Stiftung Warentest
Urteile nicht objektiv
Der neue Bio-Check der Stiftung Warentest
In schöner Regelmäßigkeit wiederholt die Stiftung Warentest plakativ: Bio ist nicht besser. So auch anlässlich der neuen Rückschau auf 52 Tests der Jahre 2002 bis 2010. Und in schöner Regelmäßigkeit kann die Biobranche nur antworten: Wer nicht testet und bewertet, was Bio besser macht und was Biokunden schätzen, muss zwangsläufig zudiesem Ergebnis kommen, erklärt der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) Herstellung und Handel in Berlin.
Wie in den Vorjahren räumen die Warentester zwar ein, dass Bio bei Schadstofffreiheit, sozialen, ethischen und ökologischen Faktoren punktet, im Gesamtergebnis kommt das nach Ansicht des Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) Herstellung und Handel jedoch nicht ausreichend zum Tragen. Dasselbe gilt für den Verzicht auf bedenkliche Zusatzstoffe und die geringe Schadstoffbelastung. Gerade diese Punkte sind jedoch für die Mehrheit der Biokunden von größter Bedeutung.
Bio schmeckt anders
Wie bei den früheren Untersuchungen führten auch geschmackliche Unterschiede zwischen ökologischen und konventionellen Lebensmitteln zu einer Abwertung. Das trägt nicht der Tatsache Rechnung, dass Menschen unterschiedliche geschmackliche Vorlieben haben.
Biokunden und viele Gourmets schätzen gerade den naturbelassenen und besonderen Bio-Geschmack, der oft ein Ergebnis der schonenden Verarbeitung und des Verzichts auf die meisten der mehr als 300 in der EU zugelassenen und oft umstrittenen Zusatzstoffe ist.
Inzwischen berücksichtigt die Stiftung Warentest diese Kriterien zur Corporate Social Responsibility (CSR) vereinzelt, bisher aber leider erst in vier Tests. Dies misst dem jahrelangen Engagement der Naturkostunternehmen für eine soziale und ökologische Wirtschaftsweise zu wenig Bedeutung bei. In das Gesamturteil für den „Bio-Check“ fließen diese Kriterien gar nicht ein.
Unterschätzte Gefahr: Pestizide
Die Pestizidfreiheit von Bio-Lebensmitteln wird gelobt, aber in der Bewertung nicht entsprechend honoriert. 75 Prozent der getesteten Bioprodukte waren ohne Befund, während das nur auf 16 Prozent der konventionellen zutrifft. Dieses Ergebnis relativieren die Warentester mit dem Hinweis, dass „nur“ neun Prozent der konventionellen die gesetzliche Höchstmenge nicht einhielten.
Aus Sicht der Verbraucher ist gerade dieser Befund alarmierend: Denn er bedeutet, dass jedes zehnte konventionelle Lebensmittel mehr Pestizide enthält, als der Gesetzgeber erlaubt und damit die Gesundheit der Verbraucher schädigen kann. Außerdem wurden in den letzten Jahren viele Höchstmengen im Zuge der „EU-Harmonisierung“ angehoben, so dass inzwischen höhere Rückstände toleriert werden.
Mehrfachbelastungen werden nicht erfasst
Die Konzentration auf die Höchstmenge versperrt beim Test den Blick auf die zahlreichen Mehrfachbelastungen mit Pestiziden im konventionellen Handel. Denn dabei bleibt zwar jedes einzelne Pestizid unter dem Grenzwert, Gesamtmenge und Kombination sind jedoch bedenklich.
Weitere Forschung ist notwendig, aber die bisherigen Ergebnisse weisen auf gesundheitsschädliche Wechselwirkungen im menschlichen Körper hin. So können Stoffe, die einzeln harmlos sind, in derselben Konzentration in einer Wirkstoffmischung giftig wirken. Bei der Festlegung von Grenzwerten für Lebensmittel werden Kombinationswirkungen bisher nicht berücksichtigt und somit auch nicht von der Stiftung Warentest.
Stiftung berücksichtigt Vorteile nicht
Insgesamt berichtet die Stiftung Warentest differenzierter als in früheren Tests. Erfreulich ist zum Beispiel, dass der ökologische und soziale Zusatznutzen von Bio-Produkten ausführlich beschrieben wird, ebenso die gewollten Unterschiede, die sich aus den Herstellungsbedingungen für Bio-Produkte ergeben, zu denen schonende Verarbeitungsprozesse, mehr Handarbeit und sorgfältige Auswahl von Rohstoffen gehören. Künftig sollte dies jedoch auch Niederschlag in den Test-Ergebnissen finden.
Die Naturkostbranche steht für eine umfassende, ganzheitliche Produktqualität und für eine
nachhaltige Wirtschaftsweise. Der Biolandbau trägt zum Schutz von Mensch und Umwelt bei. Der BNN Herstellung und Handel und seine Mitgliedsunternehmen fordern daher Testkriterien, die die gesamte Kette der Lebensmittelproduktion und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt betrachten.