Start / Ausgaben / BioPress 46 - Februar 2006 / Bio und regional im Duett

Bio und regional im Duett

Die neugegründete Bliesgau Molkerei im Saarland startete mit einer frischen Linie

Bio und Regionalität sind ein Erfolgsduo. Es funktioniert immer dann, wenn kleinere  Mengen in einem nahegelegenen Ballungszentrum vermarktet werden können. Im Saarland ist Ende vergangenen Jahres die Bliesgau Molkerei erfolgversprechend gestartet. Derzeit wird eine frische Linie in einer Hofmolkerei  hergestellt. Damit erfüllt  sie den Wunsch des Handels nach regionalen Bio-Milchprodukten.

Das Projekt erhält Förderung über den Verein „Vis à Vis– Stadt und Land: Nachbarn mit Zukunft“ im Rahmen des Programms „Regionen aktiv – Land gestaltet Zukunft“ des Bundes-Verbraucherministeriums und durch das saarländische Umweltministerium. Die Bio-Molkerei wurde mit rund 220.000 Euro unterstützt. Träger des Projektes ist der Bioland-Landesverband Rheinland-Pfalz/Saarland.
Der saarländische Umweltminister unterstützt das Molkerei-Projekt

Im Mai 2004 gründeten die fünf Bioland-Bauern Daniel Spinner aus Zweibrücken-Mittelbach, Werner Wack aus Ommersheim, Wolfgang Welsch aus Erfweiler-Ehlingen, Paul Kluth aus Malborn und Heinrich Reinhart aus Saarwellingen die Saarpfälzische Bio-Höfe GmbH mit Sitz in Mandelbachtal-Ommersheim im Bliesgau. Gesellschaftszweck ist der Bau und Betrieb einer neuen Bio-Molkerei auf dem Gelände des Bioland-Betriebes Eichelberger Hof in Ommersheim. Zusätzlich wird die Molkerei von Personen unterstützt, die eine stille Einlage gezeichnet haben.

Geschäftsführer ist Agraringenieur Brunhard Kehl. Diplom-Ingenieur Olrik Grundmann übernimmt die Betriebsleitung der Molkerei. Zunächst wird in der Bliesgau-Molkerei die Milch von zwei Bauern
verarbeitet. Mittelfristig sollen es fünf bis sechs Bio-Erzeuger sein, die hier jährlich 1,5 Millionen Kilo Milch  abliefern. Die Anlage hat eine maximale Kapazität von fünf Millionen Kilo, wie Betriebsleiter Grundmann mitteilt. Hierzu sind aber weitere Investitionen in die Ausrüstung nötig.

Eine unternehmerische Entscheidung

Im einem Festakt wurde die Molkerei im Oktober 2005 durch den saarländischen Umweltminister Stefan Mörsdorf, der das Projekt von Anfang an unterstützt hat, eröffnet. „Wir haben Wert darauf gelegt, dass es eine unternehmerische Entscheidung der Landwirte war, die ihr Geld investieren“, betonte der Minister. Nicht die Weltanschauung, sondern die Marktchancen müssten im Vordergrund der Überlegungen stehen. „Die Bio-Molkerei auf dem Eichelberger Hof ist eine Bereicherung für den saarländischen Lebensmittelmarkt“, erklärte Mörsdorf.
Geschäftsführer Brunhard Kehl (li.) und Betriebsleiter Olrick Grundmann

Im dicht besiedelten Saarland sieht Mörsdorf gute Chancen für eine regionale Vermarktung. Mit dem Saarbrücker Naturkost-Großhandel Gebrüder Franz und der „vorsichtigen Nachfrage von Globus und der Edeka Südwest“ sieht er die Distribution gewährleistet. Ein Vertreter des mittelständischen Filialisten Wasgau aus Pirmasens war zur Eröffnung erschienen. Interesse an authentischen Bio-Produkten ist also vorhanden. Das Saarland und die angrenzende Pfalz sind das Vertriebsgebiet. An einen Export nach Frankreich wird im Moment nicht gedacht. Großverbraucher und den LEH wird die Molkerei selbst beliefern: Wir planen eine eigene Tour“, erklärte Geschäftsführer Kehl.

In den vergangenen Jahren gab es im Saarland und im benachbarten Rheinland-Pfalz wohl Bauern, die Milch nach Bio-Richtlinien erzeugten, diese dann aber konventionell vermarkten mussten. Um hier Abhilfe zu schaffen, entwickelte der Bioland Landesverband Rheinland-Pfalz/Saarland seit Dezember 2002 ein Konzept für die Verarbeitung und den Absatz regionaler Bio-Milchprodukte. Detaillierte Analysen der Rahmenbedingungen und Möglichkeiten in den Bereichen Erfassung, Verarbeitung und Vertrieb ergaben, dass mit einer Anfangsmenge von 300.000 Kilo pro Jahr eine industrielle Verarbeitung nicht möglich ist. Selbst die erwartete Verdopplung der Menge innerhalb weniger Jahre eignet sich nicht für eine industrielle Produktion.

