Transparenz schafft Sicherheit
Ein breites Sortiment mit sicheren Produkten verlangt Anstrengung
Die Experten waren sich einig: Ein breites Bio-Sortiment und Produktsicherheit widersprechen sich nicht, wie in der Diskussionsrunde unter Leitung von Professor Ulrich Hamm auf dem 3. Bio Handels-Forum in Köln deutlich wurde. Qualitätssicherung ist nötig und möglich, um Sortimentsbreite und -tiefe bieten zu können. Dabei ist mehr gefordert als das papierne Zertifikat.
Moderation: Professor Ulrich HammBei mehr Bio-Lebensmittel aus immer mehr Ländern rückte Prof. Hamm die Frage nach der Sicherheit der Produkte in den Vordergrund. Viele Verbraucher, aber auch Verkäufer im Einzelhandel könnten sich nicht vorstellen, wie sichergestellt werde, dass der Buchweizen aus der Ukraine, das Gemüse aus China, die Frühkartoffeln aus Ägypten, die Ananas aus der Elfenbeinküste, die Zwiebeln aus Argentinien oder die Bananen aus Costa Rica tatsächlich nach den europäischen Rahmenrichtlinien für den Öko-Landbau erzeugt und kontrolliert wurden. Mit den zunehmenden Importen und immer weiteren Wegen, die Öko-Produkte über viele Handelsstufen vom Erzeuger bis zum Verbraucher zurücklegen, mehren sich die Zweifel.
Volkert Engelsmann und Carol HaestWerte wie Umweltverträglichkeit und Verantwortung müssen hochgehalten werden. "Ein breites Sortiment braucht Anstrengung", erklärte Carol Haest, der bei Delhaize in Belgien jahrzehntelang Bio-Produkte beschaffte. Ein Zertifikat allein genügt dem Belgier nicht. Der Kontakt zum Hersteller und zum Erzeuger ist für ihn zwingend, um ein sicheres Produkt zu bekommen. Bio darf nicht anonym bleiben. Audits im Ursprung sind im Zeitalter der Globalisierung selbstverständlich.
Für Geschäftsführer Volkert Engelsmann vom Bio-Fruchthändler Eosta aus Rotterdam ist Transparenz die Lösung: "Anonymität ermöglicht soziale und ökologische Ausbeutung". Mit Nature und More hat Eosta per Internet eine Transparenz für den Verbraucher geschaffen. Damit kann die Frucht bis zum Ursprung in Übersee zurückverfolgt werden. "Die Trendsetter interessieren sich dafür. Die nachfolgende Mehrheit nicht so sehr", weiß Engelsmann.
Glaubwürdigkeit ist mehr als Echtheit: Auch der Faktor Nachhaltigkeit zählt im Bio-Sortiment. "Bei uns gibt es keine Flugware", stellte Engelsmann klar. Dafür führte der Frucht-Importeur klimaneutrale Produkte ein: "Wir informieren darüber und der mündige Verbraucher kann entscheiden."
Ralf WeishauptFür den Dipl. Lebensmittel-Ingenieur Ralph Weishaupt beginnt die Qualitätssicherung (QS) bei der Produktentwicklung. "Ein Hersteller sollte nur solche Rohstoffe einsetzen, die sicher verfügbar sind. Außerdem braucht es zwei bis drei Rohstoffquellen: "Zwei sollte man kontraktieren und einen Dritten kennen. In kritischen Jahren mit knappen Rohstoffen sollte man die Qualitätssicherung hochfahren, auch wenn es Geld kostet, zu den Audits in die Ursprünge zu fahren."
Jeannette Hölscher-SchenkeFür Jeannette Hölscher-Schenke, Mitglied der Geschäftsleitung von Delikatessen-Schenke in Gütersloh, ist Glaubwürdigkeit ein hoher Wert für den Verkauf von Bio-Produkten in den eigenen Supermärkten. Eine Rückverfolgung bis zum Ursprung kann der Handel allerdings nicht leisten. "Wir machen das bis zu einem gewissen Grad", berichtet Hölscher-Schenke. Das ist vor allem bei regionalen Bio-Produkten der Fall, die direkt eingekauft werden.
"Was ich mir wünsche, ist mehr Schulung für die Mitarbeiter", erklärte Hölscher-Schenke. In der Ausbildung lernt die Kaufleute nichts über Bio-Produkte, Allergien und Unverträglichkeiten. Dabei sind es die Mitarbeiter, die dem Kunden biologische Produkte erklären müssen.
Engelsmann verwies auf aufgeklärte Verbraucher, die keine Massenkonsumenten sind, sich für Werte interessieren und die Frage nach sozialer Gerechtigkeit bei der Erzeugung der Produkte stellen. Die Lieferanten können und müssen dies kommunizieren ohne zusätzliche Zertifikate. "Der Verbraucher ist weiter als die EU-Öko-Verordnung", resümierte der Eosta-Geschäftsführer.
Anton Großkinsky
3bhf_2008_09_17_7_Diskussion_Zukunftsmarkt_Teil1.mp3 (7.97 MB)
3bhf_2008_09_17_7_Diskussion_Zukunftsmarkt_Teil2.mp3 (7.37 MB)