Markant schärft Bio-Profil
Eigenmarke stärkt die Handelskooperation im Wettbewerb mit dem Discount
Schauplatz des 91. Markant-Forums war das Kongresszentrum der einstigen badischen Residenzstadt Karlsruhe. Die Kooperation, die dem mittelständischen Handel zentrale Dienste anbietet, hat beim Herbsttermin das hochaktuelle Thema in den Mittelpunkt gestellt: biologisch erzeugte Lebensmittel. Von 212 Ausstellern hatten 60 Bio-Produkte im Gepäck. Die Stände mit Bio-Angeboten waren in die Ausstellung integriert und durch ein Schild gekennzeichnet. Vorgestellt wurde auch die neue Bio-Eigenmarke.
Das Markant-Handelsforum im Karlsruher Kongresszentrum setzte den Schwerpunkt beim "Biosortiment und Naturkosmetik". Zahlreiche Bio-Hersteller folgten dem Ruf. Sie haben erkannt, was Zukunft hat. Überwiegend waren es Markenartikler mit Bio-Range, die ausstellten. Die traditionellen Bio-Hersteller haben nach wie vor Berührungsängste mit dem LEH als inzwischen wichtigsten Vertriebskanal für Bio-Produkte.
Der Herbsttermin der Handelskooperation gilt bei den Ausstellern eher als schwächer gegenüber dem Frühjahrsforum, weil die Lebensmittelfilialisten in den Jahresgesprächen stecken und nicht auf der Jagd nach neuen Sortimenten sind. Das Kaufland trifft sich hier mit Lieferanten in den eigens eingerichteten Besprechungsräumen. Hinter den Kulissen spielte sich mehr ab als in der Ausstellung. Für zahlreiche Lieferanten der Markant-Partner ist diese Hausmesse ein Pflichttermin für die Repräsentation und Kundenpflege.
Bio-Eigenmarke mit 27 Artikeln
Die Markant selbst stellte ihre Bio-Handelsmarke im Preiseinstieg vor. Sie soll den mittelständischen Mitgliedern helfen, sich in der Bio-Konkurrenz gegen über den Discountern zu behaupten. Die Mitglieder selbst haben nicht die Stärke, eine eigene Einstiegsrange zu lancieren. Branchenführer Edeka hat mit der von Rila gelieferten "Bio"-Eigenmarke den Niedrigpreis bereits erfolgreich besetzt.
Bisher hatte die Markant in den Handelsmarken Bio-Produkte integriert, zum Beispiel bei Ap'ti Teigwaren und Rio-Bravo Tomatenprodukten. Jetzt kommen Grundnahrungsmittel in einfacher Ausstattung mit einem einheitlichen Gesicht, die preiswert, also den Preis wert sind. Die Preisdifferenzierung hat auch bei Bio eingesetzt.
"Wir haben ein Bio-Sortiment im Preiseinstieg als Ergänzung zu den Markenartikeln entworfen", legte der zuständige Geschäftsführer Adrian dar. 27 Artikel wurden bereits entwickelt. Weitere werden folgen. 60 bis 80 Schnelldreher könnten es werden. Es handelt sich im wesentlichen um Grundnahrungsmittel wie H-Milch, Säfte und Reiswaffeln und Ergänzungen wie Ketchup.
"Die Produkte werden angenommen. Unsere Mitglieder sind begeistert", berichtet Adrian. Die Discounter haben Bio angeheizt und salonfähig gemacht. "Bio muss nicht teuer sein und wird nicht nur von überzeugten Müsli-Essern gekauft", meint Adrian. Bio sei inzwischen ein Lebensgefühl, in dem der Wunsch nach Natürlichkeit und Ganzheitlichkeit ausgedrückt werde. "Bio ist für viele eine Vision", meint der Eigenmarken-Manager.
"Bereits vor sechs Jahren haben wir hier eine Bio-Ausstellung gemacht. Da waren wir zu früh und der Zeit weit voraus", analysiert der Hauptbereichsleiter Food, Reinhold Wortmann. Aber jetzt ist die Zeit reif.
