Bio in der Kleinstadt
Der SEH übernimmt in Engen die Funktion des Naturkosthandels
Naturkost-Großhändler beliefert Edeka-Supermarkt ohne ein Shop in Shop-System damit zu verbinden. Das gibt es nicht? Gibt es doch. Und zwar in Engen im Kreis Konstanz. Der regionale Großhändler Bodan versorgt den Selbstständigen Einzelhändler Holzky mit 1.100 Artikeln aus kontrolliert biologischem Anbau. Im Umkreis von zwölf Kilometern gibt es keinen Bio-Laden. 
Der E-Neukauf hat die Rolle für das Städtchen mit 8.000 Einwohnern übernommen. 100 weitere Bio-Produkte anderer Lieferanten kommen dazu, so dass auf den 888 Quadratmetern 1.200 Artikel aus kontrolliert biologischem Anbau stehen. 15.000 Produkte umfasst das gesamte Sortiment des Edekaners. Für den Kaufmann Holzky macht das Sinn: „Wir entfernen uns damit vom Discount“. Besser, breiter, tiefer ist sein Leitspruch.
Am Stadtrand von Engen gut erreichbar mit dem Auto umgeben von 48 Parkplätzen liegt der E-Neukauf mit 888 Quadratmeter Verkaufsfläche, die täglich im Schnitt von 900 Käufern frequentiert wird. Betrieben wird der Supermarkt von dem selbständigen Einzelhändler Claus Holzky. Der Edekaner ist einziger Vollsortimenter in der Kleinstadt im Landkreis Konstanz. Konkurrenz machen ihm die Discounter Plus, Penny, Aldi und Lidl. „Der Wettbewerb ist schärfer geworden“, konstatiert er.
Ein Naturkostladen existiert in Engen mit seinen 8.000 Einwohnern in der Kernstadt und den 4.000 der eingemeindeten Ortschaften nicht. Dafür ist das Städtchen zu klein. Diese Funktion nimmt der Lebensmittel-Kaufmann mit seinem Markt wahr.
Man sieht es ihm an, er hat Spaß an seinen (Bio-) Lebensmitteln. Der Edekaner Claus Holzky versorgt die Kleinstadt Engen mit einem breiten Bio-Sortiment.Der qualitätsorientierte SEH hat die Kompetenz, auch als Naturkosthändler zu fungieren. „Die Edeka lässt uns die Freiheit dazu“, lobt er seine Zentrale. Das Sortiment ist eingeführt und hat sich etabliert: „Eigens Werbung mache ich nicht mehr für das Bio-Sortiment. Der Kunde stolpert bei uns drüber“.
KompetenteBeratung
Der Supermarkt leistet sich genügend Mitarbeiterinnen, um die Aufgabe zu bewälti-gen. Der Personalkostenanteil liegt bei 13,5 Prozent. Bedienungstheken für Fleisch, Fisch, Käse und Brot werden selbst betrieben. Konzessionäre gibt es keine. Es sind immer Verkäuferinnen für die Regalpflege im Markt, die auch angesprochen werden können. Beratungskompetenz ist gegeben. Die Wartezeiten an der Kasse sind kurz. Die Öffnungszeiten von 65 Stunden pro Woche sind kundenfreundlich. Auch wenn viele Kollegen Holzkys die Ladentüre 70 Stunden offen halten.
Das Umfeld ist kaufkräftig. Auf den 888 Quadratmetern erzielte der Händler 2005 rund sechs Millionen Euro Umsatz. Die Quadratmeterleistung von zirka 6.800 Euro kann sich sehen lassen, damit belegt der Markt einen vorderen Platz in der Hitliste. Mit einem Umsatz von etwa 200.000 Euro liegt der Bio-Anteil bei drei Prozent. Die Artikelzahl beträgt acht Prozent. Bio müsste so gesehen mehr zum Ergebnis beitragen. Das kleinstädtische und dörfliche Umfeld begrenzt allerdings die Möglichkeiten. Denn beim Zuspruch für biologische Lebensmittel gibt es ein deutliches Stadt-Land-Gefälle. Spitzenwerte wie in den Bio-Hochburgen München oder Frankfurt sind hier nicht möglich, dennoch ist Bio nötig: „Die drei Prozent würden mir fehlen. Bio-Kunden haben eine hohe Kaufkraft und sind qualitätsbewusst.“ Von Schnäppchenjägern kann ein Selbstständiger nicht leben.
