Start / Ausgaben / BioPress 57 - November 2008 / Zukunftsmärkte gestalten

Zukunftsmärkte gestalten

Bio auf dem Weg vom Trend zur Innovation

Unternehmen, die sich erfolgreich und dauerhaft am Markt behaupten wollen, müssen aktuelle Trends erkennen und einstufen können. Es gilt zu unterscheiden, was eine kurzlebige Mode ist und was ein Mega- oder Metatrend, die zu tiefgreifenden Veränderungen führen. Ist der nicht nachlassende Bio-Boom von Dauer oder nur eine Blase? Für Jeanette Huber vom Zukunftsinstitut Kelkheim steht fest, dass der Bio-Faktor weiterhin marktbestimmend bleibt - wenn er mit einem weiteren Mehrwert verknüpft wird. Mit ihrer schwungvollen Rede beim 3. Bio Handels-Forum in Köln machte sie Appetit auf einen Erlebnis-Einkauf 'Bio'.


Jeanette Huber vom Zukunftsinstitut Kelkheim
Als einen Megatrend von enormer Wichtigkeit bezeichnete die Zukunftsforscherin den Gesundheitsmarkt. Rund 280 Milliarden Euro macht er mittlerweile in Deutschland aus. Der Wunsch nach Ge­sundheit zählt daher auch zu den entscheidenden Kaufkriterien für Bio-Lebensmittel.

Schließlich weisen diese zahlreiche ge­sund­heitliche Vorteile auf. Für immer mehr Menschen reicht das jedoch nicht aus. Sie su­chen nach mehr, etwa Nachhaltigkeit oder ethischen Werten. Nach dem Motto, shopping is vo­ting, kaufen Bio-Kunden immer häufiger auch Produkte aus fairem Handel. Der dahinter stehende Lebensstil der LOHAS präge die heutigen Märkte, sagte Jeanette Huber und nannte exemplarisch vegane Mode oder technische Innovationen wie einen Null-Energie-Wolkenkratzer.
Die Messlatte für Markterfolg steigt.

Heutzutage bietet fast jedes Lebensmittelunternehmen Bio-Produkte an. Bio müsse auch daher mit weiteren Pluspunkten kombiniert werden, so die Expertin. "Ich wünsche mir mehr Produkte aus der Region." Dieser Aussage stimmten in aktuellen Umfragen fast 90 Prozent der 14- bis 70-Jährigen zu. "Mich interessiert die CO2-Bilanz", meinten 77 Prozent aller befragten Frauen und 63 Prozent der Männer, wobei es sich durchaus auch um Haushalte mit einem geringen Netto-Einkommen handelte. Auf der anderen Seite sei der Wunsch der Verbraucher nach Convenience zu berücksichtigen.

Die Marktanalysen des Zu­kunftsinstituts sprechen zu­gleich für eine weitere interessante Entwicklung, nämlich für eine Umkehr der Maslow­schen Bedürfnispyramide. Nach dem Modell des gleichnamigen amerikanischen Psychologen aus dem Jahr 1954 lassen sich die menschlichen Bedürfnisse in eine mehrstufige Pyramide einteilen.

Von grundlegender Bedeutung ist die Erfüllung der Grundbedürfnisse wie Nahrung, Wohnung und Schlaf. Erst wenn diese erfüllt sind, wird der Mensch die nächsten Stufen anstreben. Das ist zu­nächst das Bedürfnis nach materieller und beruflicher Sicherheit. Soziale Bedürfnisse folgen und werden ergänzt durch solche nach Geltung und zuletzt nach Selbsterfüllung.

"In der heutigen Situation, wo die Märkte gesättigt sind, wird der Konsum Teil der Selbstverwirklichung", sagte Jeanette Huber. Die Maslowsche Pyramide habe sich quasi umgekehrt. Der Wunsch, eigene Sehnsüchte und Ziele zu verwirklichen, rückt in den Vordergrund.

Viele Menschen betrachten auch die Er­näh­rung als we­sentliches Element der Selbstverwirklichung. Genuss soll die Le­bensfreude steigern. Nach Ansicht von Huber stecke hier noch hohes Potenzial in der Ästhetik der Produkte. Nicht umsonst stünden heutzutage 'Designer-Klobürsten' im Bad. "Ästhetik sorgt für Unterscheid- barkeit, für Überraschung und erleichtert eine Entscheidung".

In diesem Zusammenhang stellte sie die Österreichische Supermarktkette MPPreis vor: Das Unternehmen will Konventionen aufbrechen und individuelle Lösungen bieten. Deshalb hat man architektonische Vielfalt als Markenzeichen gewählt.

Die einzelnen Geschäfte zeich­nen sich durch eine beeindruckende und verantwortungsvolle Bauweise aus, sind konkret für einen Ort erfunden und trotzdem als MPPreis wieder erkennbar. Ansprechend gestaltete Räu­me schaffen auch Raum für zwischen­menschliche Kontakte. So kann der tägliche Einkauf zum Vergnügen werden.

Bettina Pabel

 

3bhf_2008_09_16_2_Zukunftsmaerkte.mp3 3bhf_2008_09_16_2_Zukunftsmaerkte.mp3 (11.91 MB)

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