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Demeter-Startschuss in der Kleinen Walachei

Die Terra Nostra Ecoland Farms bringen den biologisch-dynamischen Anbau auf die Schwarzerde Rumäniens

Demeter-Startschuss in der Kleinen Walachei © bioPress, EM
80 Zentimeter tief reicht die stark humose Schwarzerde-Schicht auf den Feldern außerhalb Bailesti. Darunter folgt fruchtbarer Löss. Auch ohne Bewässerung trotzen die Felder von Richard Bühler der Hitze in Südwestrumänien. Mit Hilfe der geplanten linearen Pivot-Bewässerung erhofft er sich nochmal einen deutlich höheren Ertrag. Vor drei Jahren hat der 22-jährige Jungbauer beschlossen, den Hof in Rumänien zu übernehmen.

Seit 13 Jahren entstehen in der Kleinen Walachei, im Südwesten Rumäniens, die ersten biologisch-dynamisch zertifizierten Flächen des Landes. Keimzelle ist die Demeter-Farm der Familie Bühler in und um das Städtchen Bailesti. Cristina Bühler hat den Betrieb im Jahr 2012 ins Leben gerufen, ihr Sohn Richard steht als Hofnachfolger bereits fest in der Landwirtschaft. Gegen Jahrhunderttrockenheit, Unkraut und bürokratische Hürden müssen sich die Bühlers behaupten – und wollen dabei gleichgesinnte Höfe in Rumänien für den Demeter-Anbau begeistern.

Auf dem größten Feld mit einer Fläche von über 30 Hektar wächst Mais, gefolgt von Kichererbsen und Weizen. Kleiner schließt sich eine Soja-Testparzelle und eine kleine Fläche mit Luzerne an. Der ganze Schlag umfasst 64 Hektar. „Einen weiteren Schlag mit 43 Hektar Luzerne haben wir seit letztem Jahr in Umstellung“, sagt Junglandwirt Richard Bühler. „Wir haben auch eine Baumumrandung geplant – sobald eine Bewäs- serungsanlage installiert ist.“ 

Insgesamt gehören zum Hof 290 Hektar Fläche, darunter 110 Hektar Ackerland (verteilt auf zwei Schläge) und 176 Hektar Ruhewald, in dem Robinien wachsen – das härteste Holz in Europa. „Früher wurde es in Schweineställen als Boden verwendet“, weiß Bühler. Es sei „ewig haltbar“. Langfristig soll damit eine nachhaltige Waldwirtschaft etabliert werden. 

Schwarzerde-Boden in der EU

Die weiten ebenen Flächen im südwestlichen Rumänien sind ideal für die landwirtschaftliche Nutzung. Aber auch vom fruchtbaren Schwarzerde-Boden, auf Russisch Tschernosem, können Landwirte andernorts nur träumen. „Der Humusgehalt hier liegt bei vier Prozent“, schwärmt Bühler. 80 Zentimeter tief reiche der stark humose Boden. Darunter folgt humusbeeinflusster Boden, gefolgt von ebenfalls sehr fruchtbarem Löss mit einer hohen kapillaren Leitfähigkeit, also der Fähigkeit, Wasser effizient aus tieferen Schichten in den wurzelnahen Bereich nach oben zu transportieren. 

Bio als Vorteil bei Trockenheit

Als begrenzenden Faktor für die Landwirtschaft stellt Bühler die ausgeprägte Sommertrockenheit fest. In der Steppenregion der Kleinen Walachei gebe es generell trockene Sommer, die durchschnittliche Niederschlagsmenge im Jahr liegt bei rund 600 Millimetern. „Aber so schlimm wie dieses Jahr war es zuletzt 2001“, berichtet er. „Der regenreichste Monat ist normalerweise der Juni.“ Dieses Jahr aber sei er fast komplett trocken geblieben. Auch im vergangenen Herbst blieb der Regen aus. Und von den Pflanzen gespeichert werde das Wasser erst ab einer Menge von fünf Litern. 

