Alle wollen Bio

Junge Lebensmittelkaufleute haben Erfolg mit kundengerechten Bio-Sortimenten


Professor Dr. Ulrich Köpke
Der Verbraucher will Bio: Junge Lebensmittelkaufleute haben die Wünsche erkannt und sorgen für Vielfalt, auch fernab der eigenen Vorstufe, wie in der von Professor Dr. Ulrich Köpke geleiteten Runde "Wollen alle Bio kaufen?" beim 3. Bio Handels-Forum deutlich wurde. Mit Oliver Speicher vom Marktkauf in Bielfeld, dem selbstständigen Edekaner Dieter Hieber und Martin Behringer von famila Rhein-Neckar stellten drei Kaufleute, die wesentlich mehr tun als der Durchschnitt, ihre Konzepte vor.


Podium: (v. li. n. re.) Dieter Hieber, Oliver Speicher, Christoph Soika und Martin Behringer


Oliver Speicher
Oliver Speicher, der den ­Marktkauf in Bielefeld-Gadderbaum leitet, bietet seinen Kun­den mit 4.500 Produkten ein Vollsortiment vom Preiseinstieg bis Premium, tro­cken und frisch, Bedienung und SB. Speicher sieht sich noch nicht am Ende angekommen. "Wir werden uns mit Lifestyleprodukten, die anders sind, weiterentwickeln. Bio hat bei uns einen Anteil von 9,5 Prozent. Ich will mittelfristig bei 20 Prozent ankommen," kündigte der ehrgeizige Ge­schäfts­leiter an.


Dieter Hieber
Auch in Hieber's Frische Centern in Südbaden ist Bio in der Entwicklung. Geschäftsführer Dieter Hieber hat gerade die Strategie gewechselt und die 3.500 Bio-Artikel von der Insel-Platzierung in die Warengruppen geholt. Gleichzeitig wird das Sortiment optimiert: "Wir informieren uns bei Verbrauchergruppen und durch Umfragen und müssen uns den Wünschen anpassen". Der Kaufmann baut ein kundenorientiertes Bio-Angebot mit regionalem Einschlag auf, statt zu listen, was einfach zu beschaffen ist. "Bio wird an Bedeutung zunehmen. Wir werden den Anteil weiter steigern", meinte Hieber.


Martin Behringer
"Regionalität hat Zukunft im Bio-Sortiment", betonte Ge­schäftsführer Martin Behringer von Famila Rhein-Neckar. Mit regionalem Bio kann sich der mittelständische Filialist, der rund 1.500 Bio-Produkte vermarktet, klar positionieren im Wettbewerb mit den nationalen Ketten und dem Discount. Für Famila Rhein-Neckar mit SB-Warenhäusern von Weinheim bis Waldshut ist die Zuordnung zu den Wa­rengruppen Voraussetzung für den Kontakt der Kunden mit Bio-Produkten. "Frische ist im Kommen. Hier müssen wir investieren", lautet Behringers Botschaft. In jedem Markt gibt es einen Bio-Verantwortlichen und in der Zentrale in Pforzheim sitzt mit Tanja König eine Bio-Koordinatorin. "Bio gehört bei uns zur Unternehmensphilosophie wie Geothermie und So­zialsponsoring", machte Beh­ringer deutlich.

Entscheidend für den Erfolg ist die Qualität des Personals. Für Marktkauf-Geschäftsleiter Speicher steht fest: "Die Mit­arbeiter müssen hinter dem Konzept stehen." Er beschäftigt Fachkräfte, darunter eine Ökotrophologin, veranstaltet Weinabende und Bio-Wochen. "Wir leben Bio", bekräftigt Speicher .


Christoph Soika
Unternehmensberater Christoph Soika sieht trotz leuchten­der Beispiele im LEH einen gewaltigen Entwicklungsbedarf. "Bio hat zwei Prozent Anteil am Sortiment, und die Mitarbeiter können selten Auskunft geben", merkte er an. Bei Hieber werden in der Ausbildung allerdings Grundkenntnisse vermittelt. Der selbstständige Einzelhändler klärt zusätzlich die Verbraucher an Ständen in den Märkten auf, geht raus in Kindergärten und Schulen. Unter der Figur Hiebär hat der Lebensmittelhändler ein kindgerechtes Sortiment mit Bio-Produkten aufgebaut. Edeka-Händler Hieber lobt die gute Edeka-Vorstufe auch bei Bio-Produkten. Für ihn reicht es dennoch nicht: "Wir brauchen mehr und das muss der Kaufmann selbst ma­chen." Hieber regt Erzeuger zur Umstellung auf biologische Landwirtschaft an: "Da sind allerdings viele Ge­sprä­che nötig".

Oliver Speicher vom Marktkauf kann es in Zahlen fassen: "72 Prozent der Bio-Artikel beziehen wir über das Lager und den Naturkost-Großhandel. Der Rest sind Lieferanten aus der Region". Dabei ist Regionalität nicht einfach wie Soika anmerkte: "Sie brauchen eine eigene Qualitätssicherung und Produktkenntnisse".

Die richtige Preisführung ist ebenfalls ausschlaggebend für den Erfolg: "In der Vergan­gen­heit wurden da Fehler ge­macht. Man kann nicht grund­sätzlich 200 Prozent aufschla­gen, weil es Bio ist", räumt Behringer Fehler des Handels ein. "Wir müssen adäquate Preise finden", schloss Behringer. 

Anton Großkinsky

 

3bhf_2008_09_16_4_Diskussion.mp3 3bhf_2008_09_16_4_Diskussion.mp3 (13.06 MB)

[ Artikel drucken ]