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Rostocker E-Center mit viel Bio im hohen Norden

Junge Kaufleute bringen Schwung in die Biovermarktung

Rostocker E-Center mit viel Bio im hohen Norden

Im E-Center im Rostocker Einkaufszentrum Warnow Park möchte der selbstständige Kaufmann Stephan Cunäus den LEH revolutionieren: zu einem Einkaufserlebnis, bei dem Genuss und Vielfalt zelebriert werden – mit mehr und mehr Bio. Schon 10.000 der 65.000 angebotenen Lebensmittel werden in Bio-Qualität bezogen, Tendenz steigend. Von der prämierten Frische-Abteilung bis zur eigenen Bio-Welt ist viel geboten.

1995 wurde der Supermarkt im Norden Rostocks als Marktkauf eröffnet, 2019 nach einem Umbau auf Edeka umgeflaggt. Im Dezember 2019 hat Stephan Cunäus die Geschäftsleitung übernommen. Seit Ende Juni betreibt er den Markt als selbstständiger Kaufmann. „Das hat mir viele neue Möglichkeiten eröffnet“, freut sich Cunäus. Der Edeka Einkaufsverbund bleibe als starker Partner bestehen, er könne sich aber nun noch weiter bewegen und sei bei der Sortimentsauswahl flexibler.

Als selbstständiger Kaufmann hat der 33-jährige Stephan Cunäus viel vor: Bio-Kaffeerösterei, Bio-Teebar und mobile Truhen voller Bio-Käse und -Fleisch.

Der 33-Jährige hat bereits 13 Jahre Erfahrung im Einzelhandel hinter sich. Auf eine kaufmännische Ausbildung bei Kaufland folgten Stationen als Haus-, Betriebs- und Gebietsleiter. Als gebürtiger Berliner ist Cunäus von der alternativen Szene, die schon lange viel Wert auf Nachhaltigkeit legt, geprägt.
Auf den 8.800 Quadratmetern Einkaufsfläche kann er sich nun im Rostocker E-Center voll austoben und will neben mehr regionalen auch viele neue Bio-Artikel ins Sortiment holen. Bei gut 15 Prozent liegt der Anteil der Bio-Lebensmittel aktuell, Cunäus möchte ihn noch weiter anheben. Das Konzept ist bisher zweigleisig: Eine Bio-Welt in der Größe eines kleinen Bioladens ergänzt das integrierte Sortiment.

Dabei weiß Cunäus um die Herausforderungen eines Supermarkts durch die wachsende Konkurrenz von Online-Handel sowie Discountern. „Aber die Zeit des Supermarkts ist noch lange nicht zu Ende“, ist er überzeugt. Vielmehr habe der LEH durch die Wettbewerber die Chance, zu seinen Wurzeln à la Tante-Emma-Laden zurückzukehren. Indem man Kunden einen besonderen Service und einen Erlebniseinkauf mit Verkostungen wie Wein-Tasting biete, könne man sich von der Konkurrenz abheben. „Darauf freue ich mich sehr!“, so der motivierte Kaufmann.

Zum Konzept gehört auch, ein kompetenter Bio-Vertreter zu werden. Drei Bio- und zwei Demeter-Fachspezialisten sorgen für die nötige Fachkompetenz. Dazu spielt für Cunäus der Teamgeist unter den Mitarbeitern eine wichtige Rolle. „In den neuen Bundesländern gibt es eine andere Identifikation mit dem Arbeitsplatz“, meint der Kaufmann. Viele Mitarbeiter sind seit über 20 Jahren in dem Supermarkt tätig.

Der gute Leistungsstand und eine authentische Kommunikation hälfen dabei, das Vertrauen der Lieferanten zu gewinnen. So konnte etwa der norddeutsche Bio-Großhändler Grell Naturkost mit ins Boot geholt werden. Auch die Verbraucher würden bereits vom Bio-Angebot angelockt. „Viele Kunden kommen extra wegen der großen Bio-Abteilung hierher“, meint Marion Gütling, die seit fast drei Jahrzehnten in dem Rostocker Supermarkt mitarbeitet. Es gebe viel Mund-zu-Mund-Propaganda und eine stetig wachsende Akzeptanz.

