Bio und konventionell: Gibt es einen Unterschied?
Hersteller und Händler von Bio-Produkten werden bisweilen gefragt, ob es für den Menschen überhaupt einen Unterschied macht, wenn er Bio anstatt konventionell erzeugter Ware isst. Und manche Verbraucher bezweifeln, ob eine falsche Deklaration in betrügerischer Absicht zu merken ist. Mehr Klarheiten brachten Vorträge im Bio-Kompetenzzentrum während der Anuga in Köln.
Ist Bio besser? Die Frage lässt sich nicht einfach beantworten, kommt es doch darauf an, was man betrachtet. Während der Vortragsveranstaltung „Der globale Biomarkt" stellte Dr. Urs Niggli (re.), Direktor des Forschungsinstituts für Biologischen Landbau (FiBL) im schweizerischen Frick, Untersuchungsergebnisse zu einzelnen Aspekte dar.
Gut dokumentiert ist der Bereich Umweltqualität. Die ökologische Produktion hat hinsichtlich Bodenqualität, Biodiversität und „animal welfare", der artgerechten Tierhaltung, klare Vorteile gegenüber der konventionellen Erzeugung. Ist der Mensch aber auch gesünder, wenn er derartig hergestellte Nahrung isst? Manche Untersuchungen lassen es vermuten. Doch spielen andere Faktoren ebenfalls eine große Rolle. Wenn man als Parameter zum Beispiel das Bildungsniveau und den Lebensstil hinzunimmt, konnten die Forscher bisher noch keine Unterschiede zwischen Bio- und konventioneller Ernährung erkennen.
In vielen Bereichen ist Bio besser
Freilich: Die verschieden hergestellten Erzeugnisse haben unterschiedliche Gehalte an wertgebenden Stoffen. So sind nach Dr. Niggli Bio-Produkte hinsichtlich der positiven sekundären Pflanzenstoffe – man schreibt ihnen zum Beispiel eine Anti-Aging-Wirkung zu –, der Ballaststoffe und des Vitamingehalts (v. a. Vitamin C) und der wertmindernden Stoffe Pestizide und Nitrate günstiger einzuschätzen. Bei Pilzgiften und bei Zoonosen (Infektionskrankheiten, die sich von Tieren auf Menschen übertragen) gibt es keine Unterschiede, was auch heißt: Freilandhaltung bringt keine Probleme. Beim Geruch, im Geschmack und in der Konsistenz liegen Bio-Produkte vorne, lediglich bei den Backeigenschaften schneiden sie wegen des niedrigeren Proteingehalts im Getreide nicht so gut ab wie konventionelle Rohstoffe. Verarbeitete Bio-Produkte wiederum enthalten weniger Zusatzstoffe und Verarbeitungshilfen.
Um die Vitalqualität von Bioprodukten zu beurteilen, sind nach Dr. Niggli bislang noch keine Methoden so ausgereift, dass sie zu verlässlichen Aussagen kämen. Fütterungsversuche beim Tier zeigten zwar, dass Krankheitsanfälligkeit, Sterblichkeit sowie die Rate der Fehlgeburten sinken und die Fruchtbarkeit besser ist. Mit Menschen gibt es aber wenige Studien. Bisher lässt sich vermuten, dass sich das Wohlbefinden verbessert und die Belastbarkeit steigt.
Vielleicht war der eine oder andere Zuhörer von den Ergebnissen enttäuscht. Doch er sollte sich erinnern: Das Interesse an Bio ist neu – und die frühen Erzeuger und Anbieter hatten nicht die Finanzkraft, teure Analysen durchführen zu lassen. Zudem gibt es zunehmend neue Erkenntnisse. Die sekundären Pflanzenstoffe mit ihren vielfältigen Wirkungen sind dafür ein gutes Beispiel. Von der Wissenschaft wird verlangt, dass sie Ergebnisse bringt, die nachvollziehbar und wiederholbar sind. Messbare Zahlen stehen im Vordergrund, weniger die individuellen Erfahrungen. Aussagen, die auf wackeligen Beinen stehen, würden dem zarten Pflänzchen Bio mit Sicherheit nur schaden. Wenn das Interesse an Bio weiter wächst, dann, so ist zu vermuten, wird sich auch die Forschung dem Thema noch stärker annehmen.
Rückverfolgbakeit bis auf das Feld
Eine gute Nachricht konnte Jörg Lickfett von der Agroisolab GmbH, Lauenburg, in seinem Vortrag „Unterschiede bio oder konventionell" bringen: Die Wissenschaft kommt zunehmend in die Lage zu beurteilen, ob ein Produkt bio ist oder nicht – und kann somit zum Beispiel Betrug vorbeugen. Die Notwendigkeit derartiger Untersuchungen ergibt sich auch aus Begehrlichkeiten, sind die Preisunterschiede bei den Rohstoffen doch zum Teil erheblich – je nachdem, aus welchen Herkunftsländern sie kommen, ob sie nach Öko-Kriterien angebaut sind oder nicht und ob sie aus neuer oder alter Ernte stammen.
Bei der Untersuchung nutzt man die Erkenntnis, dass die Elemente des Lebens – Wasserstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff, Stickstoff und Schwefel – in verschieden schweren Formen vorliegen, den so genannten stabilen Isotopen. Sie unterscheiden sich durch die Zahl der Neutronen, der ungeladenen Bausteine des Atomkerns. Wichtig ist einerseits, dass das Verhältnis der verschiedenen Isotope eines Stoffes gemessen werden kann und dass dieses Verhältnis andererseits stark variiert und für jeden Ort auf der Erde typisch ist. Wenn ein Labor eine Probe von einem Standort untersucht hat, kann es aufgrund des einzigartigen Verhältnisses der Isotope andere Proben damit vergleichen. Über die Analyse allein des Wassers, so Jörg Lickfett, kann man so bereits den Landkreis bestimmen. Untersucht man zusätzlich auch Stickstoff und Schwefel in einem Muster, so kennt man mit hoher Sicherheit das Feld. Die Untersuchung von Stickstoff ermöglicht – aufgrund verschiedener Düngemethoden – auch die Unterscheidung zwischen bio und konventionell.
Genutzt wird die Isotopenuntersuchung auch bei der so genannten Markierung des Futters: Wenn Hühner beispielsweise nur Nahrung aufnehmen, die einen Bestandteil mit definierter Isotopenzusammensetzung hat, so wird diese auch im Ei ersichtlich. Produkte aus anderen Ställen weisen dieses Muster nicht aus – ein Betrug ließe sich somit aufklären. Übrigens: Trotz der Kennung im Futter, wie sie bereits von einem Vermarkter von Bio-Eiern gefordert wird, lässt sich auch noch der Hühnerbetrieb feststellen. Vorausgesetzt natürlich, es liegen Vergleichsproben vor.
Ilse Raetsch