Start / Ausgaben / BioPress 54 - Februar 2008 / Auf dem Weg zu Bio

Auf dem Weg zu Bio

Der lange ungerade Marsch des Alfred T. aus Waldenbuch

Wie er denn zu Bio gekommen sei, will bioPress von Alfred T. Ritter (Bild r.)wissen. "Auf einem langen, ungeraden Weg", antwortet der Vorsitzende der Geschäftsführung der Alfred Ritter GmbH. Mit Tschernobyl begann der Marsch zur Bio-Schokolade.

Der Mann mit dem schwarzen Lockenschopf erinnert sich genau: "Ich war auf einem Kongress in Osnabrück  und habe die Nachricht vom Atomunfall gehört". Zuerst habe es ihn nicht gejuckt. Es musste ja mal so kommen, hat er sich gedacht. Ist aber weit weg, geht ihn nichts an. Bis die Haselnüsse aus der Türkei für Ritter Sport kamen. Die waren radioaktiv verstrahlt. 1986 war das. "Dann habe ich mir Gedanken ge­macht", erzählt der Chef von Ritter Sport.

2008, rund 22 Jahre  später, mündeten die Überlegungen in vier Sorten Schokolade: biologisch, quadratisch, praktisch, gut, wie die konventionellen Markenartikel des Familienunternehmens aus dem schwäbischen Waldenbuch nahe der Landeshauptstadt Stuttgart. Wenn der Unternehmer Alfred Ritter denkt, endet der Prozess in einem Produkt. Die erste Auseinandersetzung mit dem The­ma Umwelt führte 1988 zur Gründung der Paradigma Energie- und Umwelttechnik. 

Natürlich kreisen die Gedanken auch um Trauben, Kakao, Mandeln, Nüsse und Milch. Schließlich verspricht die Familie ihren Kunden auf dem Quadrat "hohe Qualität unserer Schokolade". Pestizide, Fungizide, Herbizide auf dem Acker wecken Zweifel bei Alfred Ritter: "Unsere Landwirtschaft ist kontraproduktiv. Erst kommt Kunstdünger auf den Acker. Dann müssen wir das Trinkwasser reinigen. Chemie sollte eine kurze Episode bleiben."

Ritter auf dem langen Marsch zum Bio-Unternehmen? "Wir werden einen zweigeteilten Markt bekommen mit niedriger Qualität aus gentechnisch veränderten Rohstoffen und hoher Qualität aus Bio-Rohstoffen. Wenn man auf Ge­schmack achtet, landet man bei Bio", meint der Unternehmenslenker.

Bei der Bio-Schokolade haben sich die Entwickler viel Mühe gegeben, um einen vollen runden Geschmack zu erreichen. "Sie ist etwas anders ausgelegt als die konventionelle Sorten. Ganz besonders haben wir auf den zarten Schmelz geachtet", erzählt der Mann mit der runden Brille von der Entstehung der 65 Gramm-Tafeln, eine Gewichtsklasse, die den Bio-Produkten vorbehalten ist. Das Gewicht liegt in der Riegel-Klasse. Das Quadrat kann dann schon mal als Imbiss dienen, wo 100 Gramm für Frauen und 55 plus schon etwas zu viel sind. Mit 99 Cent bleiben sie unter der Euroschwelle. Ob der Geschmack der Kunden getroffen wurde, wird sich nach der Einführung im April zeigen.  

Vollmilch, Feinherb, Mandelsplitter, und Trauben Cashew heißen die vier Sorten. Der Kakao kommt aus einem eigenen Projekt in Nicaragua, aus Ecuador und aus Peru. Daraus entsteht eine Cuvee. "Wir setzen nie nur eine Kakao-Sorte ein", verrät er ein Geheimnis aus der Qualitätsstrategie.

Kakao gilt auch als gesund. Ritter schüttelt den Kopf, ein doppeltes nein kommt aus seinem Mund: "So darf man nicht argumentieren. Schokolade ist ein Genuss."

Der Zucker kommt wie die Milch aus Deutschland. Die Schwaben setzen auf Raffinade. Der schmeckt den Ritter-Leuten in der Schokolade besser. Die Cashewkerne kommen aus Tansania, Trauben und Mandeln aus den USA. Im kleinen Waldenbuch versammelt sich die weite Welt. 

Natürlich denkt ein Alfred Ritter auch beim Verpacken an Ökologie. Polypropylen heißt die Folie, die Aluminium überflüssig macht, sich recyclen lässt, giftfrei verbrennt und Gewicht spart. "Wir haben das Verpackungsgewicht von 4,5 Gramm auf  1,4 Gramm ge­drückt", sagt der Ökomanager des Jahres 1997. Das spart gleich mal 1.000 Tonnen Material pro Jahr.

Anton Großkinsky

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