Handel zeigt Interesse

Die im Saarland und im angrenzenden Rheinland-Pfalz vorhandene Bio-Milch reicht jedoch aus, um daraus in einer eigenen, kleinen Molkerei Produkte herzustellen. Diese werden über den Naturkost- und Reformwarenhandel sowie in Hofläden und über Lieferdienste von Bio-Betrieben vermarktet. Außerdem sollen Großverbraucher wie Kindergärten, Schulen, Großküchen oder Bio-Bäckereien bedient werden. Der regionale Lebensmitteleinzelhandel wird ebenfalls beliefert werden Die Produkte tragen den Markennamen „Die Bliesgau Molkerei“, um die regionale Herkunft zu signalisieren.
Das Fernsehen interessiert sich für die Eröffnung der regionalen Bio-Molkerei

Geschäftsführer Kehl strebt einen Drittel Mix aus Großverbrauchern, Naturkosthandel und LEH an: „Dann haben wir eine stabile Vermarktungssituation.“ Die Bio-Erzeuger erhalten derzeit einen Cent/Liter zusätzlich auf den Milchpreis, den die ortsansässige Molkerei zahlt. Später sollen es sechs Cent Bio-Aufschlag werden. Etwa die Hälfte der Produktion wird nach der Kalkulation von Kehl als Frischmilch verkauft werden.

Und so läuft die Verarbeitung der Bio-Milch in der Bliesgau-Molkerei: Die Milch wird in den Rohmilchtank gepumpt. Von dort kommt sie in den Durchlauf-Pasteur, wo sie 15 - 30 Sekunden lang auf 72 bis 75 Grad erhitzt und anschließend auf sechs Grad heruntergekühlt wird. Danach wird die pasteurisierte Milch zu Frischmilch in Ein-Liter-Giebelverpackungen oder zehn Liter-Eimer abgefüllt oder über eine Rohrleitung zum Prozessbehälter gepumpt, wo sie zu Joghurt, Quark oder Frischkäse verarbeitet wird.

Eine Mager-Linie ist geplant

Für die Joghurtherstellung wird die Milch erhitzt und wieder abgekühlt. Dann werden die Joghurt-Kulturen beigemischt. Anschließend können Fruchtzubereitungen zugegeben werden. Angeboten werden die Geschmacksrichtungen Sauerkirsche, Vanille, Erdbeere und Heidelbeere. Zum Schluss werden der Fruchtjoghurt und Naturjoghurt in 150 Gramm-Becher beziehungsweise fünf Liter-Eimer für Großverbraucher abgefüllt. Der Naturjoghurt darüber hinaus auch in 500 Gramm-Becher.

Für Quark und Frischkäse wird die Milch mit Lab versetzt. Das Eiweiß gerinnt und es entstehen der Käsebruch und die Molke. Der Bruch wird im traditionellen „Sackverfahren“ hergestellt. Der Unterschied zwischen Quark und Frischkäse besteht darin, dass der Bruch bei Frischkäse länger abtropft. Dadurch ist hier der Trockensubstanzgehalt höher. Nach dem Abtropfen wird der vollfette Quark in 250 Gramm-Becher oder fünf Kilo-Eimer abgefüllt.

Dem Frischkäse können über eine Dosierpumpe Kräuter und Gewürze beigemischt werden. Danach wird er in 125 Gramm-Becher oder fünf Kilo-Eimer abgefüllt. Zur Wahl stehen Frischkäse Natur, Kräuter und Pfeffer.
Die Produkte der Bliesgau-Molkerei werden nach Bioland-Richtlinien hergestellt und haben einen naturbelassenen Fettgehalt von mindestens 3,7 Prozent. Für das Jahr 2006 ist geplant, in die Fettverarbeitung zu investieren, um das Sortiment zu erweitern. Produkte wie Mager-Milch, -Joghurt, -Quark und Buttermilch sollen dann das Angebot ergänzen. Der Hang der Verbraucher zu fettarm hält weiter an. Im GV-Bereich verlangt das Bäcker-Handwerk Magerquark. Aber auch vollfette Produkte wie Sahne und Creme Fraiche erweitern die Absatzmöglichkeiten. Zum Start wird die Molkerei von 1,5 Kräften betrieben, nach fünf Jahren soll der Betrieb 4,5 Arbeitsplätze anbieten.

Anton Großkinsky

 
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