Agrarwende
„Worten müssen Taten folgen“
Bündnis richtet Forderungspapier an die Bundesregierung

Wenige Tage vor der ‚Wir haben es satt!‘-Demonstration am 21. Januar fordert ein breites Bündnis aus Landwirtschaft und Gesellschaft von der Bundesregierung, das Höfe- und Insektensterben zu stoppen, die Klimakrise ernsthaft zu bekämpfen und gutes Essen für alle sicherzustellen. Auf einer Pressekonferenz in Berlin haben Bündnis-Vertreter dazu heute ihren ‚6-Punkte-Plan für die sozial gerechte Agrarwende und gutes Essen für alle‘ vorgestellt.
In dem Forderungspapier appellieren über 100 Organisationen – von Landwirtschaft über Umwelt- und Sozialbereich, Gewerkschaften und Lebensmittelhandwerk bis hin zu Erwerbslosen-Initiativen – an die Bundesregierung, das Grundrecht auf umweltgerecht hergestelltes Essen umzusetzen, faire Erzeugerpreise zu ermöglichen und gute Löhne zu sichern. Unter den Unterzeichnern sind auch die vier größten deutschen Bio-Anbauverbände, Slow Food Deutschland, die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) oder das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft.
Die sechs Forderungen sind:
- Zugang zu gesunder und umweltgerechter Ernährung für alle Menschen
- Faire Erzeugerpreise dauerhaft sicherstellen
- Gute Löhne für gute Arbeit
- Gesellschaftlichen Reichtum fair verteilen
- Teller statt Trog, Tank oder Tonne
- Hungerkrise beenden
„Gutes Essen hat seinen Preis und alle Menschen müssen sich gutes Essen leisten können“, betonte Inka Lange, Sprecherin des ‚Wir haben es satt!‘-Bündnisses. Ein gutes Zusammenleben gehe nur sozial und ökologisch. „Viele sparen am Essen, weil sie es müssen“, fügte Helga Röller, die ehrenamtlich bei der Nationalen Armutskonferenz (nak) arbeitet, hinzu. Der Regelsatz der Grundsicherung liege weit unter dem Lebensnotwendigen und die Lücke von über 250 Euro müsse geschlossen werden.
Auf das weiterhin dramatische Höfesterben wies Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), hin. In den letzten zehn Jahren habe Deutschland 41 Prozent der Schweinehaltungs- und 40 Prozent der Milchvieh haltenden Betriebe verloren. Agrarminister Cem Özdemir müsse sich den Interessen der Agrarindustrie entgegenstellen und bäuerlichen Betrieben eine Zukunftsperspektive geben, mit fairen Erzeugerpreisen und klaren politischen Leitlinien.
„Wir müssen in Deutschland wegkommen von der starken Ausrichtung an Futtermittelproduktion“, sagte Jörg Andreas Krüger, Präsident des Naturschutzbundes (NABU). Es gebe hier genügend Landwirtschaftsfläche, um die Menschen gerecht mit gesunden Lebensmitteln zu versorgen, ohne dass dabei die Natur zerstört und das Klima weiter angeheizt wird.
„Die Klimaziele sind nur mit deutlich weniger Tieren in der Landwirtschaft zu erreichen“, stimmte Martin Kaiser, Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland, zu. Er zeigte sich enttäuscht vom bisherigen Engagement Özdemirs für die Agrarwende. Zu oft habe der Minister den Weg des geringsten Widerstands eingeschlagen. Dabei biete der Koalitionsvertrag eine große Chance für die Wende. „Worten müssen jetzt Taten folgen!“, so Kaiser. Dafür sollten etwa pflanzliche Lebensmittel wie Obst und Gemüse von der Mehrwertsteuer befreit werden.
‚Wir haben es satt‘ findet dieses Jahr zum 13. Mal als Auftakt der Grünen Woche statt. Die Demonstration am 21. Januar beginnt um 12 Uhr am Brandenburger Tor. Auf der Bühne sprechen Edward Mukiibi (Slow Food International, Uganda), Maria Loheide (Diakonie Deutschland), Sefu Sani (World March of Women, Kenia), Helga Röller (nak) sowie Traktor-Fahrer, Umweltschützer und viele mehr.