Den Bio-Markt gestalten
Das 3. Bio-Handels-Forum zeigte die Chancen für den Handel auf
{mosimage}Ein kompaktes Programm getragen von erfahrenen Praktikern und kompetenten Bio-Experten zeichnen das 3. Bio Handels-Forum in Köln aus, wie Wolfgang Kranz, Geschäftsführer der koelnmesse es zum Auftakt auf einen Nenner brachte. Bio-Lebensmittel sind wichtiger Bestandteil im Megatrend Gesundheit, das macht sie zu einer jahrzehntelangen Erscheinung. Einerseits wird Bio immer mehr zum Lifestyle-Produkt und braucht Marken, die Werte transportieren. Andererseits finden Bioangebote ihren unaufhaltsamen Weg in den Mainstream, was eine Aktualisierung der Preisgestaltung ermöglicht.
Wolfgang Kranz, Geschäftsführer der Kölnmesse
Ein Glanzlicht war die Verleihung der Selly, der Bio Handelspreis der CMA. Der Wettbewerb bewies Anziehungskraft. Besonders der LEH erschien mit starken Aufgeboten an Mitarbeitern zur Preisverleihung. Die Preisträger waren in Bio-Sekt-Laune. 350 Besucher kamen an den zwei Tagen zum Bio Handels-Forum in die Domstadt.
„Das Bio Handels-Forum entwickelt sich zielsicher zu einer wichtigen Plattform und findet seinen Platz zwischen BioFach und Anuga. Es dient dem Austausch von Meinungen zwischen Marktpartnern und erörtert Fragen der Zukunft“, betonte Wolfgang Reimer vom Ernährungsministerium in der Eröffnungsrede. Fünf Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland werden aktuell kontrolliert biologisch bewirtschaftet. „Bio boomt seit Jahren. Ich halte eine Verdoppelung für möglich“, blickte Reimer in die Zukunft. Da wird der Ministerialbeamte nicht mehr lange warten müssen, denn Bio profitiert vom Megatrend Gesundheit, wie Jeanette Huber vom Zukunftsinstitut herausarbeitete. Etwa 30 Jahre währt so eine Blütezeit. Was sie nicht verriet, wie viele Jahre der Megatrend bereits anhält. Nimmt man die BSE-Krise 2001 als Start, stehen noch viele Jahre bevor.
Wolfgang Reimer, BMELVProfessor Ulrich Köpke, Moderator des 3. Bio Handels-Forums, sieht einen sensiblen Konsumenten, der von Lebensmitteln Sicherheit, Rückverfolgbarkeit und Transparenz fordert. Für die Umwelt, für die Tiere, für die eigene Gesundheit und Leistungsfähigkeit sind biologische Erzeugnisse von nutzen. Information und Kommunikation dieser Vorteile sind wesentlich für die Akzeptanz im Handel.
Produkte brauchen ein klares Gesicht. Verpackungen müssen Signale setzen mit einer deutlichen Bildsprache, die realistische innere Bilder weckt. Da erhebt der Professor und sein Vorredner Dr. Simon Berkler die Forderung nach Marken, die Bio-Werte ausdrücken und vertrauenerweckende Geschichten erzählen.
Bio wird zum Lebensstil
Gleichzeitig sind Biolebensmittel Ausdruck eines Lebensgefühls und -stils. Sie werden auch zu designten Produkten wie andere Konsumartikel, so Jeanette Huber. Marken sind im Kommen, das zeigten auch mehr als 40 Firmen in der begleitenden Ausstellung: Pfanner mit Bio-Eistees und Großbäcker Ditsch mit Laugen-Gebäck sind zugkräftige Marken im LEH. Die Bio-Zentrale hat einen Markenauftritt mit schärferem Profil präsentiert. Cosa-Naturprodukte stellte mit der Marke Whole Earth ein neues Sortiment mit prägnanter Ausstrahlung vor. Die Top-Marke Wagner Pizza war mit der Bio-Range dabei. Norbert Passlak bemängelte allerdings die geringe Bereitschaft im Handel, in der TK-Truhe Platz zu schaffen für Vielfalt im Bio-Angebot: „Wir kämpfen um jedes Facing“. Und der Bio-Systemanbieter bioVlog zeigte die große Marken-Vielfalt seiner rund 40 Lieferanten.
Moderation: Prof. Dr. Ulrich Köpke
Mit der Globalisierung werden Tausende food miles zurückgelegt, und das Pendel schlägt gleichzeitig in Richtung Regionalität aus. Zwei sich nur scheinbar widersprechende Trends laufen nicht nur parallel, sondern sind miteinander verbunden. „Wenn Soja als Tierfutter importiert wird, handelt es sich dann noch um regionale Milch?“ fragte Dirk Vollertsen von Bioland.