Der LEH vermarktet Bio inzwischen erfolgreich. "Wir können die Listung allerdings nicht beeinflussen. Wir zeigen unseren Partner die Möglichkeiten auf, die es gibt. Wir können nur informieren und Wissen vermitteln", erklärt der Bereichsleiter Kommunikation, Bernhard Delakowitz.
Die Verantwortlichen hätten gerne mehr klassische Bio-Hersteller in der Kongresshalle gehabt. "Die Naturkosthersteller sind sehr selektiv, was den Vertrieb angeht. Bei der Markant gibt es hervorragend geeignete Vertriebsschienen. Aber da bestehen noch Dogmen, die beseitigt werden müssen. Die Bio-Hersteller verschenken hier Umsätze. Unter unseren Partnern sind rund 20, die den Markt bewegen können", erklärte Verkaufsleiter Carsten Weithe. Der Appell des Handels ist unüberhörbar.
Vollgas geben bei Bio
"Bio ist kein Randthema mehr. Es ist nicht mehr die Frage, Bio ja oder nein, sondern wie setze ich Bio um. Jetzt muss jeder Gas geben", meinte Kommunikationschef Delakowitz.
Er siedelt Bio bei Gesundheit an. Die Krankenkassen-Beiträge steigen bei immer größerer Eigenleistung. Krank sein kann zum teuren Luxus werden. "Wer kann sich aber eine Gesundheitsberatung leisten?" fragt Delakowitz. Der Handel hat die Möglichkeit, das Thema zu übernehmen. Nach der Fresswelle und Übergewicht ist heute und in Zukunft bewusste Ernährung angesagt.
Die Markant kann ihren Mitgliedern hier Dienstleistungen im Warengeschäft und der Informationstechnik anbieten. Auswertungen bei Bio-Produkten sind im Handel noch nicht durchgängig üblich. Da sind noch Potenziale vorhanden für die Handelsunternehmen, um die Bio-Sortimente zu optimieren.
Im Warengeschäft hat jeder Partner einen Lieferanten-Ordner mit Ansprechpartnern bekommen. Auf der Ausstellung waren alle Stände mit Bio-Artikeln mit einem Schild gekennzeichnet. Im Neuheiten-Forum war auch zu sehen, was die Industriemarken an neuen Bio-Produkten im Gepäck hatten. "Wir haben alles mundgerecht vorbereitet", betonte Prokurist Wortmann.
Die Bio-Information spielte sich im direkten Gespräch mit den Ausstellern ab. Ein Rahmenprogramm mit Vorträgen über Bio gab es nicht: "Referate hatten wir schon in der Vergangenheit. Das wollten die Leute aber nicht haben. Deshalb haben wir sie gestrichen". Beim Buffet konnte Bio verkostet werden. Bio Gourmet und D'Angelo aus Saarwellingen hatten einen Probierstand aufgestellt; die Deutsche See aus Bremerhaven ebenfalls. Allerdings musste dort durch Nachfrage ermittelt werden, was Bio und was nicht Bio war. Ruwisch & Zuck steuerte Bio-Käsespezialitäten bei, die Werbung für das Sortiment machten.
Die Markant muss für ihre Mitglieder Sortimente gestalten, Info- und Werbematerial erarbeiten, um Bio am POS wahrnehmbar zu machen vom Drogeriemarkt bis zu intelligenten Kleinflächen und Bäckereien. Dabei ist Bio aktuell ein Nachfragemarkt. Für den klassischen Handel ist das eine durchaus neue Situation. Einige Bio-Hersteller beim Markant-Forum machten deutlich, dass es 2008 Preiserhöhungen geben werde.
Bio-Marken mit Konzept
Mehr als 60 Aussteller präsentierten den Markant Partnern ihre Bio-Produkte. Die Industriemarken haben ihre Hausaufgaben gemacht und bieten teilweise überzeugende Konzepte, wo früher Alibi-Produkte gemacht wurden.
