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Recht

EuGH-Urteil: Notfallzulassungen bienengefährlicher Pestizide sind rechtswidrig

Beschwerden gegen die Neonicotinoide Thiamethoxam und Clothianidin erfolgreich

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat gestern die EU-weit verbreitete Praxis der Notfallzulassungen von bienengefährlichen Pestiziden in der Landwirtschaft für unzulässig erklärt. Umweltorganisationen hatten diese Praxis in Belgien und Österreich beklagt. Durch das Urteil wird etwa die Hälfte der von EU-Mitgliedsstaaten zurzeit gewährten Notfallzulassungen hinfällig.

Die Aurelia Stiftung begrüßt das für den Bienenschutz und die Umwelt bedeutende heutige Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Die Umweltorganisation Global2000 und das Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN Europe) hatten in Österreich und Belgien Beschwerden gegen die Notfallzulassungen der Neonicotinoide Thiamethoxam und Clothianidin eingelegt.

„Das höchste europäische Gericht verpflichtet die Mitgliedsstaaten das Vorsorgeprinzip anzuwenden, um Bienen und Menschen zu schützen“, so Thomas Radetzki, Vorstand der Aurelia-Stiftung. „Leider betrifft das Urteil lediglich zwei verbotene Wirkstoffe. Seit Jahren findet das offizielle Deutsche Bienenmonitoring mehr als 60 verschiedene Ackergifte in dem Blütenpollen, von dem unsere Wild- und Honigbienen ihre Brut ernähren.“ Die ökologische Agrarproduktion sei die einzige wirksame Vorsorge für Biene, Mensch und Natur. „Wir fordern einen konsequenten Bienenschutz durch Verbote von Pestiziden wie Glyphosat und Neonicotinoiden. Wir können nicht immer warten, bis Gerichte unsere umweltpolitischen Probleme lösen.“

In seinem Urteil bezieht sich der EuGH unter anderem auf das europäische Vorsorgeprinzip und auf die EU-Verordnung Nr. 1107/2009. Das Gericht stellt klar, dass bei Erteilung einer Pestizid-Zulassung die Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Schutz der Umwelt Vorrang vor dem Ziel haben, die Pflanzenproduktion zu verbessern.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) habe ermittelt, dass für die meisten landwirtschaftlichen Kulturen ein hohes akutes beziehungsweise chronisches Risiko für Bienen aufgrund der Verwendung von Pestiziden mit dem Wirkstoff Clothianidin bestehe. Auch gehe von Saatgut, das mit Thiamethoxam behandelt wurde, eine Gefahr für Bienen aus.

Der EuGH betont weiterhin, dass die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet sind, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um eine Schädlingsbekämpfung mit geringem Pestizideinsatz zu fördern. Dabei müssten wo immer möglich nicht-chemische Methoden genutzt werden.

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