Italien
Immer mehr Bio-Anhänger in Italien
Hohe einstellige Wachstumsraten bringen den Binnenmarkt langsam in Schwung
Bio-Produkte finden in Italien immer mehr Anhänger. Die Menschen wollen garantierte Qualität beim Essen. Im ersten Halbjahr 2007 wurden neun Prozent mehr biologische Produkte als im Vorjahr abgesetzt. Dies meldete die "Aiab", Verband der italienischen biologischen Landwirtschaft. Rund 300 Millionen Euro setzte der LEH 2006 mit Bio um. Der Bio Boom erfasst langsam auch Italien, in Deutschland waren es 2001 auch erst 360 Millionen LEH-Bioumsatz.
Der "Bio-Sonntag" am 7. Oktober 2007 in mehr als 50 Städten Italiens, von Bari bis Florenz; von Genua bis Cagliari, zog Zig-Tausende von Verbrauchern an. Das zeigt die starke Hinwendung der Verbraucher zu Bio-Artikeln. 53 Prozent der Bevölkerung hat gelegentlich Bio-Produkte in den Einkaufstaschen, wenn auch total nur 2,3 Prozent des Lebensmittelumsatzes mit Bio gemacht wird.
Die Unternehmensberatung Coldiretti schätzt den Bio-Umsatz auf 2,5 Milliarden Euro. Bei einem Exportvolumen von 700 Millionen Euro werden im Binnenmarkt 1,8 Milliarden Euro umgesetzt, davon rund 300 Millionen Euro im LEH. Die Kategorien mit dem höchsten Absatz sind Milchprodukte, Obst und Gemüse, Kekse und Snacks. 2007 hatten Bio-Produkte für Klein-Kinder (+47 Prozent), Reis und Pasta (+16 Prozent) die höchsten Steigerungsraten zu verzeichnen.
Von 2005 auf 2006 wurde eine Zunahme der Bio-Anbauflächen um 7,6 Prozent und der Bio-Hersteller um 2,4 Prozent registriert. Italien ist mit mehr als einer Million Hektar Bio-Anbaufläche führend in Europa und steht an fünfter Stelle der Welt nach Australien (2005: 11'800'000 ha), Argentinien (2005: 2'339'690 ha), China (2005: 2'300'000 ha) und USA (2005: 1'620'351 ha). 50.000 Bio-Unternehmen sind registriert, davon 45.000 landwirtschaftliche Betriebe und 5.000 Verarbeiter.
Der Bioverbrauch im LEH hat sich im zweiten Quartal 2006 auf 72,6 Millionen Euro gesteigert mit einem Zuwachs von 6,4 Prozent, im Vergleich zum zweiten Quartal 2005. Das gibt hochgerechnet auf das Jahr rund 290 Millionen Euro Bio-Umsatz im Handel. Im zweiten Quartal 2006 hat sich der Preisunterschied von Bio zu herkömmlichen Produkten weiter reduziert, und sich bei zirka 24 Prozent stabilisiert.
Nicht alle italienischen Bioprodukte genießen im Ausland das höchste Vertrauen, wie aus einem Interview mit Prof. Alessandro Ragazzoni von der landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Bologna hervorgeht. Durch einen Ministerialerlass vom Februar 2007 sind Kontrolleinrichtungen reorganisiert worden, um die Integrität der Bio-Produkte zu gewährleisten.
Der Sektor Bio-Fischzucht in Süß- und Meerwasser wird aktuell erweitert. Vor Sardinien und der Adria wird immer mehr Aquakultur betrieben. In Italien ist es allerdings schwierig in Supermärkten und Fischgeschäften Bio-Meeresfisch zu finden. Somit ist anzunehmen, dass die Fische hauptsächlich regional konsumiert werden.
Die Emilia-Romagna im Norden des Landes ist nach einem Report der Bio Bank 2007 und der italienische Zeitschrift "Tutto Bio" die führende Bio-Region. Dort sind die meisten Verarbeiter zuhause, während die landwirtschaftlichen Erzeuger überwiegend im Süden des Landes sitzen. Sizilien hat die höchste Anzahl der landwirtschaftlichen Bio-Betriebe. Nach dem Report der Bio-Bank hat die Zahl der Verkaufstellen aller Vertriebsschienen im Berichtszeitraum von 2004 bis 2006 kräftig zugenommen.