Die Naturkost-Produkte wurden zudem für eine andere Vertriebsschiene entwickelt. Ein Vollsortimenter ist eben kein Naturkostfachgeschäft. Beide haben verschiedene Kunden. Nicht ohne Grund tritt etwa Rapunzel mit der Zweitmarke Bio Gourmet im LEH anders auf als im Fachhandel und spricht speziell den Feinkost-Kunden an. Von der einen zur anderen Vertriebsschiene kann nicht 1:1 übertragen werden. Für ein erstklassiges Ergebnis muss das Angebot entsprechend angepasst werden.
Startschusserfolgte 2002
2002 hat der mutige Edekaner mit seinem umfangreichen Bio-Angebot begonnen. Die Zielgruppe hat er vor Augen: „Bei der Feinkost-Kundschaft liegt unser Potenzial.
Ein breites Sortiment an Bioaufstrichen ist leicht identifizierbar, weil sämtliche Preisschilder der Bioprodukte mit einem speziellen Bio-Rahmen markiert sind. Diese Preisschilder werden überall an den Regalen verwendet.Mit Bio kann ich Genuss und Premium darstellen“. Beliefert wird der E-Neukauf vom regionalen Naturkost-Großhändler Bodan aus Überlingen. Das Sortiment hat sich Holzky selbst nach seinen Bedürfnissen zusammengestellt. „In jeder Warengruppe gibt es eine Bio-Alternative. Auch bei Zigaretten“, verweist er auf American Spirit.
Mangels Erfahrung im Vertriebskanal LEH konnte der Großhändler keine Beratung leisten. Für Bodan war ein Supermarkt damals Neuland. Das Unternehmen entschloss sich zur Zusammenarbeit, weil es im Umkreis von zwölf Kilometern kein Naturkostfachgeschäft gibt. In Singen ist erst wieder die nächste Adresse. Mit einem Warenwert von 500 Euro pro Lieferung begann der Kaufmann bescheiden. Inzwischen sind 1.700 daraus geworden. Also eine klare Aufwärtsentwicklung, die sich fortsetzt. Produkte aus kbA verzeichnen auch bei Holzky ein überproportionales Wachstum. Das Sortiment hat sich inzwischen etabliert, und der Kaufmann möchte es nicht mehr missen. Lockt es doch eine anspruchsvolle Kundschaft an, die Qualität zu schätzen weiß und einen überdurchschnittlichen Bon von 17,50 Euro hinterlässt.
Der Naturkostgroßhändler liefert ihm 1.100 Produkte aus einer Hand: ein Lieferant, eine Rechnung statt komplizierter Belegsteuerung. Advantage Holzky. Der Lebensmittelhändler hat zudem einen Systemlieferanten für Produkte, die er anders nicht beschaffen könnte. Ohne Bodan gäbe es keinen Bruno Fischer bei Holzky.
100 Bio-Produkte von LEH-Lieferanten kommen dazu, so dass der Neukauf mit 1.200 Produkten durch eine breite Vielfalt besticht. Im klassischen LEH ist eine vierstellige Zahl an Bio-Artikeln ein Spitzenwert. Holzky versteckt auch nichts in einem Bio-Regal, an dem der Kunde achtlos vorbei geht, weil nicht Bio-Ecke, sondern Essig und Öl auf seinem Einkaufszettel steht.
Bio ist den einzelnen Warengruppen zugeordnet. Wer Essig sucht, stößt auch auf Bio-Essig, wer Öl sucht, stößt auch auf Bio-Öl, zum Beispiel von Bio-Planete.
