Start / Ausgaben / BioPress 69 - November 2011 / Anuga - eine Bio-Plattform

Anuga - eine Bio-Plattform

Für Bio-Anbieter eine überraschend gute Ordermesse

„Die Anuga ist eine der größten Bio-Messen“, apostrophierte Peter Groethus, Bereichsleiter Ernährung der Koelnmesse, beim Bio-Abendempfang auf der Weltleitmesse für Lebensmittel. Immerhin  zeigen 1.800 der 6.600 Aussteller Bio. Die Besucher waren an Bio interessiert. Davert, Rosengarten, die Thise Mejeri und andere äußerten sich zufrieden. Für die deutschen Bio-Hersteller ist die Anuga in erster Linie eine Plattform für den Export.

In der Fachmesse Anuga Organic waren 270 Bio-Aussteller vertreten, aber auch viele Unternehmen ohne Bio-Produkte hatten ihre Stände zwischen Bio aufgebaut. Bio und nicht Bio wechselten sich ab, etwa an den chinesischen Ständen und auf dem großen Marokko-Stand. Das war recht unübersichtlich und verwirrte Aussteller wie Besucher. Das Gefühl in einer Organic Halle zu sein, kam nicht auf. 2009 war das Konzept der Anuga Organic besser umgesetzt.

„Schade, dass Bio schlecht erkennbar ist. Besucher fragten uns, ist das ein Bio-Stand? Wenn wir das vorher gewusst hätten, hätten wir den Stand anders konzipiert“, berichtete Martina Celik von Davert. Das Bio-Unternehmen präsentierte sein Davita-Sortiment für den LEH. „Die Messe war interessant. Der Montag und Dienstag war sehr gut besucht“, resümierte Celik.

Die Sonderschau Voll-Bio, die der bioPress Verlag zusammen mit Koelnmesse organisiert, war wieder ein Magnet. Allein 5.000 Becher Fruchtsaft zapften die Besucher am Getränkespender, den der dänische Bio-Sirup-Hersteller Pebas der Sonderschau zur Verfügung gestellt hatte. Die Dänen stellen Sirup her in Flaschen für den Handel und für Getränkeautomaten in der Gemeinschaftsverpflegung.

Nicola Perrucci aus Bari/Apulien und Horst Schäfer-Schuchardt aus Würzburg verkosteten die prämierten Öle aus dem bioPress Olivenöl-Test. Das Melicena Bio Speiseeis von Novescor aus Waldems konnte probiert werden und wurde viel gelobt.

Großes Interesse galt der Frische. Bio-Käse für die Theke zum Beispiel von Allgäuland, Beemster aus den Niederlanden oder Appenzeller wurde gezeigt und auch verkostet. Das Geflügelsortiment von Biofino mit Teilstücken und Convenience erregte Aufmerksamkeit, ebenso die frischen Bio-Teigwaren der Fleischwerke Zimmermann.

Backriese Délifrance aus Frankreich lieferte täglich biologische Baguette, Butter-Croissants und Schoko-Croissants zum Probieren in die Sonderschau Voll-Bio. Das knusprige gut gebräunte Baguette ist für Frankreich-Fans, die kein feinporiges helles Stangen-Weißbrot wollen. Die Croissants werden nach französischer Art hergestellt mit einer Butterplatte auf dem ausgerollten Teig und dann gefaltet.

Der Großteil der präsentierten Artikel war auch online auf der Internet-Plattform www.biovollsortiment.de vorort. Kaufleute aus dem Lebensmitteleinzelhandel und Großverbraucher ließen sich hier zeigen, wie sie sich auch am heimischen Bildschirm ihr Bio-Sortiment zusammenstellen können. Die beiden Beratungsplätze waren zeitweise regelrecht belagert. Hersteller wollten wissen, wie ihre Produkte in das Biovollsortiment aufgenommen werden können.

Beratung wurde auf der Sonderschau-Fläche groß geschrieben. Auskünfte zu den präsentierten Artikeln waren ebenso gefragt wie Marktinformationen. Mitarbeiter des Bundesamts für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) konnten hier ihre Kenntnisse zur Siegelvergabe beisteuern und Verweise in Netzwerke der Biobranche.