„Viele konventionelle Betriebe hier stehen kurz vor der Insolvenz“, sei die Folge. Extrem hohen Input-Preisen stünden niedrige Einnahmen für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse gegenüber. Im Bio-Bereich sei die Lage angesichts von weniger Input und etwas höheren Erzeugerpreisen ein bisschen besser. 

„Im Kommunismus wurde damals ohne Maß gedüngt“, bemängelt Bühler. Ältere Landwirte seien zum Teil noch von dieser Gewohnheit geprägt – gute Agraringenieure düngten weniger. „Wenn das Verhältnis von Wasser und Stickstoff nicht passt, die Stickstoffkonzentration zu hoch ist, ätzt der Stickstoff die Wurzeln“, klärt der Jungbauer auf. Zu viel zu düngen sei deshalb bei Trockenheit besonders problematisch. Im Ergebnis ist das Maisfeld des benachbarten konventionellen Betriebs vertrocknet, während der Demeter-Landwirt eine solide Ernte in Aussicht hat.

Nachhaltiger Wasserspeicher Donau

Als nächstes Projekt strebt Bühler eine Bewässerungsanlage an, durch die er mit einem deutlich höheren Ertrag rechnet. „Dann wachsen die Pflanzen, als ob es ständig regnen würde. Bei manchen Landwirten läuft die Bewässerung seit Anfang Juni Nonstop.“ 

Sein Ziel ist es, ein lineares Pivot-System zu installieren. Anders als beim klassischen Pivot-System, das kreisförmig um einen festen Drehpunkt rotiert, fährt dabei eine lange Rohrleitung auf Rädern über das Feld, sodass auch die Ecken erreicht werden. „Tröpfchenbewässerung kann man nur in Reinkulturen anwenden“, erklärt Bühler. Außerdem werde damit nur jede zweite Reihe erreicht – „verlorenes Potenzial“. 

Mit dem Pivot-System können alle Kulturen bewässert werden. Es simuliert natürlichen Regen und verursacht keinen Müll durch Plastikschläuche, ist damit also nachhaltiger. Außerdem sei es sehr energiesparend, stellt Bühler klar. „Zehn Mal bewässern braucht so viel Energie wie einmal Tiefpflügen.“ 335 Meter breit soll die Anlage werden, sodass die Hälfte des Felds damit abgedeckt wird. 

Für die Bewässerung können die Bühlers auf Oberflächenwasser von der Donau zurückgreifen, sodass der Grundwasserspiegel davon unbehelligt bleibt. „Alles, was nicht verwendet wird, fließt ins Schwarze Meer“, erklärt Richard Bühler. „Es ist komplett ressourcenschonend!“ 

Während des kommunistischen Regimes wurde ein Donau-Bewässerungssystem aus Kanälen und Pumpwerken aufgebaut, mit dem laut Bühler ein Drittel von ganz Rumänien bewässert werden konnte. Nach dem Zusammenbruch des Staats 1989 ging auch das System kaputt – mit EU-Geldern wird es jetzt aber wieder aufgebaut. „Es braucht nur neue Pumpen, die Kanäle sind noch erhalten“, berichtet Bühler. 55.000 Hektar könnten insgesamt durch den nächsten Kanal, der nur drei Kilometer entfernt liegt, bewässert werden. „Die Leitung verläuft direkt unter uns.“

Hofnachfolge in Rumänien

Mit 19 Jahren war Richard Bühler das erste Mal für längere Zeit in Rumänien, dem Land seiner Mutter. Schnell hat er Feuer gefangen für die Kultur, das Essen, die Leute, das Klima – und die Entscheidung getroffen, ganz hierherzuziehen. Damals hatte er gerade in Witzenhausen ein Studium für Ökologische Landwirtschaft begonnen. Nach zwei Semestern ist er dann an die Universität in Craiova, der größten Stadt in der Kleinen Walachei, gewechselt, um sein Studium dort fortzusetzen. „Die Studieninhalte wurden nicht anerkannt“, berichtet Bühler. Die sehr ähnlichen Inhalte zu wiederholen, habe ihm aber dabei geholfen, sein Rumänisch zu verbessern. „Ich hatte hier die Möglichkeit, schon richtig in die Landwirtschaft einzusteigen und parallel zu studieren.“ 

Jetzt ist der 22-Jährige seit drei Jahren hier. Trotz einer einstündigen Pendelzeit vom Hof zur Uni und der doppelten Arbeitsbelastung ist seine Motivation ungebrochen und er wirkt bereits voll in die Landwirtschaft integriert, kennt sich auch mit Detailfragen aus. 