Demeter-Auslagen liefern Frische-Vielfalt

Ein großes Parkhaus sorgt im Warnow Park für ausreichende Parkgelegenheiten der Kundschaft. Über Rolltreppen und Aufzüge gelangt sie ins E-Center im Erdgeschoss. Das ‚Frische-Theater‘ im Eingangsbereich wurde bereits 2020 mit dem Deutschen Fruchtpreis als Deutschlands beste Obst- & Gemüseabteilung ausgezeichnet. Dieses Jahr ging die Abteilung als Landessieger von Mecklenburg-Vorpommern aus dem Fruchtpreis hervor – nicht zuletzt wegen des vielfältigen Bio-Angebots. 15,4 Prozent O&G werden bereits in Bio-Qualität bezogen.

Direkt am Eingang der prämierten Frische-Abteilung empfangen den Kunden reine Demeter-Auslagen mit Paprika, Tomate, Gurke, Kopfsalat, Knoblauch, Zwiebel, Hokkaido, Mais und Rote Beete. Dazu ein umfangreiches Demeter-Obstsortiment von Äpfeln, Bananen, Birnen, Trauben und Pflaumen über Zitronen, Limetten, Orangen und Nektarinen bis hin zu Kokosnuss, Kiwi, Avocado, Galia- und Miniwassermelonen. Umrahmt wird der Demeter-Empfang von Voelkel Shots auf der einen und Holle-Fruchtpürees auf der anderen Seite.

Die Bio-Frische-Vielfalt geht jedoch noch weiter: In der zweiten Reihe gibt es Kartoffeln, Süßkartoffeln und Speisekürbis, Rispen-, Roma- und Cherrytomaten, Paprika, Möhren, Zucchini, Aubergine und Peperoni, Romanasalat, Staudensellerie und Porree, regionale Buschbohnen, Fenchel und Brokkoli sowie für Pilzliebhaber Champignons und Kräuterseitlinge. Den Abschluss der Frische-Abteilung bilden Brom-, Him-, Erd- und Heidelbeeren in Demeter-Qualität. Bemerkenswert ist, dass das E-Center beim Bio-O+G auf Holz- statt auf Plastikkisten setzt.

Nicht Bio, aber frei von chemischen Pestiziden, sind die Kräuter des Berliner Startups Infarm. In Gewächshaus-Schränken finden E-Center-Kunden Petersilie, Schnittlauch, Koriander, Rosmarin, Minze, Dill oder Basilikum, die mittels Vertical Farming frisch gezüchtet wurden.

Nüsse in Fülle vom Großhändler Grell gibt es in einer eigenen Bio-Nussbar: Erd- und Haselnüsse, Cashew, Studentenfutter, Pistazien, Mandeln, Wal- und Pekannuss sowie Kürbis- und Sonnenblumenkerne, ergänzt von Trockenfrüchten wie Pflaumen, Weinbeeren, Sultaninen, Feigen, Mango, Datteln und Bananenchips.

Grüne Fußstapfen führen zu Bio-Artikeln

Auch bei den Eiern haben Bio-Käufer die freie Auswahl: Neben der Edeka-Eigenmarke gibt es Demeter-zertifizierte Hufe-Eier und von ‚Huhn & Hahn‘ sowie Alnatura Bio-Eier ohne Kükentöten. „Wir versuchen immer, Bio als Abteilungsantritt zu gestalten“, erklärt Marion Gütling. In jeder Themenwelt solle es gleich in der ersten Reihe Bio-Anlaufpunkte geben. Grüne Fußstapfen auf dem Boden weisen an vielen Stellen den Weg zum Bio-Angebot im Sortiment.

An der Käse-Theke locken Altbierkäse und ‚Wilder Bernd‘ von Söbbeke neben Bergblumen- und Bergtaler Käse von Andechser Natur. Große Laibe Bio-Manchego und -Almkäse warten auf den Aufschnitt. Von den Käserebellen gibt es Wiesen- und Pfefferkäse im Sortiment, vom nordischen Haus Johannsen Schwarzen und Weißen Hansen. Auch im Deichkäse der nordfriesischen Rohmilchkäserei Backensholz und dem höhlengereiften ‚Jens Langkniv‘-Käse der dänischen Bio-Molkerei Thise macht sich der nördliche Standpunkt des E-Centers bemerkbar.

Im Bio-Fleisch-Sortiment ist die Markenvielfalt noch wenig ausgeprägt – hier wird die Ware vom Fleischwerk Edeka bezogen. Abgepackt gibt es trotzdem eine große Produktauswahl: ob Schweinebauch, Entrecôte, Putenbrustschnitzel, Hähnchenkeulen, Rumpsteak, Hackfleisch oder Bratwurst. Mit Bier-, Lachs- und Kochschinken, Kasseler Bratenaufschnitt, Lyoner oder Schinkenspeck kommen auch Wurstliebhaber auf ihre Kosten. An der Wurst-Theke sticht als einziges Markenprodukt die Bio-Leberwurst von Wiltmann grün hervor.