Soziale Verantwortung der Unternehmen war auf der größten Lebensmittelmesse der Welt  ein Thema. Die Pressekonferenzen von Transfair und des Fairhandelshauses Gepa fanden reges Medieninteresse. Der Absatz des Gepa-Kaffees wächst trotz steigender Preise, wie Gepa Vertriebsleiter Rolf Bierhance berichtet. Im Vertrieb hat Bierhance den Adler Textilmarkt, die DENA Gartencenter und das Handelshaus Rau in Bayern gewonnen. Rau versorgt 52 Dorfläden in einem Kleinflächenkonzept. 

Die Aussteller des dänischen Gemeinschaftsstandes auf der Anuga Organic waren überrascht von der Stärke der Plattform: „Es war sensationell“, hieß es. Die Anuga sei eine Business-Plattform. Hier gab es unerwarteterweise viele Orders, die BioFach sei eher stark im Netzwerken. Paul Mogens, Verkaufsleiter der Thise Mejeri, die nach Deutschland exportiert, war angetan vom Zulauf und strahlte vor Freude.

Auch der italienische Pavillon erfuhr starken Besucher-Andrang. Der Mini-Stand von Arabicafe aus Sizilien war dauerhaft frequentiert nachdem sich schnell die Kaffeequalität herumgesprochen hatte. Auch Lensi Pasta verzeichnete Zulauf. Die Pasta-Macher sind als Private Label auf dem deutschen Markt, wollen mit der Hersteller-Marke als authentisches Produkt in den Handel.  
Im Sortimentsbereich hält der Kokos-Trend an. Kokos-Spezialisten und Hersteller die Kokos-Produkte mit aufgenommen haben, waren vielfältig vertreten. Kokos-Getränke, -Milch und -Riegel gab es zu sehen. Teigwaren-Hersteller Alb-Gold stellte biologische Wok-Nudeln vor. Der Asia-Trend vom Außer-Haus-Markt zieht auch in die privaten Haushalte ein.

Gefriergetrocknete Früchte und Gemüse für Verarbeitung und Handel fand sich wiederholt im Angebot. Erdbär präsentierte gefriergetrocknete Früchte und Pürees für Kinder unter der Marke Freche Freunde. Die Pommes-Generation an Obst, Gemüse und Bio heranführen ist die Absicht.
Creative Spreads aus Belgien ist Spezialist für Aufstriche und stellt auch Bio her. Die Belgier können die klassischen Pâtés  nach französischer Art auf Fleisch- und Geflügel-Grundlage liefern, aber auch vegetarische Aufstriche. FitFood, ebenfalls aus Belgien, bietet mit BioSmile aufgeschnittenen Wurstersatz an. Rapsöl, Weizen, Gemüse und Eiweiß bilden die Grundzutaten an. Die Belgier sind bereits in Edeka-, Hit- und Famila Märkten vertreten.

Bei den frischen Suppen fürs Kühlregal stellten sich die Küchenbrüder aus Ehestetten in Baden-Württemberg mit ei-nem Sortiment für den LEH vor. Dahinter stecken die Gebrüder Tress mit einer Familientradition in Gastronomie und Bio-Hotellerie.

Die Bio-Aussteller waren mit dem Besuch überwiegend zufrieden. Freddy Ullrich, der Lord of Tofu, war heiter gestimmt: „Ein Tag war der Besuch schlecht auf dem Stand. Die anderen Tage waren gut“. An den anderen Tagen hatte der Soja-Verarbeiter genug zu tun. Das internationale Publikum interessierte sich für Tofu und Kombucha.

„Wir hatten erstaunlich viele Exportkontakte, aber wenig nationales Publikum. Die Qualität der Kontakte war gut. Es kamen konkrete Anfragen nach lactose- und glutenfreie Produkten. Die Besucher wa-ren vorinformiert“, bilanzierte Birgit Bieng von Rosengarten. EcoPlus aus Freising vertreibt 150 Artikel von elf Bio-Markenherstellern. „Bio-Spezialitäten ist nach wie vor gefragt beim Handel“, erklärte Geschäftsführer Rüdiger Kerschner am letzten Anuga-Tag.

