Rewe
Bio auf dem Land
Rewe Knichel ist in einem Dorf im Hunsrück erfolgreich
Rewe Knichel im ländlichen Morbach in Rheinland-Pfalz führt ein umfangreiches Bio-Sortiment und erzielt damit einen überdurchschnittlich hohen Umsatzanteil von rund zehn Prozent. Ein Stadt-Land-Gefälle bei Bio gibt es an diesem Standort nicht. Ist ein Angebot vorhanden, wird Bio auch auf dem Dorf erfolgreich verkauft. Mangelnde Verfügbarkeit ist der Grund, warum es oft nicht funktioniert. Soll Bio flächendeckend außerhalb der Ballungsgebiete verkauft werden, braucht es den SEH. Rewe-Kaufmann Roman Knichel zeigt, dass und wie Bio in einer 3.000-Seelen-Gemeinde geht.
Roman Knichel war ein früher Vogel bei der Bio-Vermarktung im Supermarkt. 2001 hatte er die Idee, eine Bio-Fläche zu schaffen. „Ich war auf der Bundesfachschule in Neuwied. Dort haben wir einen Mustersupermarkt gestaltet. Meine Aufgabe war es, einen Bio-Shop einzurichten. Ich war durch die Erziehung mit Bio in Berührung gekommen. Wir haben zuhause darüber gesprochen und das hat mein Interesse geweckt“, erinnert er sich.
Nachdem Knichel wieder in Morbach angekommen war, suchte er nach Platz, um Bio zu integrieren. Das Büro war damals im Markt mit Sicht auf die Fläche. Er verlegte das Büro dann ins Treppenhaus. Auf den frei werdenden 40 Quadratmeter richtete der Kaufmann vor 13 Jahren die Bio-Fläche ein.
„Damals hat man einen Block gemacht. Heute würde man Bio zuordnen, wenn man einen Supermarkt neu plant“, sagt Roman Knichel. Das Trockensortiment, Getränke, Obst und Gemüse werden auf der Bio-Fläche präsentiert. Die gekühlte Frische ist im Sortiment zugeordnet.
Das Bio-Sortiment wird von Knichels Mutter gepflegt. Sie ist dreimal pro Woche im Markt und berät die Kunden. „Bio muss man vorleben. Die Kunden kann man nicht erziehen, nur überzeugen“, meint Anne Knichel. Sie verwendet in der eigenen heimischen Küche Bio und kennt die Produkte nicht nur aus dem Prospekt und vom Etikett. „Man muss die Ware kennen, selbst damit arbeiten“, ergänzt Anne Knichel.
Profilierung mit Bio
Viele Kollegen haben sich in eine Richtung spezialisiert auf Wein oder Feinkost, hat Kaufman Knichel beobachtet. „Ich profiliere mich mit Bio. Als wir 2001 den Bio-Shop eröffnet haben, hatte ich Bedenken hier auf dem Dorf. Aber es war kein Fehler. Im Gegenteil, wir haben ins Schwarze getroffen und verkaufen immer mehr. Bio boomt nicht umsonst. Die Menschen legen verstärkt Wert auf gute Lebensmittel“, führt Knichel aus.
Der Naturkostfachhandel ist in Gemeinden unter 10.000 Einwohnern nicht oft vertreten. Manchmal ist der Discounter die einzige Einkaufsmöglichkeit für einige Bio-Grundnahrungsmittel. Das ist der Grund für das Stadt-Land-Gefälle. Engagiert sich der SEH, setzt sich Bio durch, wie Rewe-Händler Knichel zeigt. „Bei Bio macht uns hier kaum einer Konkurrenz“, sagt der Kaufmann. In der Nachbarschaft wird ein Rossmann Drogeriemarkt eröffnen. Mit der Eigenmarke EnerBio wird der Filialist nicht gegen den Selbstständigen ankommen.
Eine weitere Voraussetzung für eine erfolgreiche Bio-Vermarktung ist eine entsprechende Kaufkraft. Morbach selbst zählt 3.000 Einwohnern. Mit den 18 zugehörigen Ortsteilen sind es 10.000 Einwohner. Die Gemeinde ist industriell geprägt. Ein Verpackungshersteller mit 1.700 Mitarbeitern, Holzindustrie und ein Autozulieferer sorgen für Beschäftigung. „Morbach hat eine gesunde Struktur mit wenig Arbeitslosigkeit. Ich profitiere davon wie alle. Leute, die etwas Geld haben, geben mehr für gute Lebensmittel aus“, sagt Knichel.
1996 kam Knichel als 23jähriger Kaufmann nach Morbach und machte sich auf einer 500 Quadratmeter Kleinfläche selbstständig. 1999 eröffnete er einen neuen Markt am Ortsrand mit 1.000 Quadratmeter, nahm 2005 einen Getränkemarkt mit 500 Quadratmeter dazu und erweiterte den Supermarkt 2011 um 300 Quadratmeter auf 1.300. „Wir arbeiten hier erfolgreich“, so Kaufmann Knichel.
Der Einzelhändler kann Menschen mit Ernährungsproblemen helfen, da er sich zum Ernährungsberater fortgebildet hat. „Bei Produkten für Allergiker sind wir stark. Wir haben ein großes glutenfreies Sortiment“, berichtet der selbstständige Kaufmann. Glutenfrei und biologisch sind oft miteinander verbunden. Das gleiche wiederholt sich beim lactosefreien Sortiment. Der Großteil der Produkte ist biologisch. „Viele Allergiker wollen Bio“, weiß Knichel. Wo Ernährungsbewusstsein vorhanden ist, ist die Bio-Nachfrage nicht fern.
