürfen ohne Zertifizierung verkauft werden.

Für Frische braucht es eine besondere Logistik. Innstolz transportiert zum Beispiel in Südbayern kühlpflichtige Milchprodukte. Auch zahlreiche Frischdienste haben Bio an Bord. 

Tiefkühlkost ist für Großverbraucher ein wichtige Komponente. Die Tiefkühl-Backwaren von Herstellern wie Bioland-Bäcker Siegfried Schedel müssen zum Kunden. Für die Hotellerie ist das Fertigbacken der TK-Brötchen oft die passende Antwort. Aber auch Gemüse und Fisch werden in Groß­küchen oft tiefgekühlt nachgefragt, da sie küchenfertig sind. Über den Fachgroßhändler Ökofrost aus Berlin gelangt die Ware dann zum Großverbraucher. 

Stille Bio-Premiere in der Kantine  

Der Kunde muss mit Bio-Produkten vertraut gemacht werden, damit  er sie akzeptiert. Klappern gehört hier nicht unbedingt  zum Handwerk. Wird im Vorfeld  Reklame gemacht, kommen oft Vorurteile hoch: "Ich bin doch kein Kaninchen oder Körnerfresser". Hofmann bevorzugt die stumme Einführung: "Einfach anfangen und nichts sagen". Nach einigen Wochen wird eine Befragung über die Qualität des Kantinen-Essens gemacht. Die Gäste äußern sich meist zufrieden. "Dann kann man die Bombe platzen lassen." Anschließend kann getrommelt werden. Bioland hält die entsprechenden Werbemittel parat.

Nachfrage nach Bio-Produkten gibt es auf allen Kanälen der Außer-Haus-Verpflegung. Große Caterer wie Aramark bieten Bio-Komponenten wie Rindfleisch vom Weidehof und Bio-Pfeffer von Ecoland Spices & Herbs aus Schwäbisch Hall an. Die Systemgastronomie wie McDonalds verkauft seit Jahren Bio-Milch. Das Billig-Möbelhaus Ikea hat in seinen SB-Restaurants Voelkel Bio-Säfte im Angebot. Die internationale Cafe-Kette Starbucks führt ebenfalls einen Bio-Kaffee.

Die Bio-Hotels sind ein Zusammenschluss von 54 Häusern in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien, Frankreich und Irland, die Partner von Bioland sind,  die Erholung, Gesundheit, Tagung und Kultur im Programm haben. Die von Bioland empfohlenen Häuser setzen Gastlichkeit zu erschwinglichen Preisen um. In der Sozialgastronomie von Krankenhäusern, Altenheimen, über Mensen bis Schulen gibt es Bedarf an Bio-Gerichten. In der Betriebsgastronomie sind es oft die Kantinen von Vorzeigeunternehmen wie Henkel und Linde, die auf Bio-Qualität setzen.

In den Restaurants versuchen sich mittlerweile Köche mit Bio zu profilieren. Die Sterneköche setzen oft Bio-Produkte ein, lassen sich aber selten zertifizieren. Bio braucht die Spitzenköche nicht, sondern setzt sich in der Gastronomie auch ohne Stern durch.

Anton Großkinsky

[ Artikel drucken ]