Start / Ausgaben / BioPress 57 - November 2008 / Transparenz schafft Sicherheit

Transparenz schafft Sicherheit

Ein breites Sortiment mit sicheren Produkten verlangt Anstrengung

Die Experten waren sich einig: Ein breites Bio-Sortiment und Produktsicherheit wider­sprechen sich nicht, wie in der Diskussionsrunde unter Leitung von Professor Ulrich Hamm auf dem 3. Bio Handels-Forum in Köln deutlich wurde. Qualitätssicherung ist nötig und möglich, um Sortimentsbreite und -tiefe bieten zu können. Dabei ist mehr gefordert als das papierne Zertifikat.


Moderation: Professor Ulrich Hamm
Bei mehr Bio-Lebensmittel aus immer mehr Ländern rückte Prof. Hamm  die Fra­ge nach der Sicherheit der Produkte in den Vordergrund. Viele Verbraucher, aber auch Verkäufer im Einzelhandel könnten sich nicht vorstellen, wie sichergestellt werde, dass der Buchweizen aus der Ukra­ine, das Gemüse aus China, die Frühkartoffeln aus Ägyp­ten, die Ananas aus der Elfenbeinküste, die Zwiebeln aus Argentinien oder die Ba­nanen aus Costa Rica tatsächlich nach den europäischen Rahmenrichtlinien für den Öko-Landbau erzeugt und kontrol­liert wurden. Mit den zuneh­menden Importen und im­mer weiteren Wegen, die Öko-Produkte über viele Handels­stufen vom Erzeuger bis zum Verbraucher zurück­legen, mehren sich die Zwei­fel.


Volkert Engelsmann und Carol Haest
Werte wie Umweltver­träg­lich­keit und Verantwortung müssen hochgehalten werden. "Ein breites Sortiment braucht Anstrengung", erklärte Carol Haest, der bei Delhaize in Belgien jahrzehntelang Bio-Produkte beschaff­te. Ein Zertifikat allein genügt dem Belgier nicht. Der Kontakt zum Hersteller und zum Erzeuger ist für ihn zwingend, um ein sicheres Produkt zu bekommen. Bio darf nicht anonym bleiben. Audits im Ursprung sind im Zeitalter der Globalisierung selbstverständlich.

Für Geschäftsführer Volkert Engelsmann vom Bio-Frucht­händler Eosta aus Rotterdam ist Transparenz die Lösung: "Anonymität ermöglicht so­ziale und ökologische Ausbeu­tung". Mit Nature und More hat Eosta per Internet eine Transparenz für den Verbraucher geschaffen. Damit kann die Frucht bis zum Ur­sprung in Übersee zurückver­folgt werden. "Die Trendsetter interessieren sich dafür. Die nachfolgende Mehrheit nicht so sehr", weiß Engelsmann.

Glaubwürdigkeit ist mehr als Echtheit: Auch der Faktor Nach­haltigkeit zählt im Bio-Sortiment. "Bei uns gibt es keine Flugware", stellte En­gelsmann klar. Dafür führte der Frucht-Importeur klimaneutrale Produkte ein: "Wir informieren darüber und der mündige Verbraucher kann entscheiden."  


Ralf Weishaupt
Für den Dipl. Lebensmittel-Ingenieur Ralph Weishaupt beginnt die Qualitäts­siche­rung (QS) bei der Produktent­wick­lung. "Ein Hersteller soll­te nur solche Rohstoffe einsetzen, die sicher verfügbar sind. Außerdem braucht es zwei bis drei Rohstoffquellen: "Zwei sollte man kontraktieren und einen Dritten kennen. In kritischen Jahren mit knappen Rohstoffen sollte man die Qualitätssicherung hochfahren, auch wenn es Geld kostet, zu den Audits in die  Ursprünge zu fahren."


Jeannette Hölscher-Schenke
Für Jeannette Hölscher-Schen­ke, Mitglied der Geschäfts­leitung von Delikatessen-Schenke in Gütersloh, ist Glaub­würdigkeit ein hoher Wert für den Verkauf von Bio-Produkten in den eigenen Su­permärkten. Eine Rückverfolgung bis zum Ursprung kann der Handel allerdings nicht leisten. "Wir machen das bis zu einem gewissen Grad", berichtet Hölscher-Schenke. Das ist vor allem bei regionalen Bio-Produkten der Fall, die direkt eingekauft werden.  

"Was ich mir wünsche, ist mehr Schulung für die Mit­arbeiter", erklärte Hölscher-Schenke. In der Ausbildung lernt die Kaufleute nichts über Bio-Produkte, Allergien und Unverträglichkeiten. Da­bei sind es die Mitarbeiter, die dem Kunden biologische Produkte erklären müssen. 

Engelsmann verwies auf auf­geklärte Verbraucher, die keine Massenkonsumenten sind, sich für Werte interessieren und die Frage nach sozialer Gerechtigkeit bei der Erzeugung der Produkte stellen. Die Lieferanten können und müssen dies kommunizieren ohne zusätzliche Zertifikate. "Der Verbraucher ist weiter als die EU-Öko-Verordnung", resümierte der Eosta-Ge­schäfts­führer.

Anton Großkinsky

 

3bhf_2008_09_17_7_Diskussion_Zukunftsmarkt_Teil1.mp3 3bhf_2008_09_17_7_Diskussion_Zukunftsmarkt_Teil1.mp3 (7.97 MB)

3bhf_2008_09_17_7_Diskussion_Zukunftsmarkt_Teil2.mp3 3bhf_2008_09_17_7_Diskussion_Zukunftsmarkt_Teil2.mp3 (7.37 MB)

 

[ Artikel drucken ]