Handelstag Bio der Lebensmittel Zeitung
Derzeit herrscht Bewegung am Biomarkt: Große konventionelle Unternehmen wollen mit ihrer Bio-Range nicht nur im LEH, sondern auch in Bio-Supermärkten und im Fachhandel präsent sein. Gleichzeitig gehen erfahrene Bio-Hersteller auf den traditionellen LEH zu. Wie stellen sich Produzenten und Händler dem Biotrend?
Unter der Leitung von Silke Biester (re.) von der Lebensmittel Zeitung diskutierten auf der Anuga Experten aus der Branche
Die Verbraucher sagen ‚ja’ zu nachhaltig erzeugten Bio-Produkten, wollen aber auch Spaß haben, sagte Jörg Reuter von der Ökostrategieberatung. Um beide Aspekte zu vereinen, empfahl er, ein Bio-Engagement für die Kunden durch nachvollziehbare Kommunikation erlebbar zu machen.
Es gelte, das Thema Nachhaltigkeit selbstbewusst anzugehen und damit auch Umsatz zu erwirtschaften. Dabei sollte man jedoch unterschiedliche Käufererwartungen berücksichtigen: Während die Kunden im Fachhandel Bio-Qualität aller Produkte voraussetzten und eher zu reinen Genussprodukten griffen, bräuchten LEH-Kunden vorrangig Orientierung bezüglich der Gesundheit.
Einsteigern in den Bio-Markt riet Reuter von Bio-Dubletten zu anderen eigenen Produkten ab. Erfolgversprechender sei eine Innovationsstrategie, bei der man mit einem neuen Produkt auf den Markt kommt. Ebenso könne man ein bisher konventionell produziertes Produkt mit dem Bio-Pendant ersetzten.
Wie ist zum Beispiel dem Unternehmen Peter Kölln die Bio-Integration gelungen? Wie Jörg Reuter berichtete, habe die Einführung der Bio-Cerealien erleichtert, dass sie gut zur gesamten Markenidentität passen. Bewusst stelle Kölln die Traditionsverbundenheit und beste Zutaten heraus.
Otto Lithardt, Inhaber Grabower Süßwaren und Erfinder des Bio-SchokokussGlobus muss verschiedene Käufergruppen gleichzeitig erreichen, sagte Hubert Schuhmacher. Deshalb wolle man zur Imagebildung mit Vielfalt und Service punkten. Bio sei nicht die einzige, aber eine wichtige Möglichkeit, um sich von Mitbewerbern zu unterscheiden. Globus arbeitet mit diversen Kundenbindungsinstrumenten, von wirtschaftlichen Maßnahmen über Kreativ-Seminare für die Mitarbeiter bis hin zu Kundenaktionen.
Otto Lithardt stellte sich der Frage, wie sich Distributionshürden überwinden lassen. Grabower Süßwaren produziert nicht nur konventionell und bio, sondern beliefert auch mehrere Vertriebsschienen.
Anstelle eines Markentransfers habe sein Unternehmen für den Fachhandel und für den LEH zwei verschiedene Marken konzipiert. „Die Umsetzung ist im LEH schwieriger", stellte Lithardt fest. Momentan plane er dort einen anderen Markenauftritt und strebe eine Zweitplatzierung an.
Noch stärker als der Trend zu hochwertigen Produkten, die Genuss ohne Reue versprechen, sei derzeit die Nachfrage nach Zuckerfreiheit.
Daher produziert Grabower derzeit eine zuckerfreie konventionelle Linie. „Der Handel wird mit Bio überschwemmt und hat dadurch die Qual der Wahl", beurteilte Lithardt die Lage. Folge könnte sein, dass sich Unternehmen gegeneinander ausspielen. Dabei könnten doch Beide, Hersteller und Händler, vom Erfolg durch Bio profitieren.
Chancen und Risken des Booms
Anschließend diskutierten vier Manager über Angebot, Preise und Beschaffung: Alfred Glander, Geschäftsführer Plus Warenhandelsgesellschaft, Thomas Gutberlet, Vorstand tegut Gutberlet Stiftung, Duschan Gert, Leiter Marketing Edeka Handelsgesellschaft Südwest, Hubert Schuhmacher, Geschäftsführer Globus SB-Warenhaus.
Alfred Glander stellte zunächst vor, wie Plus Bio mit der Eigenmarke ‚BioBio’ aus der Ökoecke herausgeholt habe. Als tragende Säulen führte er den Werbeauftritt, Design und Geschmack der Produkte an.
Bei der Sortimentsgestaltung würden Produkte mit Zusatznutzen bevorzugt. Zum Thema Beschaffung verwies er darauf, dass Plus intensive Marktforschung betreibe, entsprechend plane und sowohl eine eigene als auch eine externe Qualitätssicherung habe. Preisaufschläge würden nur maßvoll weitergegeben, denn man wolle Bio für alle möglich machen.
Im Gegensatz zu ‚BioBio’ sei das Bio-Angebot bei Edeka Schritt für Schritt gewachsen, äußerte sich Duschan Gert. Mittlerweile umfasse das Sortiment rund 2.500 Artikel, wobei man stark in den Vertragsanbau hinein ginge und jede Woche zehn Bio-Produkte bewerbe.
Hubert Schuhmacher stellte den Vorteil der großen Fläche von Globus heraus. Das Bio-Angebot wolle sein Haus selber gestalten, würde sich dabei aber mit seinem Lieferanten Alnatura austauschen. Verbraucherbefragungen hätten gezeigt, dass die Kombination von Qualität und Geschmack im Ansehen immer mehr zunimmt. Demeterprodukte würden beispielsweise als Elite-Bio angesehen. Um dies zu stützen, halte sich Globus generell an die festen Demeterpreise.
Thomas Gutberlet von tegut, dem Pionier für ein Bio-Sortiment im traditionellen LEH, vertrat die Meinung, dass Qualität nicht nur die Inhaltsstoffe, sondern auch die Produktion oder die Herkunft betreffe. Tegut setze auf eine durchschnittliche Preiskalkulation und könne sich auf langjährige gute Partnerschaften verlassen.
Ein Risiko sah er in der illegalen Beschaffung: „Wenn mal ein Skandal kommt, dann am ehesten von außen." Daher sei er für eine Verschärfung des EU-Rechts und bevorzuge Ware aus Deutschland.
Regionalität wurde von allen Teilnehmern als wichtiger Punkt gesehen. „Regionale Ware hat schon an sich einen Vertrauensbonus, der durch Bio gesteigert wird", sagte Gert. Sie macht es möglich, dass Kunden den Bio-Weg mitgehen.
Bettina Pabel