Genossenschaft der Ökobauern
Zukunftspläne eines Bio-Jubilars
Die Genossenschaft der Öko-Bauern hat ein Vierteljahrhundert erfolgreich gemeistert

Für die westfälische Bio-Erzeugergemeinschaft ist das diesjährige 25-Jahre-Jubiläum ein Meilenstein nach wechselvoller Geschichte als bäuerliche Bio-Genossenschaft und -Abpacker. Der Geschäftsführer Klaus Rauhaus sprach auf der Biofach 2020 mit der bioPress: Themen waren die zukünftige Entwicklung der Genossenschaft und die weiteren Aussichten für den Bio-Obst- und –Gemüsemarkt in Deutschland.
Es sei, so Klaus Rauhaus, mit dem Jubiläum auch der Moment gekommen, in Ruhe über die weitere Ausrichtung der Öko-Genossenschaft nachzudenken. Nach einem Vierteljahrhundert habe man einen soliden Stand aufgebaut und könne nun die Weichen in die gewünschten Richtungen stellen. Die momentane Marktsituation sei eine gute Ausgangsposition um sich in eine nachhaltige Zukunft zu orientieren.
Bio-Kartoffelmarkt könnte in den nächsten Jahren gesättigt sein
Insgesamt habe die Zahl der Umsteller zugenommen: So weit, dass bei manchen Produktanfragen zum jetzigen Zeitpunkt „ein Deckel drauf“ getan werde. Damit zielt Rauhaus vor allem auf Kartoffeln, bei denen zurzeit die abzusetzenden Mengen abgedeckt seien.
Die verfügbaren Kartoffelmengen seien angestiegen, obwohl es durch die Trockenheit keine besonders gute Ernte gegeben habe. In den nächsten ein, zwei Jahren könne sich eine Sättigung des Kartoffelmarktes ergeben.
Für dieses Jahr sehe er aber noch kein Problem beim Absatz. Positiv sei, dass die Kartoffeln bis Juni, also zum Ende der Saison reichen – im letzten Jahr war die einheimische Ware früher verbraucht.
Spezialgemüse und Karotten ohne Absatzproblem
Bei Spezialgemüsen und Karotten sei die Lage entspannt, da so kostenintensive Produkte fast niemand einfach auf Verdacht anbaue. Da seien die Mengen durch langfristige Vereinbarungen geregelt und Rauhaus sieht für die absehbare Zukunft kein wesentliches Überangebot – dies natürlich in starker Abhängigkeit von der jährlichen Erntemenge.
Erzeugen die inländischen Bauern mehr Ware, dann könne man das Importfenster für die Ware aus Holland, Dänemark und Österreich verkleinern, die bisher zur Ergänzung der mitteleuropäischen Saison genutzt wurde. An frühere Absprachen werde sich natürlich gehalten. Den Import zu begrenzen gehe nicht von einem Tag auf den anderen, denn um Engpässe zu vermeiden, müssen die Waren schon im Vorfeld gesichert sein.
Insgesamt ist Rauhaus für seinen Handelsbereich mit den derzeitigen Preisen zufrieden. Es gäbe eine für alle Seiten gute Preisgestaltung.
In einzelnen anderen Marktsegmenten gehe es eher „zur Sache“. Da verweist Rauhaus auf den Getreidesektor, in dem die wachsenden Bio-Getreidemengen ein sinkendes Preisniveau verursacht hätten. Er äußert aber die Hoffnung, dass die „Marktatmosphäre der Bio-Szene“ erhalten bleibe, sich also vertrauensbasierte langfristige Handelsbeziehungen auch in Zukunft gegen stärker Profit-orientierte Strukturen durchsetzen werden.
Fokus Regionalität
Die Genossenschaft möchte die regionalen Erzeuger in Richtung Bio überzeugen, nach dem Motto ‚Steter Tropfen höhlt den Stein‘. Doch Rauhaus wolle nie in die Situation kommen, dass zu viele Bio-Produkte Halden bildeten: „Der Markt muss definitiv wachsen, wenn die Öko-Ware abfließen soll.“ Da sei auch die Politik gefragt. Gerade in den nächsten ein, zwei Jahren komme es sehr darauf an, inwieweit sie sich einmische und die entsprechenden Regulierungen vornehme. Bei einem wachsenden Markt müsse darüber nachgedacht werden, wo welche Strukturen wirklich notwendig seien. Es ist ein ganz wichtiger Faktor für Rauhaus, dass die Ware auch da verarbeitet werden kann, wo sie gewonnen wird.