Bei taste 11, der Neuheiten-Schau der Anuga, war Bio stark vertreten. Eine Jury wählt unter den neuen Produkten die besten aus. Bambus-Tee aus Korea zählt dazu. Aus Deutschland zählt der Fairtrade Quinoa Kakaokeks von Wikana zu den Top-Innovationen. CitronBio von Polenghi aus Italien ist ein Zitronensaft in einer kompostierbaren Flasche als Neuheit. Tropicai aus Deutschland bereichert den Lebensmittelmarkt um einen biologischen Kokosbütenzucker. Das Kreuzbeere Smoothie von Proviant aus Berlin, eine Mischung aus Himbeere und Brombeere, war unter den Innovationen.

Auch im Rahmenprogramm der Anuga war bio präsent. Im Bio-Kompetenzzentrum gab es  Vorträge und Diskussionen zum Thema Bio. Transfair Deutschland und die Gepa lenkten das  Medieninteresse in Veranstaltungen auf das Thema fairer Handel.

Die Fachzeitschrift Die Käse-Theke überreichte auf der Anuga den Kreativ Award für die besten Aktionen. Der Bio-Preis ging an den Biomichl in Weilheim in Bayern. Zusammen mit Käsegroßhändler Schilcher hatte der Bio-Supermarkt durch Aktionen  mit Käse und Wein sowie Käse und Schokolade den Absatz kräftig gefördert. Pate für die Bio-Käsetheken ist die ÖMA (Ökologische Molkereien Allgäu). Die Biomarke des Jahres vergab die Lebensmittel Praxis aus Neuwied an die Marke Alb Gold, Rotbäckchen und Whole Earth und in der Kategorie Bio-Fachhandel ging Gold an Herbaria, silber an Bio Planèt und Bronze an Herzberger.

GMO-Freiheit, ein Credo der Bio-Branche, findet darüber hinaus Beachtung. So lobt die Privatmolkerei Zott, die auch ein kleines Bio-Sortiment führt, eine Gentechnik freie Linie aus. Bio strahlt auf die gesamte Lebensmittelwirtschaft aus.           

Anton Großkinsky

Bio-Köche machen Schau

Das Schaukochen mit den Bio-Spitzenköchen Alfred Fahr und Tino Schmidt der BLE (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung) in Bonn war ein Anziehungspunkt auf der  Anuga Organic. Die BLE berät die Gemeinschaftsverpflegung  bei der Umstellung auf Bio. Fahr gab Küchen-Tipps: „Olivenöl nur bis 160 Grad erhitzen, sonst wird es bedenklich. Kräuterbutter erst am Schluss darüber geben, sonst verbrennen die Kräuter.“ Die Spitzenköche  verwendeten zum Beispiel Säfte von Rabenhorst. Bio-Gemüse von Lehmann Natur, Bio-Fisch von Erich Geiger vom Bodensee verfeinert mit Kräutern der Gartenbauzentrale Papenburg. Die Zusammenarbeit mit  Voll-Bio lief hervorragend. Immer wieder kamen die Köche zum Einkaufen was sie anschließend in ihrer Küche verarbeiteten und den Besuchern zum Kosten kreierten.

Fahr und Schmidt zeigen den Großküchen wie Biologisch, Regional, Saisonal und Vegetarisch im Küchen-Alltag umgesetzt werden kann. „Die Küchenleiter sind vorinformiert. Sie wollen wissen, wie der Einstieg in Bio funktioniert. „Das geschieht zunächst durch den Austausch von Rohstoffen. Einfach ist das bei Gewürzen. Bio-Gewürze kosten zwar mehr, aber man braucht weniger. Sollen komplette Bio-Gerichte angeboten werden, wählt man welche mit wenigen Zutaten, die leicht und immer zu beschaffen sind,“ empfiehlt Schmidt.  Meist gibt es zunächst  Teilumstellung.

Von 0 Bio auf 100 Prozent zu gehen wagt auf  Anhieb kaum einer“, weiß Schmidt.

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