Wie groß darf der Umkreis einer Region sein: 50 oder 200 Kilometer? Fragen auf die es keine klare Antwort gibt. Regional erzeugte Produkte wiederum werden weltweit geschätzt und legen als Botschafter unserer Regionen eine Menge food miles zurück. Die Region allein ernährt nicht die Nation. In der EU wird ein hoher Prozentsatz der Bio-Rohstoffe importiert.
Markus Rippin konstatierte 2008 Versorgungsengpässe, die das Wachstum verringert haben. Insgesamt ist der Bio-Umsatz im ersten Halbjahr 2008 gewachsen. In Teilbereichen hat sich die Wachstumsgeschwindigkeit verringert, was der Yellowpress Argumente für Negativschlagzeilen lieferte. Vom Ende des Booms wird geunkt.
Die Zahlen zu Ende betrachtet zeigt sich jedoch, dass viele der 260 Warengruppen ein ungebrochenes, ja verstärktes Wachstum dadurch verzeichnen, dass nicht mehr nur die Ausweitung der Distribution vor sich geht, sondern eine Vertiefung der Sortimente bei zukunftsorientierten Vorreitern der Handelslandschaft. Vermehrt junge Kaufleute bedienen die Biobedürfnisse ihrer Kunden und setzen diese zeitgemäße Antwort gegen die gewohnte Billigpreisstrategie, wie im Fachgespräch „Wollen alle Bio kaufen?“ sichtbar wurde.
Pull und Push
Bisher hat der Verbraucher für den Pull (Zug) am Markt gesorgt. Der Handel muss jetzt den Bio-Verkauf pushen und den Markt aktiv gestalten, fordert der Bio- und Handelsexperte Christoph Soika. Erfolgreich ist in der Bio-Vermarktung der Mutige, der sich an neue Sortimente wagt und Vielfalt bei Früchten, Fleisch, Backwaren und Mopro anbietet. Einige hundert Selbstständige Einzelhändler wie Hieber, Kirchner und Schenke sorgen für nachhaltiges Wachstum. Aber auch durchsetzungsstarke Geschäftsführer von Filialbetrieben mischen bereits kräftig mit.
Auf dem engen Bio-Markt verknappt sich durch die steigende Nachfrage manchmal die Ware im unregelmäßigen Auf und Ab der Verfügbarkeit.
Breite Sortimente versus Produktsicherheit
Die Frage nach der Produktsicherheit taucht dann auf. Investitionen in die Qualitätssicherung lautet die Forderung, die in der Diskussion „Breites Sortiment versus Produktsicherheit“ unter der Leitung von Professor Dr. Ulrich Hamm erhoben wurde.
Zusätzlich kann mittels Internet mit Systemen wie Nature & More Transparenz in einem globalen System für den Verbraucher geschaffen werden.
Kathrin Seidel vom Schweizer FiBL nannte in ihrem Vortrag die Bio-Vorteile, die im EU Forschungsprojekt QLIF (Quality Low Input Foods) herausgearbeitet wurden. Dabei stellte sich heraus, dass Bio-Lebensmittel besser für die Umwelt und den Mensch sind. Zu den Vorteilen zählen eine höhere Milchqualität, rückstandsfreies Gemüse, antibiotikfreies Fleisch und weniger Zusatzstoffe in verarbeiteten Lebensmitteln. Aber in Bioprodukten fehlen nicht nur Chemie und andere unnütze Zusätze. Sie bringen auch mehr an substantiellen Inhaltstoffen hervor, die dem Menschen besonders nützlich sind.
Bio ist nicht nur gesund
Bio bringt Genuss, wie Moderatorin Birte Karalus mit ihrer Runde „Lust auf gesunden Genuss und Bio in der Gourmetküche“ erörterte. Für Bio-Koch Christoph Reingen und Slow Food-Aktivist Bernward Geier schmeckt Bio einfach besser. Alle Teilnehmer, die auch am zweiten Tag noch die letzte Nachmittagsstunde investieren konnten, erlebten eine muntere Runde um die hohen Werte unserer Lebensmittel.
Der Praktiker Markus Petereit, ein Edekaner mit viel Liebe zu Bio, berichtete, wie er Biovermarktung zelebriert und mit Phantasie und viel Engagement die Nähe zu seinen Kunden findet.
Anton Großkinsky