Der Faktor Regionalität stände immer mehr im Fokus und auch bei der Öko-Bauern-Genossenschaft seien viele Umstrukturierungen zumindest denkbar. So könne als ein Beispiel in fünf Jahren die derzeitige bundesweite Auslieferung der Öko-Bauern-Waren durchaus zur Diskussion stehen: „Es ist nicht langfristig sinnvoll, Produkte durch das ganze Land zu karren.“ Dies widerspreche der Nachhaltigkeit und sei auch in Zeiten steigender Transportkosten ein Problem.
Entweder vermarkte und verpacke die Produkte dann ein neu gegründetes Unternehmen in der entsprechenden Region oder die Ökobauern machten einen neuen Standort im Süden auf. Dazu gebe es momentan aber noch keine Pläne oder strategischen Überlegungen.
Auch bei den Umstellern sieht Rauhaus den Fokus auf der Region: „Da werden wir dann eventuell Höfe bevorzugen, die mehr in der Nähe liegen.“ Er verweist auf den Standortvorteil, den die Genossenschaft der Öko-Bauern habe: „Wir sind hier nah am Markt, etwa mit der Nähe zum Ruhrgebiet, und haben trotzdem die benötigte Ackerfläche um uns herum.“
Optimierung vor Wachstum
Die Genossenschaft der Öko-Bauern sehe nicht in weiterem Wachstum die höchste Priorität, sondern „wir wollen das, was wir machen lieber gut und dann noch besser machen“.
Nach Rauhaus sei die strategische Frage, ob die Öko-Bauern-Genossenschaft weiter mit dem Biomarkt wachsen wolle, für die absehbare Zukunft erst einmal entschieden: „Unsere Größe ist in Ordnung und wir schauen jetzt, wo wir uns in der Struktur verändern können. Etwa bei noch mehr Nachhaltigkeit in Produktion und Technik oder bei den Personalbedingungen.“ Die derzeitige Marktentwicklung erlaube die notwendigen Investitionen.
Der Geschäftsführer der Öko-Bauern-Genossenschaft zieht eine positive Bilanz. Als einer der wenigen großen hundertprozentigen Öko-Abpacker habe man die letzten 25 Jahre gut gemeistert, stehe jetzt wirtschaftlich sehr gut da und vor allem: Gut gewappnet für die Zukunft.
Elke Reinecke
Die Genossenschaft der Öko-Bauern nahm schon 1995 ihre Arbeit im westfälischen Lippborg auf, damals noch ein Zusammenschluss einiger Naturland-Bauern, die ihre Produkte gemeinsam vermarkten wollten. Zurzeit setzt sich die Genossenschaft aus 83 Mitgliedern zusammen, die Hälfte von ihnen aktive Lieferanten. Dazu kommen um die 80 Lieferanten aus Deutschland, der EU und dem weiteren Ausland.
2011 gründete die Genossenschaft mit der Hof Rosenau GmbH ein Tochterunternehmen, wo auf ungefähr 100 Hektar Naturland-zertifiziertem Ackerland heimisches Obst und Gemüse produziert wird. Außerdem gehören der Genossenschaft inzwischen Packstationen in Lippborg und Ahlen. Zusätzlich zu den Lagerhallen, Kühlräumen und dem Verwaltungsgebäude am Zentralen-Standort Lippborg wird dort auch noch ein kleiner Bioladen betrieben. Demnächst kommt ein neues Kartoffellager dazu, um den wachsenden Mengen gerecht zu werden.
Rund 25 bis 30 Millionen Euro im Jahr setzen die Öko-Bauern heute um, etwa 22.000 Tonnen Kartoffeln und Gemüse – alles 100 Prozent Bio. Die deutsche Ware ist fast ausschließlich Verbandsware, zu etwa drei Vierteln von Naturland- und Biolandhöfen. Zu 80 bis 90 Prozent stammen die Produkte aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Deutsches EU-Bio kommt üblicherweise nicht vor.
Die Bio-Produkte werden in der genossenschaftseigenen Packstation endverpackt, bevor sie vornehmlich in den Westen, Nord-Westen, Süd-Westen und Süden von Deutschland geliefert werden. Seit der Jahrtausendwende zählt nicht nur der Naturkostfachhandel zu den Kunden der Genossenschaft, sondern sie ist auch maßgeblicher Lieferant von Bio-Gemüse für den LEH.
In Lippborg gehört die Genossenschaft der Öko-Bauern mittlerweile zu den größten Arbeitgebern. Durchgehend sind durchschnittlich etwa 80 Mitarbeiter angestellt, etwa ein Fünftel davon in Administration und Abwicklung. Saisonal bedingt sind im Unternehmen bis zu 100 Mitarbeiter beschäftigt.