Wertform investiert in die Marke
Mount Hagen Bio-Kaffee aus Hamburg soll weitere Verbreitung im Handel finden
Wertform wird 2008 in die Bio-Kaffee-Marke Mount Hagen investieren, wie Geschäftsleiterin Petra Meisehen bekannt gab. Mount Hagen ist im Fachhandel etabliert und zählt dort zu den führenden Marken. Der Kaffee-Röster will seine Präsenz im Handel erhöhen und verstärkt in andere Vertriebsschienen einziehen, um den bewussten Verbraucher zu erreichen. Die Stunde ist günstig für Bio-Lebensmittel. Wertform stellt ein komplettes Kaffee-Sortiment zur Verfügung plus ein Randsortiment mit Getreidekaffee und Trinkschokolade. Neben der Marke Mount Hagen werden Private Labels produziert.
Der Hamburger Hafen ist ein Umschlagplatz für Kaffee. In der Hansestadt ist auch die weltweit operierende Cafea-Gruppe beheimatet. 1.500 Mitarbeiter betreiben Produktionsstätten in mehreren Ländern Europas und in Venezuela auf dem südamerikanischen Kontinent. Von Hamburg aus wird das weltweite Netz gesteuert. Alleininhaber Jan Beernd Rothfos steht an der Spitze des Unternehmens. Die Familie widmet sich bereits seit 1896 dem Kaffeegeschäft.
Am Elbe-Deich im Süden der Hansestadt Hamburg hat Wertform, die Bio-Tochtergesellschaft der Cafea-Gruppe, ihren Sitz. Geschäftsleiterin Petra Meisehen und Verkaufsleiter Karsten Suhr dirigieren das Bio-Geschäft. Seit 1983 wird Bio-Rohware verarbeitet. "Wir wurden in den ersten Jahren von den anderen Abteilungen nicht ganz Ernst genommen. Das ist heute nicht mehr so", erzählt Suhr. Im zweistelligen Millionenbereich liegt der Bio-Umsatz aktuell bei einem Konzernumsatz von mehreren 100 Millionen Euro. Genauere Zahlen nennt das inhabergeführte Unternehmen nicht.
Bio-Kaffee aus Papua-Neuguinea
Der erste Bio-Rohkaffee kam von der Insel Papua-Neuguinea, die nahe bei Australien liegt. Mount Hagen, im Hochland der Insel gelegen, ist mit mehr als 30.000 Einwohnern viertgrößte Stadt des Inselstaates. Dort lief ein demeter Kaffee-Projekt, aus dem inzwischen ein Bio-Anbau wurde. Aufgrund der idealen Bedingungen wächst hochwertiger Kaffee. Doch längst reicht dieser Kaffee nicht mehr aus für Wertform.
Rohware wird mittlerweile weltweit aus den Anbauregionen Südamerikas, Afrikas und Asiens beschafft. So werden zum Beispiel in Peru und Mexiko nach Naturland-Richtlinien angebaute Kaffees veredelt. Gekauft wird im Ursprung bei Exporteuren oder Kooperativen. Teilweise hat Wertform Vertragspartner, deren Ernte vorfinanziert wird. Auf dem Bio-Kaffeemarkt sind Strukturen für eine zuverlässige Planung vorhanden.
Der Paradiesvogel im Hochland von Mount Hagen bildet das Logo der weltweit geschützten Marke, die mittlerweile neben den Private Labels einen nicht unbeträchtlichen Anteil am Gesamtumsatz der Wertform ausmacht. Mount Hagen reicht vom mittleren bis ins Premium-Segment. Der Preiseinstieg wird nicht besetzt. Eine weitere Marke führt Wertform derzeit nicht. Das Budget für Mount Hagen wurde für 2008 erhöht. Breitere Endverbraucher-Werbung ist geplant. Auch Verkostungen werden als Mittel der Kundengewinnung eingesetzt. "Wir können die Geschichte des Produktes erzählen, denn wir kennen die Herkunft", erklärt Geschäftsleiterin Meisehen.
Schonende Langzeitröstung
Wertform verlangt hochwertige Rohware. Nasse Aufbereitung, das heißt gewaschene Bohnen, sind Standard. Das ist aufwändiger als eine trockene Aufbereitung nach Art der Getreidereinigung. Entsprechend schonend wird Langzeit geröstet. Wertvollen Rohkaffee bräunt man nicht in Minutenschnelle bei hoher Hitze. Das führt zu Qualitätsverlust.
Kaffee ist der Deutschen liebstes Getränk. 145 Liter schlukken sie jährlich pro Kopf. Richtige Kaffee-Tanten kommen leicht auf die doppelte Menge. Bei den Bio-Getränken nimmt Kaffee allerdings nicht die dominierende Stellung haben. Säfte dürften dort in der Gunst der Konsumenten vorn liegen, wie die Hanseaten aus den Verkaufszahlen schließen. Im Bio-Bereich ist der Kaffee nach wie vor so etwas wie Luxus.
Hauptprodukt in Deutschland ist Röstkaffee mit einem Marktanteil von 80 Prozent. Instant kommt auf 20 Prozent. Im Vereinigten Königreich sieht das ganz anders aus. Dort wird zu 90 Prozent Instant getrunken, da es dort nie eine Bohnenkaffee-Tradition wie in Deutschland gab. Die Briten haben mit Instant begonnen. Auch in Skandinavien wird gerne löslicher Kaffee genossen. 40 Prozent beträgt der Marktanteil. In den Vereinigten Staaten kommt Instant auf 30 Prozent. Beim löslichen und Fairtrade Bio-Kaffee ist Wertform der größte Anbieter auf dem Markt. Auch einen Bio-Cappuccino hat der Kaffee-Spezialist im Programm. Instant-Kaffee ist im LEH gefragter als im Fachhandel.