„Hier wächst Sorghum halepense“, zeigt der Jungbauer auf einem ansonsten gerade brach liegenden Acker. Wilde Mohrenhirse heißt die Pflanze auf Deutsch, bei der es sich um ein sehr gefährliches Unkraut handelt, das sich sowohl generativ (durch Samen) als auch vegetativ (durch ein unterirdisches Wurzelgeflecht) vermehrt. „Weizen unterdrückt es, aber für Hackfrüchte ist es sehr problematisch“, berichtet Bühler. Schutz vor dem Befall brächten Fruchtfolgen, die sein Wachstum ermüden. 

Maschinen deluxe – mit staatlichem Zuschuss

Auf dem Hof der Bühlers in Băilesti präsentiert Bühler stolz seinen Maschinenpark: einen Allradschlepper, Baujahr 2024, einen Tiefenlockerer, eine Einzelkornsämaschine für Soja und Kichererbsen, „klassische Reinkulturen“, eine Drillsämaschine für Getreide und Luzerne, „alle Deckfrüchte“, eine Cambridge-Walze, mit der der Kontakt zwischen Saatgut und Boden verbessert und der Boden eingeebnet wird, ein Hackgerät, ein Mulcher, ein Mäher, zwei Pflüge, zwei Anhänger und zwei verschiedene Gruber zur Stoppelbearbeitung. 

Als „wichtigste Maschine im Ökolandbau“ stellt der Junglandwirt schließlich den Striegel für die mechanische Unkrautbekämpfung vor. „Er reißt Unkraut aus oder verschüttet es, ohne die Kultur zu sehr zu stören“, erklärt er. Je nach Pflanzenart und Kulturstadium ist er damit auf den Feldern mit etwa zwei bis fünf Kilometern pro Stunde unterwegs. An einem Tag seien so etwa 30 Hektar schaffbar. „Beim Luzerne-Aussäen saß ich einmal für 23 Stunden Nonstop in der Kabine“, erinnert er sich gutgelaunt – die Begeisterung für den Beruf unübersehbar.

„Der rumänische Staat fördert die Landwirtschaft intensiv“, berichtet Bühler. 70 Prozent Zuschüsse hat der junge Unternehmer für die Anschaffung neuer Maschinen bekommen. Beim Installieren von Beregnungsanlagen könne man sogar auf Investitionsbeihilfen in Höhe von 90 Prozent zählen. „Die EU-Mittel werden hier voll ausgeschöpft“, stellt er fest. Auch die Hektarbeihilfen seien maximal und könnten je nach Kultur bei bis zu 4.000 Euro pro Hektar liegen.

Zurück in die Heimat

Aufgebaut wurde der Betrieb von Richards Mutter: Cristina Bühler. Sie ist in der Kleinen Walachei aufgewachsen. Bis sie 14 Jahre alt war, lebte sie dort bei ihren Großeltern, die auf dem Land Schweine und Geflügel hielten, bevor sie wieder in die Stadt zog. Schon mit 20 Jahren ist sie anschließend nach Deutschland emigriert, wo sie eine kaufmännische Ausbildung absolvierte. 

An der Seite ihres Manns Rudolf Bühler, Gründer der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall (BESH), blieb sie ihren landwirtschaftlichen Wurzeln verbunden, wurde zur Chefin des Regionalmarkts Hohenlohe in Wolpertshausen und sammelte jahrelang Erfahrungen mit dem biologisch-dynamischen Anbau in Deutschland sowie international bei Reisen in afrikanische Länder und nach Indien für den Anbauverband Ecoland. 