Birkel setzt bei seinen Bio-Teigwaren mit einer kompostierbaren Verpackung auf Ökologie. Kompostierbare Verpackungen werden bisher selten und wenn in der Frische eingesetzt. Hier hat Birkel einen Vorsprung vor den meisten reinen Bio-Herstellern. Bei Produkten mir langer Haltbarkeit setzen die Hersteller auf die traditionellen Materialien.
Zabler aus Bruchsal fährt auf der Schiene des Ernährungsbewusstseins und Gesundheitsnutzens. Paradiso Bio ist eifrei und damit für Veganer geeignet und solche, die über einen zu hohen Cholesterinspiegel zu klagen haben. Gleichzeitig wird mit italienischen Ausformungen der mediterrane Esstrend bedient. Die konventionelle Hochzeitsnudel ist dagegen traditionell mit Ei. Da werden nicht einfach nur konventionelle Produkte in Bio nachgebaut, sondern Verbraucherbedürfnisse erfüllt.
Andreas Meyer von Ecofinia präsentierte die Björnsted Tafelschokolade mit gedämpfter Erwartung, weil die Logistik nach wie vor ein Vertriebshindernis ist. Nur Schokolade eines Herstellers auf Strecke macht für Handel wie Hersteller nicht viel Sinn. Da muss eine Bündelung über einen Bio-Systemlieferanten erfolgen.
Die Deutsche See war nur mit dem Bio-Sortiment präsent. Das ist inzwischen zu einem Komplett-Sortiment geworden mit Frischfisch, Räucherware, Feinkost-Salaten und TK. Eine Bio-Fischtheke ist inzwischen möglich. "Die Nachfrage ist größer als das Angebot", zeigte sich die Standbesetzung zufrieden.
Mit Bio-Sekt anstoßen
Die Sektkellerei Herres kommt 2008 mit einem Bio-Sekt und freute sich über das Interesse in Karlsruhe. Auch Ulrich Hort Verkaufsleiter beim Bio-Neuling MP Tiefkühlkost war guter Dinge: "Unsere Produkte passen in die Zeit". Der Frisch-Teigwaren-Anbieter Hilcona war mit seiner Bio-Range vertreten. Die ersten fünf Produkte haben eingeschlagen. Die Markant-Mitglieder sahen die erweiterte Bio-Range mit neuen Ausformungen und zwei Nudelsaucen.
Dirk Ruwisch, Mitinhaber von Ruwisch & Zuck, ist der Einladung zur Markant gerne gefolgt. Hier hat er Zeit für intensive Gespräche. Die Käsespezialisten sind mit Markant-Kunden, zum Beispiel Kaisers-Tengelmann, im Geschäft.
Port International, Fruchtimporteur aus Hamburg, empfahl sich als Lieferant für Übersee-Ware. Geschäftsführer Mike Port war persönlich nach Karlsruhe gekommen. Die mittelständischen Lebensmittelfilialisten betreiben in der Regel kein eigenes Fruchtkontor und brauchen Partner. Mit der Golden Bio Banane haben die Hanseaten in den vergangenen beiden Jahren viel Erfolg gehabt.
Christinen-Brunnen wartete mit zwei Bio-Eistees für den LEH auf, ein noch wenig verbreitetes Produkt in Bio-Qualität. Vertriebsdirekor Robert Remmert bekam in Karlsruhe positive Resonanz und steht mit dem Produkt in Listungsgesprächen. "Aus unserer Sicht war das Markant-Forum lohnend. Wir sind bei vielen im Sortiment", äußerte sich Gepa-Vertriebsleiter Rolf Bierhance zufrieden. Das Fairhandelshaus beliefert unter anderem Kaufland, Tengelmann, Bünting und Bartels-Langness. Für die Gepa hat das Forum gezeigt, dass Bio in der Mitte angekommen ist und nicht mehr das fünfte Rad am Wagen ist.
Anton Großkinsky