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Umfrage

Kaufleute auf dem Weg zu mehr Bio

Umfrage im selbstständigen Lebensmitteleinzelhandel

Kaufleute auf dem Weg zu mehr Bio © stock.adobe.com_Serhii

Kaufleute sind die natürlichen Verbündeten bei mehr Bio im Mainstream. Aber wie ist der Status Quo im selbstständigen Einzelhandel? Welche Bio-Sortimente entwickeln sich am stärksten? Worauf legen Kaufleute bei der Lieferantenauswahl und Beschaffung Wert? Und was tun sie, um den Bio-Absatz weiter voranzutreiben? Rund 20 BWL-Studierende der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Heilbronn aus dem Fachbereich Handel haben selbstständige Kaufleute nach ihrem Bio-Angebot befragt.

Die für die Studie ausgewählten Märkte verfügen mit zehn bis zu 40 Prozent bereits über einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Bio-Produkten. Mit Blick auf die verschiedenen Warengruppen entwickelten sich in den letzten Jahren vor allem die Milchprodukte positiv. Ein Händler führte dies auf den vergleichsweise geringen Preisunterschied zum konventionellen Angebot und die Existenz vieler Traditionsbetriebe in der Branche zurück. Nährmittel in Bio-Qualität sind ebenfalls gefragt und wurden von einem Kaufmann „fast schon als Standard“ betrachtet. Auch der Backwarenbereich scheint auf dem aufsteigenden Ast und entwickelt sich positiv.

Mopro floriert, Fisch und Fleisch schwächeln

Im Segment Obst & Gemüse variierte die Entwicklung bei den verschiedenen untersuchten Märkten. Erzielte der eine Händler seinen größten Umsatz damit und will das Angebot entsprechend weiter ausbauen, musste ein anderer einen Rückgang um sieben Prozent während Corona verzeichnen. Die Warengruppe Getränke wurde allgemein als positiv eingestuft. Dabei würden Bio-Mineralwasser nur wenig verkauft, im Gegensatz zu Bio-Limonaden. Ein Kaufmann berichtete zudem von einem Trend zu immer mehr Bio-Wein.

Von den meisten Händlern wurde der Absatz von Fleisch und Fisch im Bio-Bereich aufgrund des großen Preisunterschieds zu konventionellen Produkten als schwierig eingestuft. Gleichzeitig gehe der Fleischkonsum insgesamt zurück. Auch der Süßwaren-Bereich werde von konventionellen Marken beherrscht und entwickle sich in puncto Bio nur schwach.

Bio: angekommen im Mainstream, aber zu teuer

Bei allen befragten Kaufleuten wurde eine intrinsische Motivation dafür, Bio weiter nach vorne zu bringen, deutlich. „Mein Traum wäre, dass in einigen Jahren nicht mehr die Bio-Artikel mit einem besonderen Label gekennzeichnet sein werden, sondern dass Bio der neue Standard ist“, meinte gar ein Rewe-Kaufmann. Als fester Bestandteil und Selbstverständlichkeit bei der Anpassung an Kundenbedürfnisse sieht es eine Händlerin. Bio sei in der Gesellschaft angekommen und werde gerade von jungen Leuten als normal betrachtet. Ausschlaggebend für die gestiegene Nachfrage seien einmal gesundheitliche Gründe, einmal aber auch Umwelt- und Ressourcenschutz. Besonders das Thema artgerechte Tierhaltung liege vielen Kunden am Herzen.

Als größtes Hindernis am Ausbau von Bio wurden einheitlich die hohen Preise bewertet, die sich nicht alle leisten könnten bzw. wollten. Dazu kämen als aktuelle Herausforderung Lieferschwierigkeiten, Rohstoffmangel, steigende Energiekosten und die Inflation.

Als Antwort darauf, wie der Bio-Ausbau erfolgreicher sein kann, wurden politische Maßnahmen genannt. Aufklärung sei sowohl auf der Produktionsseite bei den Landwirten nötig als auch bei den Kunden, die schon als Kinder im Schulunterricht für die Thematik sensibilisiert werden könnten. Der Nutzen für Umwelt und Gesundheit werde immer noch nicht transparent genug kommuniziert.

Die Händler selbst versuchen den Verkauf durch Aufbauten, Doppelplatzierungen, Verkostungsaktionen und regelmäßige Werbemaßnahmen anzukurbeln. Kundennähe, Vertrauen und Kommunikation seien das A und O in der Verkaufsförderung, erklärte eine Rewe-Kauffrau, und empfahl zudem „Mut zum großflächigen Ausprobieren.“ Auch die gemeinsame Kommunikation mit lokalen Erzeugern wurde als Erfolgsrezept genannt. Und regelmäßige Bio-Neuheiten, auf die besonders aufmerksam gemacht wird, könnten die Neugierde erhalten.

Extra ausgebildete Biofachkräfte, die für das ganze Sortiment zuständig sind, werden bisher erst von wenigen der Befragten eingesetzt. Dafür gibt es in der Regel ein Angebot für regelmäßige Bio-Schulungen der Mitarbeiter.

Beschaffung und Platzierung

Für die Listung neuer Produkte informieren sich die befragten Kaufleute vorzugsweise auf Messen, über Besuche bei Herstellern und über persönliche Kontakte. Bei der Lieferantenauswahl stehen die Zuverlässigkeit und das Einhalten von Lieferterminen an oberster Stelle. Neben einem guten Preis werden auch langjährige Partnerschaften geschätzt. Innovationen und Preisführerschaft wurden dagegen von verschiedenen Händlern als unwichtig eingestuft. Ein Händler bemängelte die Logistikleistung der Bio-Lieferanten als ausbaufähig. Bei der Beschaffung sind Siegel für die meisten Befragten ein wichtiges Entscheidungskriterium. Darüber hinaus wurden Verfügbarkeit, Preis und Geschmack sowie Herkunft und Regionalität als wichtige Produktattribute genannt.

Was die Platzierung angeht, so werden sowohl die Zuordnung zu den Warengruppen als auch Blockplatzierungen praktiziert.Eine Tendenz zur Bevorzugung einer der beiden Varianten konnte in der Befragung nicht erkannt werden, die meisten Kaufleute setzen auf eine Kombination beider Platzierungsarten. Obst und Gemüse sowie Fleisch wurden beispielsweise als Sortimente genannt, die im Block platziert werden. Eine Kauffrau verfolgt das Konzept, Markenartikel zuzuordnen und unbekannte oder spezielle Bio-Artikel im Block hervorzuheben.

Für die Zukunft wollen die meisten befragten Händler ihr Bio-Angebot weiter ausbauen und ihren Kunden möglichst in allen Bereichen eine ökologische Alternative bieten. Speziell suchen die Kaufleute nach weiteren regionalen Bio-Lieferanten, nach mehr Verbandsartikeln, mehr Fachhandelsmarken und mehr vegetarischen und veganen Bio-Produkten. Auch Downgrading, also das Angebot von mehr günstiger Bio-Ware, wurde für die nächsten zwei Jahre als Strategie genannt. Neben dem Lebensmittelbereich wird eine große Chance für den Bio-Ausbau im Bereich von Drogerie und Naturkosmetik gesehen.

Lena Renner

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