„Ich hatte als einzige in meiner rumänischen Familie Interesse an der Landwirtschaft“, berichtet Cristina Bühler. Während ihr Mann im Jahr 2012 in Hohenlohe die Stiftung ‚Haus der Bauern‘ ins Leben rief, zog es die Unternehmerin zurück in ihre Heimat. „Ich habe hier so viel gelernt – ich wollte der Region, in der ich aufgewachsen bin, etwas zurückgeben“, erklärt sie. 

Nur ein kleiner Teil des Lands des jetzigen Hofs wurde von Cristinas Großeltern übernommen. 64 Hektar am Stück konnten mit Hilfe eines Kredits neu erworben werden. Damals war Agrarfläche in Rumänien um ein Vielfaches günstiger als jetzt. „Als wir angefangen haben, lag der Hektarpreis bei etwa 4.500 Euro. Heute sind es 12.000 Euro, in Kürze wahrscheinlich 20.000.“

Für den Ökolandbau sah die Landwirtin in Südrumänien mit seinen fruchtbaren Böden großes Potenzial. „Bio ist hier zu Hause“, betont Bühler. Der Weg von der traditionellen Naturlandwirtschaft zum Demeter-Standard sei nicht weit. 

Steiniger Pfad zum Bio-Siegel

Mit dem Aufbau des Hofs begann auch das Unterfangen der Bio- und Demeter-Zertifizierung. „Die Bürokratie war eine Herausforderung“, gesteht die Bäuerin. So gebe es in Rumänien viel mehr Kontrollen als etwa in Deutschland. Verschiedene Abteilungen seien dafür zuständig; die Kontrolleure selbst würden nochmal nachkontrolliert, was für die Landwirte am Ende die doppelte Arbeit bedeute. Ab einer Größe von 50 Hektar muss ein Hof in Rumänien außerdem eine rechtliche Körperschaft bilden. Die Terra Nostra Ecoland Farms haben sich für die GmbH – auf Rumänisch SRL – entschieden, 2015 wurde der Betrieb gegründet. 

Für die Leitung eines landwirtschaftlichen Betriebs setzt Rumänien eine entsprechende Ausbildung voraus. Cristina Bühler begann daher einen landwirtschaftlichen Bachelor an der Universität von Craiova und schob einen Master im Fach ‚Beratung und Management in der Landwirtschaft‘ direkt hinterher. Nächstes Jahr will sie ihre Promotion im Bereich ‚Klimaresiliente Landwirtschaft‘ abschließen. 

„Es war schon eine harte Zeit, aber es hat mir auch viel Freude gemacht“, erzählt die Unternehmerin. „Ich bin viel zwischen Rumänien und Deutschland gependelt – und hatte dabei oft 50 Kilogramm Akten im Kofferraum.“ Als sie eine gute Buchhaltungsfirma gefunden und eingestellt hat, habe ihr das viel Arbeit abgenommen. „Geht nicht gibt’s nicht“, so das Motto Bühlers. 2016 bekam der Hof schließlich sein Demeter-Zertifikat – als erster in Rumänien. 

Modell-Hof für die Demeter-Inspiration

Mit der Begeisterung für die Demeter-Bewirtschaftung will Cristina Bühler nun auch andere Höfe anstecken. Gemeinsam mit Reto Ingold, der als Berater von Demeter International tätig war und im Sommer 2024 verstorben ist, hat Cristina Bühler den biologisch-dynamischen Verein in Rumänien gegründet und ist jetzt als dessen Präsidentin tätig. Der Sitz soll demnächst aus dem siebenbürgischen Deva nach Băilesti verlagert werden. Zweck des Vereins ist die Beratung für andere Höfe, der Austausch und die Motivation zur Umstellung auf EU-Bio und Demeter.