Umfeld für Bio gegeben
Dazu gibt es in der Hunsrück Gemeinde Morbach ein Umfeld für Bio im Außer-Haus-Markt. Ein Bio Cafe bietet Kuchen und feine Backwaren. Ein veganes Restaurant ist in der Nähe. „Vegane Produkte verkaufen sich sehr stark im Moment. Veganer kaufen am liebsten Bio“, weiß der Kaufmann.
Ein veganes Sortiment hat der clevere Knichel bereits vor zwei Jahren aufgebaut. Er hat bei der Rewe West angefragt. Aber dort war die Veggie-Welle noch nicht angekommen. Dann hat es der Inhaber selbst in die Hand genommen. Er kann schneller reagieren als die Zentrale. AVE ist hier der kompetente Großhändler. Fleisch- und Milchersatz-Produkte gibt es von Wheaty, Cenovis, Alberts und anderen. Die Kunden kennen ihren Kaufmann Knichel. „Nach einer Fernsehsendung über Kokosöl gegen Demenz kamen die Leute am nächsten Tag und haben nach Kokosöl gefragt“, erzählt Knichel.
Hauptlieferant ist Naturkostgroßhändler Bio-West. 13 weitere Bio-Lieferanten kommen dazu. Einige davon stammen aus der Region im Umkreis von 40 Kilometer. Der beste Bio-Artikel sind die Hühnereier von einem Bio-Hof aus Morbach. Bei der Regionalinitiative Hunsrück-Saar Ebbes von Hei (Etwas von hier) ist der Rewe-Markt Morbach Mitglied. Da sind auch der Naturland-Betrieb Naturkräutergarten und der Demeter-Betrieb Bornhäuser-Hof mit einer Hofkäserei dabei.
Der Rewe-Kaufmann sorgt für Dynamik im Sortiment. Er besucht die Biofach und die BioWest und hält dort Ausschau nach neuen Produkten. So hat er Lupinen-Kaffee des Herstellers Kornkreis entdeckt und gleich bestellt. Zur Einführung wird der Cafe Pino verkostet. Der Verkauf lief vielversprechend an.
Bio-Sortiment ist in Bewegung
Das Bio-Sortiment wird permanent ausgebaut. Etwas mehr als 1.500 Artikel in Bio-Qualität gibt es bei dem Vollsortimenter aktuell. Der Bio-Umsatz-Anteil liegt bei etwa zehn Prozent. Bei 6,7 Millionen Euro auf den 1.300 Quadratmeter sind das rund 650.000 Euro und entspricht dem Umsatz eines Naturkostgeschäftes. Knichel bietet fast ein Bio-Vollsortiment. Fleisch und Wurst in Bedienung fehlen. Bei Obst und Gemüse sind nur rund 30 Artikel von Rewe Bio vorhanden. Da fehlt es ein wenig an Vielfalt.
Das Trockensortiment hat Niveau. Da ist der Selbstständige gut aufgestellt. Heißgetränke, Aufstriche, Müsli, Getränke und alles was der Kunde braucht, sind auf der Bio-Fläche vorhanden. In einem Kühlregal außerhalb steht das frische Veggie Sortiment. Selbst geschnittener Salat in der Plastikschale von Käpplein aus Baden-Württemberg wird in Morbach angeboten.
Im Kühlregal sind die gelbe und weiße Linie von Andechser und Söbbeke vorhanden. Alsan Bio-Margarine führt der Markt als Alternative zu Butter. Bio-SB-Wurst und -Fleisch steuert das Rewe Bio-Fleischprogramm bei. Hier liegt noch verborgenes Potenzial. In die Käsetheke sind einige Bio-Sorten vorgedrungen. Die Käserebellen und Söbbeke sind unter den sechs erhältlichen Sorten.
Eine kleine Tiefkühltruhe am Kopf der TK-Abteilung enthält Pizza, Eis, Fertiggerichte und Fisch in TK. In einem TK-Schrank sind Gemüse, Obst- und -Kräuter der Handelsmarke Rewe Bio platziert.
Kein Billig-Bio in Morbach
Bei den Preisen für Bio-Produkte ist der Rewe-Händler nicht zurückhaltend. Bio-Schnäppchen sind dort nicht zu machen. Die Preise entsprechen dem Niveau im Fachhandel. 2,69 Euro kosten die Bananen. „Da sind wir schon eine Apotheke“, räumt der Inhaber ein. Spontan senkt er den Preis auf 2,49 Euro. Mit den rheinischen Bio-Äpfeln für 1,69 Euro/Kilo macht er den Kunden ein günstiges Angebot.
Knichel hat mit Demeter einen Handelsvertrag abgeschlossen. Dementsprechend führt er biodynamische Produkte etwa von Naturell Cool, Racchelli und vom Bornwiesenhof aus der Region. Im Augenblick fehlt ihm frisches Bio-Brot. Im Vorkassenbereich hatte Lohner in der Vergangenheit ein größeres Bio-Sortiment geführt, aber jetzt eingestellt. „Wir wissen uns zu helfen und werden wieder Bio-Brot bekommen. Ohne geht es nicht“, hat Knichel festgestellt.
Neuer Lieferant ist die Bio-Bäckerei Schales aus Völklingen. Ökologisches NonFood wie WPR und Naturkosmetik gibt es ebenfalls bei Rewe. Auch dafür muss der Morbacher nicht weit fahren. Bio auf dem Land funktioniert, wie Knichel täglich beweist.
Anton Großkinsky