Die Zahl der Fachgeschäfte wuchs um sechs Prozent. Es wurden 1.094 Verkaufsstellen gegen 1.030 in 2004 gezählt. Den ersten Platz hält die Lombardei (174), gefolgt von Venetien (146) und Piemont (140), alle mit leichtem Zuwachs. Stabil ist die Emilia Romagna mit 110 Geschäften.
Bei der Zahl der Einkaufsgemeinschaften gab es ein Plus von 97 Prozent. Im Vergleich zu 146 in 2004 war mit 288 in 2006 ein starker Anstieg zu verzeichnen. Die Lombardei führt mit 81 Verbraucher-Gruppen, gefolgt von Piemont (42), beide im starken Wachsen. Dann die Toskana, bescheiden mit 32, Venetien (28) und Emilia Romagna (27), mit positivem Trend.
Die Zahl der Betriebe mit Direkt-Verkauf stieg im Berichtszeitraum um zwölf Prozent. Im Vergleich zu 1.184 in 2004, wurden 1.324 Direktvermarkter in 2006 registriert. In diesem Sektor hält die Toskana mit 207 Unternehmern den ersten Platz, gefolgt von Emilia-Romagna mit 203 Stellen im starken Zuwachs. Es folgt der Piemont, mit 91 Punkten und Venetien mit 88. Interessant ist der Trend in Sizilien, wo es einen Anstieg gab von 64 Unternehmen in 2004 auf 86 in 2006.
Die Zahl der Wochenmärkte mit Bio-Angeboten wuchs um elf Prozent von 174 in 2004 auf 193 registrierte Bio-Wochenmärkte 2006. Die Lombardei führt mit 38 Verkaufs-Punkten; es folgen Venetien (29) und die Emilia Romagna (23), Ziffern die in diesen drei Regionen im Moment stabil sind. An vierter Stelle steht die Toskana mit rückläufigem Trend.
Auffallend ist die fünfte Position der Region Campania die von zwei Märkten in 2004 auf zehn in 2006 angestiegen ist.
Bei der Schulverpflegung war eine Steigerung um acht Prozent zu verzeichnen. 658 Bio-Schulküchen gab es 2006 gegenüber 608 in 2004. An erster Stelle steht seit elf Jahren die Emilia-Romagna mit 127. Es folgt die Lombardei (111) im stetigen Wachstum, dann die Toskana mit stabilen 80, wie auch Venetien (72) und Region Friaul (68).
Bei der Zahl der Restaurants war ein Rückgang um drei Prozent festzustellen. 2006 wurden 177 Bio-Gaststätten registriert im Vergleich zu 182 in 2004. Die Emilia Romagna bleibt führend mit 32 Lokalen. An zweiter Stelle steht die Lombardei (30), mit leichtem Rückgang. Stabil die Marche (24), während die Toskana (17), leicht zurückfällt. Dagegen wächst Venetien langsam mit 14 Bio-Restaurants.
79 neue Internet-Plattformen für den Bio-Handel wurden 2006 gezählt. Mit Apulien steht eine Region des Südens mit 14 Web-Shops, hauptsächlich für Bio-Öl, an der Spitze. Auf dem zweiten Platz folgt mit elf Shops die Emilia-Romagna, dann Latium mit sieben. Danach kommen mit sechs die Lombardei und Umbrien.
Der Agritourismus ist um neun Prozent gewachsen. Im Jahr 2004 waren es 772 Betriebe, 2006 ist die Zahl auf 839 Betriebe mit Bio-Angeboten gestiegen. Wie immer übertrifft die Toskana mit 191 Agritourismus-Unternehmen die anderen Regionen. Einen Sprung nach vorne machte hingegen die Emilia-Romagna mit 102 Bio-Agriturismus-Unternehmen. Es folgen Umbrien (63), Marche (58) und Lombardei (42), alle mit bescheidenem Zuwachs. Früher war der "Agriturismo" Ferien auf dem Bauernhof. Heute befinden sich viele Unterkünfte in restaurierten alten Landgütern, deren Besitzer die Vermietung hauptberuflich betreiben. Gekocht wird immer mit biologischen regionalen Zutaten.
Laut Aiab Präsident Andrea Ferrante, sollten diese Daten ein Anreiz für die italienische Regierung sein, Mittel für die Bio-Branche freizugeben: "Nach dem Motto: Bio ist gesund und schmeckt, sollte jetzt auch die italienische Regierung Partei ergreifen".
Yasmine Ravaglia