Beim Röstkaffee ist auf dem inländischen Markt die 500 Gramm Packung gemahlen der Standard. Die ganze Bohne, die im Einzelhandel fast verschwunden war, erlebt gerade eine Renaissance dank der vielen Espresso-Maschinen, die mittlerweile in Privathaushalten stehen. Italien ist das Espresso Land schlechthin, aber auch hierzulande ist der kleine Schwarze auf dem Marsch nach oben, auch wenn er längst nicht den Marktanteil wie der Standard Röstkaffee hat.
Bio-Pads mit geringer Markt-Bedeutung
Die Pads haben im Bio-Sektor nicht die Bedeutung wie im konventionellen. Da unterscheiden sich die Konsumenten. Auch einen koffeinfreien Bio-Kaffee bietet Wertform seinen Abnehmern. Bei Bio ist ausschließlich die Entkoffeinierung durch Kohlendioxyd zugelassen. Im herkömmlichen Bereich darf das Koffein mit Lösungsmitteln entzogen werden. Hier hat Bio in der Verarbeitung einen Vorteil.
Der Kaffee-Spezialist hat weitere Heißgetränke im Sortiment. So werden Getreidekaffees auf Basis von Gerstenmalz angeboten. Zichorie, Eicheln und Feigen geben zusätzlich Geschmack. Die im konventionellen als Kaffeeersatz apostrophierten Produkte waren vom Markt verschwunden und sind als biologische Produkt wieder zurückgekehrt. Bio hat ihnen eine Eigenständigkeit gegeben und den Makel, nur Ersatz für etwas Besseres zu sein, genommen. Mit dem Dinkelkaffee wurde ein altes Produkt neu aufgelegt. Außerdem wurde eine Trinkschokolade für die Zubereitung mit Milch entwickelt. Die konventionellen Varianten sind meist auf das Auflösen in Wasser ausgelegt. Bio zeigt hier Innovationskraft.
Bio-Kaffee wächst zweistellig wie der Bio-Markt insgesamt. Auch aus dem klassischen Lebensmitteleinzelhandel verstärkt sich die Nachfrage. Bei den Edeka-Großhandlungen Nord, Minden und Südbayern ist Wertform gelistet. Bei dem mittelständischen Lebensmittelfilialisten Bartels-Langness ist der Bio-Röster ebenfalls vertreten.
Der Wellness-Mensch des neuen Jahrhundert genießt Bio-Kaffee und findet Geiz überhaupt nicht geil. Teilweise tut er nicht nur sich selbst Gutes, sondern ist dazu bereit, es auch anderen gut gehen zu lassen. "Die Kombination Bio und Fairtrade legt überproportional zu. Das ist eine ideale Ergänzung", berichtet Meisehen. 70 Prozent des Fairtrade Kaffees besitzt Bio-Qualität, und die Hälfte des Bio-Kaffees, der bei Wertform verarbeitet wird, stammt aus fairem Handel. Die Rohstoffpreise sind seit zwei Jahren auf hohem Niveau stabil. Bio-Kaffee ist sogar knapp geworden. Die USA kaufen ganze Ernten leer. Starbucks zahlt gut", so Meisehen.
Starke Position im Fachhandel
Mount Hagen gehört zu den führenden Marken im Naturkostfachhandel. Betrachtet das aber nicht als alleinige Vertriebsschiene: "Wir wollen dort hin, wo der Kunde ist. Die Zukunft des Bio-Kaffees sehe ich im Bio-Supermarkt und im LEH", prognostiziert die Kaffee-Expertin. Die Chancen für den LEH seien immens, aber oft werde ohne Plan agiert. Im Naturkostfachhandel haben nach ihrer Auffassung auch Hofläden, die eine Erlebniswelt schaffen, Potenzial. Ein Format nach Art von Whole Foods mit vielen natürlichen Produkten ohne Bio-Siegel rund um ein vielfältiges Bio-Sortiment hält der Kaffee-Vermarkter für zukunftsfähig. Aus unternehmerischer Sicht braucht der Hersteller einen Marketing-Mix. Er muss in mehreren Vertriebsschienen präsent sein, um im Wettbewerb zu bestehen. In rund 4.000 Verkaufsstellen ist Wertform aktuell vertreten. Über den Systemlieferanten bioVlog (Bio-Vertiebslogistik) soll die Distribution verbreitert werden.
Auch im Vending liegt noch unausgeschöpftes Potenzial für Bio-Kaffee. Der Verkauf über Automaten ist in Großbritannien weit populärer als in Deutschland. Durch vermehrte Ganztagesangebote an Schulen wird das Vending auch in Deutschland angekurbelt werden.
Den Preiseinstieg sieht Suhr bei 3,99 Euro: "Viel weniger ist im Hinblick auf gute Qualität schwierig." Der bewusste Kunde will durch ein hochwertiges Bio-Produkt sich und anderen etwas Gutes tun. Wertform bewegt sich mit der Marke Mount Hagen zwischen 4,49 und 6,50 Euro. Nach oben sind ebenfalls Grenzen gesetzt. "Wenn Sie übertreiben, dann stauben sie das Regal ab", scherzt Verkaufsleiter Suhr.
Den Nachweis, dass Bio der bessere Kaffee ist, hat die Wissenschaft noch nicht gebracht. "Bio-Kaffee ist bekömmlich", weiß die Kaffeeexpertin. Durch Langzeitröstung entstehen weniger Bitterstoffe als beim kurzzeitigen Rösten bei hoher Temperatur, deshalb ist er magenfreundlich und mild im Geschmack. Zudem muss er röstfrisch sein, wie jeder andere Kaffee auch, sonst ist auch Bio-Kaffee kein Genuss.
Anton Großkinsky