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Gesunder Boden – Gesunde Lebensmittel

Fundament der Ernährungssicherheit unter der Lupe

Gesunder Boden – Gesunde Lebensmittel © Brunhard Kehl, AöL

Viele der drängenden Umweltprobleme unserer Zeit lassen sich nur im Zusammenwirken mit einer guten, vollwertigen Ernährung lösen. Diese kann wiederum nur auf Grundlage gesunder Böden gewährleistet werden. Das Thema ‚gesunder Boden‘ ist daher in der AöL unter Berücksichtigung der Aspekte Ernährungssicherheit und Qualität der Lebensmittel ein ganz Entscheidendes: Der Boden ist das wortwörtliche ‚Fundament‘ der (Öko-)Lebensmittelherstellung.

Spannende Einblicke in die Welt unter unseren Füßen liefert Interessierten der Bodenentdeckungspfad der Interessengemeinschaft Gesunder Boden (IG Gesunder Boden). Diesen geologischen Lehrpfad unter dem Motto ‚Mensch trifft Boden‘ besuchte eine Gruppe der Öko-Lebensmittelhersteller, um sich mit der Entwicklung der Böden, dem menschlichen Einwirken und den Folgen des Klimawandels auf die Bodengesundheit auseinanderzusetzen.

Allein der optische Vergleich zweier Bodenproben, die mit einem Spaten zuvor von verschiedenen Böden ausgehoben wurden, zeigt Unterschiede in der Bodenstruktur. Die tiefergehende Betrachtung der Böden macht das eindrucksvolle Zusammenwirken zwischen Pflanzenwurzeln und dem Mikrobiom, das die Gesamtheit der Mikroorganismen, zum Beispiel Bodenpilze (Mykorrhiza-Pilze) und Bakterien, beschreibt, noch deutlicher. In diesem Zusammenspiel ge-hen viele Pflanzen über ihr Wurzelsystem eine Symbiose mit den Mykorrhiza-Pilzen und Bakterien ein.

Der oberirdische Teil der Pflanze bildet mittels Photosynthese aus Sonnenergie und CO2 energiereiche, kohlenstoffhaltige Assimilate. Sie dienen zum Aufbau der oberirdischen Pflanzenteile, der Fruchtbildung und zum Aufbau des Pflanzenwurzelsystems. Von den bis zu 40 Prozent der gebildeten Assimilate, die in den Boden aus- geschieden werden, ernähren sich die Mykorrhiza-Pilze und Bakterien. Diese wiederum transportieren im Gegenzug Mineralien und Nährstoffe, die sie aus dem Humus und Bodengestein lösen, zur Pflanze für deren weitere Entwicklung.

Bodenentdeckungspfad in Regensburg veranschaulicht wichtige
Funktionen

Über 19 verschiedene Stationen des Bodenentdeckungspfades zeigen diese und weitere Funktionen des Bodens und gehen auf den essentiellen Zusammenhang zwischen der Bodengesundheit und der Gesundheit von Pflanzen und Tieren als Grundlage für die Lebensmittelherstellung ein. Böden sind Lebensraum, ha-ben eine Filter-, Puffer-, Speicher und Transformationsfunktion für Wasser, organische und anorganische Stoffe und dienen zudem der Erzeugung von Lebens- und Futtermitteln sowie von nachwachsenden Rohstoffen. Nur wenn alle Funktionen erfüllt sind, sprechen wir von einem gesunden Boden.

Eines der Charakteristika eines solchen gesunden Bodens zeigt die Station Wurzelfenster im Bodenentdeckungspfad. Dort können die unterschiedlichen Wurzelbilder von verschiedenen Grünlandpflanzen betrachtet werden – ein unterirdisches Wunder. Ebenso beeindruckend ist der Blick auf die vier in Bayern vorherrschenden Gesteins- und Bodentypen, den eine der interaktiven Stationen ermöglicht.

In mehreren Stufen wird hier von oben nach unten die Bodenbildung, beginnend beim Ausgangsgestein, deutlich. Böden werden mithilfe von Pflanzengesellschaften wie Wald, Gehölzen und Grünlandpflanzen erst fruchtbar und zeigen in der letzten Entwicklungsstufe eine Degeneration, da die Humusgehalte sinken. Ausreichende Humusgehalte sind in Mineralböden ein weiteres, wichtiges Charakteristikum gesunder Böden, das Auswirkungen auf das Bodengefüge, die Wasseraufnahme, Wasserhaltefähigkeit und Wasserneubildung der Böden hat. In Böden mit niedrigen Humusgehalten ändert sich die Vielfalt des Mikrobioms und der Bodenlebewesen; das heißt, die Wahrscheinlichkeit schwindet, dass wir von diesen Böden gesunde Lebensmittel erwarten dürfen. Das ist ein eindrückliches Bild dafür, wie wichtig es ist, den Boden und die gesamte damit zusammenhängende Schöpfung wahrzunehmen und sich für eine bodenaufbauende Bewirtschaftung zu engagieren. Schon im Alten Testament der Bibel von vor über 2.500 Jahren gibt es Hinweise darauf, wie fruchtbare Böden entstehen können: „Ich will in der Wüste wachsen lassen Zedern, Akazien, Myrten und Ölbäume; ich will in der Steppe pflanzen miteinander Zypressen, Buchsbaum und Kiefern.“ (Jesaja, 41, 19)

Humuszertifikate als Anreiz für Landwirte?

Untersucht man den Humusgehalt, so werden die gravierenden Folgen der Landwirtschaft für den Boden deutlich. Eine Studie von Sanderman et. al aus dem Jahr 2017 wies insgesamt um 40 bis 60 Prozent verringerte Humusgehalte in den Böden im Vergleich zu vor 200 Jahren nach – ausgelöst durch Landnutzungsänderungen von Wald/Grünland zu Ackerfläche. Dies sollten wir aktiv ändern, so sind sich IG Gesunder Boden und AöL-Mitglieder einig.

In letzter Zeit haben sich bereits einige Institutionen und Verbände zur Festlegung von Kohlenstoffgehalten in Böden und einer Honorierung hoher Gehalte mittels CO2-Zertifikaten positioniert. Die Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller diskutiert diesen Handel mit ‚Humuszertifikaten‘ aktuell intensiv und entwickelt ihre Position dazu. Denn besonders die ökologische Landwirtschaft ist dafür geeignet, die Humusgehalte in den Böden zu erhöhen. Allerdings sind dazu Maßnahmen nötig, die bisher nur wenige landwirtschaftliche Betriebe mit gutem Erfolg praktizieren: Es braucht zusätzliche Anreize, um mehr Landwirte zu motivieren, sich mit der humusaufbauenden Landwirtschaft zu beschäftigen. Hierbei könnten auch Humuszertifikate unter bestimmten Bedingungen hilfreich sein, wenn auch der Nutzen des Humusaufbaus für die Böden weit über die reine Speicherung von Kohlenstoff hinausgeht.

Gesündere, humusreichere Bodenverhältnisse wirken positiv auf die Qualität der Lebensmittel, auf die natürliche Bodenfruchtbarkeit, auf eine ausgewogene Nährstoffversorgung der Pflanzen, auf die Bodenstruktur, den Wasserhaushalt und die Biodiversität. Nur durch einen sorgfältigen Umgang mit unseren Böden können wir sie bewahren und die Ernährung der Menschen mit hochwertigen Lebensmitteln langfristig sichern – ganz nach dem Grundsatz: Gesunder Boden, gesunde Pflanze, gesundes Tier, gesunder Mensch.

Brunhard Kehl

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