„Wir haben noch ein paar schwarze Löcher“, gesteht Marktchef Cunäus. „Der Bio-Fleischbereich muss weiter wachsen.“ Ein anderes schwarzes Loch ist das Brot. Hier habe man gerade erst einen Lieferantenwechsel angeschoben, um künftig auch Bio-Kunden versorgen zu können. Mit der DewiBack Handels GmbH soll es bald acht frische Bio-Backwaren im Sortiment geben.

Regionales Bier und Wein aus der Pfalz

Bei den Getränken darf natürlich die Bionade nicht fehlen. Dazu bietet der Rostocker Supermarkt drei Bio-Limo-Varianten von fritz-kola. Eine ganze Regalreihe wird von Störtebeker Brauspezialitäten gefüllt: Übersee-Pilz, Roggen-Weizen, Atlantik-Ale und Stark-Bier von der Stralsunder Brauerei können Kunden hier in Bio-Qualität erwerben. Wer es süßer mag, findet von derselben Brauerei Natur Radler der Marke Strandräuber in verschiedenen Geschmacksrichtungen.

Ein Aufsteller weist auf das Pfalzer Bioland-Weingut Pfaffmann hin. Stilvoll in vier großen Fässern drapiert thronen dahinter Flaschen mit Riesling, Weißburgunder, Grauburgunder sowie Merlot-Dornfelder – alle mit eigenem Produktplakat.

Auch auf sein Naturkosmetik-Sortiment ist der Edeka im Warnow-Park stolz. Körperpflegeprodukte gibt es von Frosch, Weleda, lavera, Blütezeit und alkmene. Sante Naturkosmetik bietet natürliche Bio-Haarfarbe, darunter steht Haarseife von sodasan. Ein ganzer Bio-Schminkschrank wird von lavera Naturkosmetik abgedeckt. Grüne Bio-Fußstapfen führen zu natürlichen Waschmitteln – von sodasan, Sonett und AlmaWin. Drei Regale voller Baby- und Kindernahrung stehen mit Holle und HiPP ganz im Zeichen von Bio.

Als weitere Bio-Flecken im konventionellen Markt gibt es viele Gewürze von Bio Wagner und Hartkorn, ein veganes Saucen-Sortiment mit Curry und Bolognese von Eatplants sowie neu seit Juni vier verschiedene Sorten der japanischen Hakubaku-Nudeln. Im Kühlregal findet man noch Tortelloni und Gnocchi von hilcona. Wer aber die Bio-MoPro-Abteilung sucht, der muss sich ans Ende des Marktes in die Bio-Welt begeben.

Ein Bio-Laden im Supermarkt

Mit einem Wegweiser plus großen grünen BIO-Leuchtquadern an der Decke ist die Bio-Welt unübersehbar. „Es ist wichtig, dass auch Neukunden den Bereich schnell finden“, erklärt Cunäus. Bei den integrierten Produkten am Anfang des Marktes könnten Bio-Käufer sich sonst fragen, ob das nun schon alles sei. Für eine noch auffälligere Optik habe man geplant, ein grünes Tor am Eingang aufzustellen. Zusätzlich will man im Rest des Ladens noch mehr Hinweisschilder und Wegweiser anbringen. Durch eine möglichst ansprechende Gestaltung sollen auch konventionelle Kunden neugierig darauf gemacht werden, in der Bio-Oase bummeln zu gehen.

Im Kühlregal für Milchprodukte finden sie die Marken Schwarzwaldmilch, Söbbeke, Alnatura, Arla und Andechser. Auch die familienfreundliche Kilopackung Joghurt von Weideglück ist hier in Bio-Qualität verfügbar. Bei der Butter sticht die im Norden beheimatete Gläserne Molkerei hervor.
Dass man sich fürs Frühstück nicht in die konventionelle Abteilung begeben muss, zeigt eine große Auswahl an Haferflocken und Müsli, geliefert von Grell, Alnatura, Bohlsener, Bauck, Barnhouse, Davert, Campo Verde, Allos und der Bio-Zentrale. Auch Marmeladen und Aufstriche sind reichlich vorhanden, etwa von Allos, Rinatura und Sanchon.

Wer in der Frische-Abteilung noch nicht zugeschlagen hat, findet in der Bio-Welt nochmals zwei Regale mit Nüssen und Trockenfrüchten, gefüllt von Clasen Bio und ergänzt von Flores Farm. Daneben gibt es eine große Auswahl an Produkten in Mehrweg-Pfandgläsern vom jungen Bio-Unternehmen Gutding mit Sitz in Schleswig-Holstein: feine Haferflocken, Schoko-Crunchy, Cashewnüsse, Bananenchips, Couscous und vieles mehr.

