Lebensmittelampel
Nutri-Score nur der Anfang einer Ernährungswende
6. November 2020 | Nach jahrelangem Streit ist am heutigen Freitag der Nutri-Score, die Ampelkennzeichnung für Lebensmittel, in Deutschland rechtsgültig in Kraft getreten. Kritik gibt es an der Freiwilligkeit der Kennzeichnung und auch an einigen Punkten der Berechnungmethode. Bündnis 90 / Die Grünen verweisen darauf, dass die Einführung nur der Anfang einer ernährungspolitischen Wende sein dürfe.
Ernährungsministerin Klöckner sprach in Berlin von "einem der großen ernährungspolitischen Vorhaben für Deutschland", das leicht verständliche und vergleichbare Informationen bringe. Noch im letzten Jahr stand sie dem Nutri-Score kritisch gegenüber und verzögerte seine Einführung.
Verpflichtend ist die Lebensmittelampel auch jetzt nicht. Renate Künast, Sprecherin für Ernährungspolitik Bündnis 90 / Die Grünen, weist darauf hin, wie wichtig es nun sei, dass sich viele Unternehmen beteiligen und die Kennzeichnung später wirklich flächendeckend eingesetzt werde. Die Ernährungsministerin müsse jetzt endlich auf EU-Ebene vorantreiben, dass ein verpflichtender Nutri-Score im europäischen Binnenmarkt eingeführt würde.
Außerdem sei eine Begleitung durch einen wissenschaftlichen Beirat dringend notwendig. Der dahinterstehende Algorithmus müsse regelmäßig überprüft und angepasst werden, damit etwa der Einsatz von Süßstoffen oder Geschmacksverstärkern nicht belohnt werde. Diese Befürchtung wird auch von der Verbraucherorganisation Foodwatch geteilt. Ihre Vertreterin Luise Molling hatte schon im Juli dieses Jahres darauf hingewiesen, dass der Nutri-Score-Algorithmus allein auf Basis unabhängiger wissenschaftlicher Einschätzungen weiterentwickelt werden müsse „und nicht aufgrund eines Wunschkonzerts der Lebensmittelindustrie.“
Vor allem dringt Renate Künast aber darauf, dass der Nutri-Score nur ein Anfang sein könne: „Was wir wirklich brauchen, ist eine umfängliche Ernährungswende, damit das Lebensmittelangebot wieder stimmt. Es muss für alle Menschen im Alltag einfach sein, sich gesund zu ernähren. Verbindliche Reduktionsziele für Zucker, Salz und Fett für verarbeitete Lebensmittel gehören dazu, ebenso Werbeeinschränkungen für angebliche Kinderlebensmittel, eine Zuckersteuer auf Softdrinks und ein gesundes Angebot in öffentlichen Kantinen von Kita bis zum Krankenhaus.“