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Leuchtturm für Bio-Obst und Gemüse

Edeka Kirchner in Alzenau führt die beste Bio Obst- und Gemüseabteilung

Edeka-Kaufmann Heinrich Kirchner aus Alzenau/Unterfranken hat eine der besten Bio Obst- und Gemüseabteilung in Deutschland. Das gilt über alle Vertriebskanäle hinweg und wurde bereits viermal mit dem deutschen Fruchthandelspreis honoriert. Der Erfolg ist nicht dem Standort zu verdanken, sondern  dem Engagement des Selbstständigen Einzelhändlers. Richtig betrieben funktioniert Bio O+G im klassischen LEH trotz höherer Preise.

„Bio hat sich zum Mittelpunkt der Obst- und Gemüse-Abteilung  entwickelt“, sagte Heinrich Kirchner. Obst und Gemüse ist in dem Markt in Alzenau die Visitenkarte. Auf einem 200 Quadratmeter großen Marktplatz ist Bio angeordnet. Jeder sieht es, keiner kommt daran vorbei, wenn er den 3.000 Quadratmeter großen Markt betritt. Der Bio-Aufbau ist mächtig und wird durch Tafeln zusätzlich optisch verstärkt. „Am Anfang des Kundenlaufs steht Bio. Wir zeigen das Beste zuerst“, sagt der Lebensmittelkaufmann.

150 bis 200 Obst- und Gemüse-Artikel sind in Bio je nach Saison vorhanden. Das Edeka Fruchtkontor kann diese Vielfalt allein nicht liefern. Der regionale Großhändler Mibusa aus Rosbach ist ein zusätzlicher Großhändler, der für Tiefe im Sortiment sorgt. Einige regionale Direktlieferanten kommen dazu: So der Dottenfelder Hof, Ackerlei, der Magerhof und der Obsthof Höfler aus Alzenau.

2005 eröffnete Heinrich Kirchner mit seiner Frau Anne Marguerita als Geschäftsführerin den Markt. Seitdem ist Bio O+G in der Aufwärtsentwicklung. „Der starke Regionalitätstrend hat Bio nicht ausgebremst. Bio ist verknüpft mit regional, und die Verbraucher sehen Bio als synonym für nah. Der Verbraucher akzeptiert aber Bio-Ingwer aus China und will den Bio-Apfel vom Bodensee“, erläutert der Kaufmann.

Kirchner steht zu Verbandsware

Kirchner selbst bevorzugt Verbandsware. Es gehört zum Konzept, Bioland und Demeter auszuloben: „Verbandsware ist mir lieber, obwohl ich nicht alles mittrage, was die Verbände wollen.“ Bei Demeter schätzt der Kaufmann besonders, dass keine Enthornung zugelassen ist bei den Rindern: „Das tut über den Bio-Gedanken hinaus auch der Schöpfung gut.“

Die Obst- und Gemüseabteilung von Kirchner wurde jahrelang von Matthias Reuter geführt. Der Experte hat Ende vergangenen Jahres zu San Lucar gewechselt. Die Abteilung hat bisher das Niveau gehalten. „Herr Reuter hat gute Mitarbeiter hinterlassen“, lobt Inhaber Kirchner. 15 Mitarbeiter hat allein die Obst- und Gemüseabteilung. Eine Top-Abteilung verschlingt Personal-Ressourcen.

Mit Christina Vogt gibt es eine Bio-Verantwortliche in der Abteilung. Ein grünes Polo-Hemd mit Bio Unsere Heimat-Aufdruck signalisiert dem Kunden: Hier wird mir geholfen. „Die Kunden sind dankbar, wenn sie fragen können“, hat sie festgestellt.

Seit 2008 arbeitet sie in dem Supermarkt. „Bio-Ware verdirbt schneller und braucht deshalb mehr Pflege“, berichtet sie aus der Praxis. Oberflächenbehandlung ist bei Bio nicht erlaubt. So bildet sich Schimmel früher als im Konventionellen Angebot. Vogt hat auch reine Bio-Kunden: „Die Hälfte kauft nur Bio Obst und Gemüse.“ Pastinaken, violette Möhren, Kürbisse und Süßkartoffeln sind typische Bio-Produkte, die herkömmlich weniger gefragt sind.

Der Markt in Alzenau hat sich vier Mal um den deutschen Fruchtpreis beworben und viermal gewonnen. „Präsentation, Qualität des Personals, Bio und regional spielen beim Fruchtpreis eine Rolle. Wir nehmen nicht teil, um die Abteilung kurzfristig zu pushen. Wir wollen neue Wege zeigen“, erklärt er. Ein neuer Weg war die  offensive Vermarktung von Bio.

Bio-Affinität muss vorhanden sein

Der Kaufmann hat damit Akzente gesetzt  und Nachahmer gefunden. „Herr Reuter hat sich immer geärgert, wenn andere etwas nachgemacht haben. Ich sage, jeder, der hochwertig vermarktet, trägt zum positiven Niveau im Supermarkt bei. Allerdings glaubt Kirchner nicht, dass seine Bio Obst- und –Gemüse-Abteilung so einfach zu kopieren ist: „Dazu müssen sie eine Affinität haben, sonst wird es nichts.“

Die ist in Alzenau vorhanden. In der Vermarktungspyramide steht bei Kirchner Bio ganz oben, dann kommt regional, gefolgt von der Premium-Marke San Lucar und darunter kommt der Ablader, also die Massenware im Preiseinstieg. „Wir machen 50 Prozent des Umsatzes mit Premium“, gibt Kirchner bekannt, also mit Bio, regional und San Lucar.

Dabei verfügt Alzenau nicht über hohe Kaufkraft. Das 15.000-Einwohner-Städtchen ist nicht so bio-affin wie gewisse Frankfurter Stadtteile. „Wir überzeugen die Kunden, dass es Gutes und weniger Gutes gibt“, erklärt der Kaufmann. 15 Prozent trägt das O+G zum Umsatz des Marktes bei. Der Bio-Anteil beim grünen Sortiment liegt knapp unter 20 Prozent.

Bio braucht Vielfalt

Das Geheimnis des Erfolgs liegt in der Beratung, sorgfältigen Pflege und in der Sortimentsvielfalt. „Wir nehmen die Kunden an die Hand. Ansonsten gilt: Ein großer Aufbau verkauft mehr. Wenn Bio aussieht wie ein Rest, kauft es keiner“, verrät Kirchner.

Volker Staab leitet die O+G-Abteilung bei Edeka Kirchner. „Wir versuchen, den Leuten Bio näher zu bringen“, sagt er. Acht Apfelsorten werden den Kunden angeboten. Tropische Früchte wie Mango, Ananas, Papaya und Avocado sind vorhanden. Der Schnelldreher Banane hat natürlich ein großen Aufbau. Zitrus-Früchte werden Anfang des Jahres viel verkauft. Convenience und Exoten funktionieren in Bio an diesem Standort nicht.

Mit geschnittenen Salaten hat es der Markt vier Monate versucht und dann wieder aufgegeben. „Exoten wie Apfelbananen hatten wir auch schon da, aber da werfen wir viel weg“, berichtet Staab.

Kartoffeln gibt es in verschiedenen Abpackungen und Sorten. „Die regionale Kürbissaison war ein Wahnsinn“, berichtet er. Der Edeka-Markt verkauft ein Drittel der Produktion des Obsthofes Höfler aus Alzenau. Auswahl und Fülle sind beeindruckend. „Wir verkaufen viel Bio. Sonst hätten wir das Sortiment nicht“, macht Kirchner deutlich.

Anton Großkinsky

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