Beim Backsortiment darf Bauck nicht fehlen, aber auch Grell, Bohlsener und Campo Verde sind vertreten. Passierte Tomaten, Tomatensaucen und Ketchup gibt es von byodo, Bio-Zentrale und ppura, Konserven von Bauck, Marschland und Davert. Viele der Kochhilfen sowie Nudeln liefern auch Alnatura und Campo Verde. Von Ersterem stehen als Besonderheit Kichererbsen- oder Rote Linsen-Spirelli und Grüne Erbsen-Penne im Regal.

Verschiedene Pasta-Sorten gibt es von Delverde. Kichererbsen, Linsen und Reis werden von Alnatura, Grell und Davert angeboten, Essig und Öl von byodo, Franz & Co - der LEH-Marke von Bio Planète - sowie der Bio-Zentrale.
Eine eigene Getränke-Abteilung ist bestückt mit zahlreichen Fruchtsäften sowie BioZisch-Limonaden von Voelkel, neben Bieren und now-Limonaden der oberpfälzischen Brauerei Lammsbräu. Kekse von Sommer und der Bohlsener Mühle, Schokoladen von Vivani und Energieriegel von Raw Bite und Hej gibt es im Süßwarenabschnitt. Auch GEPA ist mit vielen verschiedenen Schokoladen, Schokoriegeln, Keksen, Kaffees und Tees sehr gut vertreten. Drei Kaffeeregale werden von verschiedenen Mount Hagen-Sorten gefüllt, ergänzt von der Edeka-Eigenmarke, Tempelmann, Café Intención sowie Lupinenkaffee von Kornkreis. Das Tee-Angebot wird von pukka dominiert.

Erst erweitern, dann integrieren?

Im Brotregal sorgen Alnatura und Davert für abgepacktes Bio-Schwarzbrot wie Pumpernickel, Kürbiskern- und Eiweißbrot. Knäcke-Vielfalt liefern die Bohlsener Mühle mit verschiedenen ‚Snäckebroten‘, Le Pain des Fleurs mit seinen Knusperbroten, Alnatura und Campo Verde. Letztere haben auch Zwieback im Sortiment. Bio-Baguette und -Brötchen gibt es von Herzberger und Schnitzer, der dazu glutenfreie Brot-Varianten anbietet.

In einer Italien-Ecke sind neben Saucen, Nudeln und Ölen der Edeka-Eigenmarke die drei Weine Dornfelder, Müller-Thurgau und Riesling vom rhein-hessischen Hersteller ‚3 Talente‘ angeordnet. „Zu Weihnachten werden wir die Ecke passend umgestalten“, so Gütling. Auch durch solche ansprechenden Produktsammlungen könne man Aufmerksamkeit für Bio wecken.

Am Ausgang der Bio-Themenwelt stoßen Kunden im allgemeinen Öl-Regal nochmals auf zahlreiche Bio-Varianten: von Seitenbacher, Moritz, Gaea und Carapelli, PrimOli, Jordan sowie La Española und La Manegasque. Von dieser Vielfalt kann sich so mancher Bioladen etwas abschneiden.

Schon seit zweieinhalb Jahren existiert der Bio-Themenbereich und erstreckt sich mittlerweile bereits auf 325 Quadratmeter. Cunäus will die Fläche bis Januar 2022 nochmal verdoppeln. In mobilen Truhen soll dann auch das Käse- und Fleischsortiment in der Bio-Welt untergebracht werden. „Man kann die Fläche aber auch nicht ewig erweitern“, ist dem Marktchef bewusst. Es sei nicht ausgeschlossen, dass das wachsende Bio-Sortiment irgendwann komplett in den konventionellen Bereich integriert wird.

Fürs Erste stehen aber andere Projekte an. Der Fokus des E-Centers auf Regionalität soll durch eine eigene Regionalwelt noch weiter hervorgehoben werden. Im Januar möchte Cunäus im Markt eine Kaffeerösterei installieren, Stichwort Erlebniseinkauf. Die Rostocker Kaffeerösterei Brack, die ausschließlich Bio-Qualität im Sortiment hat, soll dafür mit ins Boot geholt werden. Auch eine Bio-Teebar ist geplant. „Es wird eine Menge passieren“, kündigt Cunäus an.

Lena Renner

Bildstrecke: Edeka Rostock

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