Start / Ausgaben / BioPress 45 - November 2005 / Erste Bio-Milch nach US-Standardin Europa

Erste Bio-Milch nach US-Standardin Europa

Milchprodukte, die die strengen Bio-Normen der USA erfüllen und garantieren, dass die Kühe nicht mit Antibiotika behandelt wurden, bietet erstmals in der EU die Gläserne Meierei aus Rostock an. Die innovative Leistung der Gläsernen Molkerei mit ihren Geschäftsführern Hubert Böhmann und Michael Müller sowie der Projektverantwortlichen Christina Schierding wird vor dem Hintergrund unterschiedlicher Anforderungen an Bio-Produkte in Europa und den USA deutlich. Die EU-Öko-Verordnung erlaubt die Medikation der Tiere mit Antibiotika. Vorgeschrieben sind doppelt so lange Wartezeiten wie im herkömmlichen Bereich, ehe die Milch einer behandelten Kuh wieder verkauft werden darf. Schätzungen gehen von zehn Prozent Verlust bei den Milchmengen aus.

Das National Organic Program (NOP) der USA schreibt jedoch jeglichen Verzicht auf Antibiotika und den Einsatz von 100-prozentigem Futter nach NOP-Kriterien vor, soll ein Produkt das „Organic" -Label tragen. Wenn ein deutscher Hersteller seine Waren in den USA als Bio verkaufen will, muss auch er die NOP-Kriterien erfüllen. Innerhalb der EU gab es keine entsprechenden Milchanbieter, daher wurden 50 Millionen Liter jährlich aus den USA importiert.

Die Gläserne Meierei verringert diesen transatlantischen Rohstoff-Tourismus: Als erste Molkerei in der Europäischen Union verarbeitet sie Milch nach den amerikanischen Vorgaben. Auf den Einsatz von Antibiotika, z.B. zur Behandlung der häufig vorkommenden Euterentzündung kann durch vorbeugende Maßnahmen verzichtet werden: Stressfreie Haltungsbedingungen und konsequentes Ausmelken der Kühe reduzieren das Risiko der Infektion drastisch, ebenso der Einsatz weniger krankheitsanfälligeren, alter Rinderrassen. Einzelfälle von Mastitis werden mit homöopathischen Mitteln behandelt. Ein höherer Literpreis für die Einhaltung der schärferen NOP-Kriterien motiviert etwa 70 Bio-Landwirte, die die Gläserne Meierei beliefern.

Mit der deutschen NOP-Milch entfällt für die weiterverarbeitenden Betriebe nicht nur der bisher teure Transportweg der Rohstoffe, sondern auch die langen Lieferzeiten. Das Angebot der Berliner macht somit die Weiterverarbeitung kostengünstiger und die Produktion von Bio-Ware für Übersee attraktiver. Auch wird der Milchmarkt in Deutschland entlastet. Inzwischen steht ein Kontingent von fünf Millionen Liter NOP-Milch jährlich zur Verfügung. Für die Zukunft werden 15 Millionen Liter angepeilt.

Die Meierei stellt Milchpulver, Magermilch, Butter und Sahne in amerikanischer Bio-Qualität her und beliefert namhafte Bio-Hersteller. Etwa 60 Prozent ihres Gesamtumsatzes erzielt die Gläserne Meierei durch das Geschäft mit Weiterverarbeitern, zum Beispiel im Bereich der Babynahrung.Bereits Anfang dieses Jahres hatte die Gläserne Meierei die länger haltbare ESL-Extended Shelf Life (ESL)-Bio-Milch auf den Markt gebracht.

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