Frische ist Trumpf
Das Geschäft glänzt mit mehr als
100 frischen Bio-Artikeln. Brot, Milchprodukte, Obst und Gemüse, Fleisch, Fisch und der Bio-Hit Eier sind vertreten. Mit dem Service grenzt sich der Selbstständige vom Discount ab. Bio-Brot, Bioland-Schweinefleisch und Käse werden auch in Bedienung verkauft. Frisches Demeter-Brot bringt einmal pro Woche der regionale Bio-Bäcker. Die Käsetheke wird vom Großhändler Jäckle mit zehn Bio-Käsen bestückt. Wenn es um die Bio-Wurst geht, muss sich der Käufer selbst bedienen.
Vier Sorten Schinken oder Salami von Chiemgauer stehen zur Wahl. „Die Bio-Kundschaft isst Fleisch, aber wenig“, hat der Kaufmann erfahren. Im Mopro-Regal sieht man das Bio-Siegel recht oft. Marktführer Andechser hält die Bio-Fahne. Die regionale Breisgau-Molkerei „Die Fallers“, benannt nach der Fernsehserie, ist dabei.
Bei Getränken hat sich Holzky überdurchschnittlich gut aufgestellt. Eine Vielzahl von Bio-Frucht- und Gemüsesäften stehen zur Verfügung. Voelkel, Beutelsbacher, Eos, Perger, Amecke und Schwarzwaldhof sind mit den klassischen Obst- und Gemüsesäften präsent, aber auch Bitter Lemon, Guarana-Limonade, Eistee und Apfelsaftschorle sind erhältlich.
Beim Bio-Wein ist der Supermarkt mit 20 Sorten gut sortiert. Ein Teil kommt von der Edeka-Großhandlung. Bio-Weinimporteur Peter Riegel aus dem benachbarten Orsingen hat ein Regal mit zehn europäischen Sorten aufgestellt. Franzosen, Italiener und Spanier sind da zu finden.
Große Auswahlbei Konserven und Convenience
Konserven, die in Bio-Qualität in Supermärkten nur spärlich zu finden sind, führt er in großer Auswahl: Obst von Morgenland, Gemüse von de Rit und Sauerkonserven von Schweizer. Feinkost wie Pesto von Ehrhardt, Ketchup von Heintz und Byodo, Mayonnaise und Senf von Zwergenwiese. Fisch-Konserven von Fontaine sind eine Rarität im LEH. Holzky hat’s. Convenience wie Würstchen, Eintöpfe und Suppen in der Dose von Ökoland bereichern die Regale. Eine solche Auswahl könnte er ohne den Naturkostgroßhandel nur schwer bieten.
Das Gleiche gilt für die vegetarischen Aufstriche von Allos, Sanchon usw. Hier zeichnet sich die Einkaufsstätte ebenso aus wie auch bei Süßwaren.
Mit Gepa, Vivani und Naturata-Schokolade werden verschiedene Preisklassen offeriert. Bei den Keksen ist das Bild bunt. Heidesand von der Bohlsener Mühle, Ingwer Cookies von Friedrichsdorfer, Bisquits von Moolenaartje, Felix von Grabower für die Kinder und Weihnachtsgebäck von Flemming, um nur einige zu nennen.
Bei der lukrativen Tiefkühlkost beschied sich der Kaufmann bisher mit Bio-Wertkost. Da Bodan inzwischen ein TK-Sortiment gelistet hat, wird sich der Engener dieses Jahr auch damit befassen. Aktuell ist er gerade mit Naturkosmetik neu gestartet. Der erste Versuch mit einer Sonderplatzierung war gescheitert. Jetzt werden die Produkte integriert und mit den Bio-Stoppern versehen, wie das Bio-Lebensmittelsortiment.
Auf dieser Fläche sind die Möglichkeiten ausgereizt. Aber der inzwischen zehn Jahre alte Markt wird in zwei bis drei Jahren durch eine größere Fläche ersetzt. Auf 1.500 Quadratmeter kann dann, was jetzt schon gut ist, noch besser werden.
Anton Großkinsky