Auf dem Hof in Băilesti finden nun biologisch-dynamische Treffen statt, auf denen Fragen rund um die Anbauweise beantwortet werden. Unternehmen, Landwirte, Forschungsinstitute und Studenten sind schon zu Hofbesuchen vorbeigekommen – sowohl erfahrene Vertreter der Demeter-Branche als auch Neulinge im Feld von Bio. „Auch das Landwirtschaftsamt war schon eingeladen“, berichtet Bühler. 

Dabei legt die Hof-Eigentümerin viel Wert auf das sozial-kulinarische Miteinander, den Austausch von Rezepturen, das Teilen von Essen. „Früher war das in der Landwirtschaft noch selbstverständlich. Man hat sich mit den angebauten Kulturen gegenseitig ergänzt und bei der Ernte geholfen“, erzählt Cristina Bühler. Diese Tradition sei in Rumänien immer noch lebendig und werde auch vom orthodoxen Glauben genährt.

Inklusive der Sommerküchen stehen auf dem Hof sechs verschiedene Kochstellen zur Verfügung. Im Garten wächst eine vielfältige Mischkultur: Knoblauch, Bohnenkraut, Mangold, Rote Bete und Salat, Eichen- und Haselnussbäume, die später in den Robinien-Wald umgesiedelt werden sollen, Himbeeren und Johannisbeeren, Pfirsiche, Äpfel, Aprikosen, Pflaumen und Feigen. Es wird viel Gemüse eingelegt – zunächst nur für Gäste und den Eigenverbrauch. Das traditionelle rumänische Mus Zacuscă aus Paprika, Auberginen und Tomaten soll perspektivisch vielleicht auch für den Verkauf produziert werden.

„Reto und ich haben in der heimischen Landwirtschaft viele Parallelen zu Demeter und viel Potenzial zur Umstellung gesehen“, erklärt Bühler. Mit den bürokratischen Hürden, mit denen sie selbst konfrontiert war, will sie jetzt auch anderen Höfen helfen. „Die Bürokratie ist das größte Hindernis für die Umstellung“, stellt sie fest. „Die Leute signalisieren uns erst Bereitschaft, erschrecken dann aber vor dem bürokratischen Aufwand.“ Um diesen Stressfaktor zu verkleinern, brauche es Beratung und Unterstützung. 

Schäfer ziehen mit

Mit drei Partnerhöfen arbeiten die Terra Nostra Ecoland Farms derzeit im Zuge von Luzerne-Mist-Kooperationen zusammen. Dabei habe man bewusst solche ausgewählt, für welche die Zertifizierung sonst nicht denkbar gewesen wäre und die besonders von der Kooperation profitieren können. 

Schäfer Popa Nicusor etwa ist seit fast 25 Jahren im Geschäft, hatte aber mit Computern nicht viel am Hut, bevor die Bühlers bei ihm anklopften. „Wir haben ihm erklärt, dass er den Bio-Standard schon erfüllt“, erzählt Richard Bühler. Den bürokratischen Aufwand übernimmt der Jungbauer inzwischen für die Partnerbetriebe. „Mittlerweile haben sie aber auch das Selbstbewusstsein, selbst aufs Amt zu gehen“, fügt Cristina Bühler hinzu. 

Seine Bio-Zertifizierung besitzt Nicusor jetzt schon seit rund zehn Jahren. Eine Herde von 300 Schafen und 400 Ziegen hält er ganzjährig auf seinen Weiden wenig außerhalb von Băilesti. Esel dienen den Schäfern als Transportmittel oder Lastentiere, Hütehunde helfen, die Herde zusammenzuhalten. „Die Schäfer hier sind alle Wanderschäfer“, so Richard Bühler. Weil das Gras in diesem Jahr so vertrocknet ist, bekommen die Tiere zusätzlich bereits Wintervorräte an Getreide gefüttert. Zum Stall kommen sie nur morgens und abends zum Melken. „Vielleicht haben wir deshalb keine Probleme mit Krankheiten“, sagt Nicusor.

400 Tiere der Herde werden momentan gemolken – alle von Hand –, eine bis anderthalb Stunden sind Nicusors Bruder und Schwager damit beschäftigt. Seine Söhne wollen den Familienbetrieb später weiterführen und helfen bereits mit beim Melken. Insgesamt 100 Liter werden im Moment bei einem Melkdurchgang gewonnen. „Die Läm- mer bekommen auch noch etwas“, erklärt Nicusor. Außerdem sei die Ausbeute aktuell wegen der Hitze und dem Fehlen von grünem Futter geringer. „Es ist ein ganz schweres Jahr.“

Die Jahresproduktion liegt bei vier bis fünf Tonnen Milch. Aus acht Litern Milch stellt die Schäferfamilie ein Kilogramm Käse her, der lokal vermarktet wird: auf Wochenmärkten und bei Stammkunden. „Unsere Kosten sind hoch, aber wir können vom Ertrag leben“, so Nicusor. Von der EU erhält er Flächenprämien für Weiden und Ackerland (zusammen 23 Hektar), die Bio-Tierhaltung werde aber nicht gesondert gefördert.

Die Terra Nostra Ecoland Farms liefern dem Schäfer Luzerne als Futtermittel und profitieren von der Kooperation im Gegenzug durch Dünger in Form von Mist und Schafwolle. Die Produktion von Schafwollpellets ist dabei ein ganz neues Projekt auf dem Bühler-Hof, die Technik dafür wurde kürzlich erst angeschafft. „Mit zwölf Prozent Stickstoff sind sie ein sehr wertiger Dünger“, erklärt Richard Bühler. Der Rohstoff Schafwolle ist außerdem in großer Menge vorhanden, sodass die Schafwollpellets künftig auch exportiert werden sollen.

Nächstes Projekt: Sonderkulturen

„Ich wünsche mir von der EU mehr Unterstützung für die bäuerliche Kultur“, hebt Cristina Bühler hervor. Zwar brauche es einheitliche Vorgaben und Strukturen für die Bio-Zertifizierung, die vielen allgemeinen Regelungen gingen aber an der Lebensrealität der Landwirte vorbei – etwa wenn die EU vorschreibt, dass keine Tiere mehr zu Hause gehalten werden dürfen. „Jede Region hat ihre eigene bäuerliche Tradition – und die darf man den Leuten nicht wegnehmen“, betont sie. „Wir brauchen mehr flexible, auf die verschiedenen Regionen angepasste Gesetze, für mehr solidarische wirtschaftliche Effizienz.“ 

„Dass Richard eingestiegen ist, war für mich eine große Erleichterung“, erzählt die Unternehmerin. „Der Hof hat jetzt Zukunft, die Tradition wird mit viel Begeisterung weitergelebt.“ Als nächstes Projekt nach der Bewässerung hat ihr Sohn vor, in größerem Umfang in den Anbau von Sonderkulturen einzusteigen: etwa Tomaten, Melonen und Feigenbäume, die gleichzeitig als Windschutz dienen. „Die Zuckermelonen sollen dann nach Deutschland exportiert werden“, erklärt der Junglandwirt. Bis zu 100 Hektar fasst er für das Projekt ins Auge.

Die Infrastruktur für den Export ist vorhanden: ob per Bahn, LKW oder Donauschifffahrt. „4.000 Tonnen passen ungefähr auf ein Donaufrachtschiff“, so Richard Bühler. Diese Variante sei ökologisch sinnvoll, wobei man zum Transport von Sonderkulturen wegen der Frische besser auf die schnelleren LKWs setze. 

Vier bis sechs Wochen früher ernten könne man die Erzeugnisse hier im Vergleich zu Westeuropa. Außerdem könne die Ware zu guten Preisen angeboten werden. „Jetzt geht es nur noch darum, die Abnehmerseite zu entwickeln“, meint der Hofnachfolger. Ziel von Terra Nostra Ecoland Farms ist es auch, den Ruf von Rumänien im restlichen Europa zu verbessern: als fruchtbares Agrarland mit zertifizierten Qualitätserzeugnissen. Der Grundstein ist gelegt, die Mission ist in Gang. 

Lena Renner

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